Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode
13. Sitzung vom 8. November 1979
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Frau Greift
A) oder Schleswig-Holstein? War es nicht die Regierung von Berlin,
die diesen Sender zerschlagen hat mit der Begründung: Wir
brauchen für unser Bundesland eine eigene Rundfunkanstalt? Und
diese eigene Rundfunkanstalt war dann von Anfang an finanziell
auf so schwachen Füßen, daß sie die Unterstützung anderer
Länder benötigte. Und wenn man sich heute das Fernsehpro
gramm anschaut, dann weiß man auch, wie der Sender Freies
Berlin prozentual nur in der Lage ist, sich an dem Programm zu
beteiligen, und wieviel ihm zusteht aufgrund der Hörerzahl.
Wenn nun also ein Bundesland wie Niedersachsen oder
Schleswig-Holstein zu dem Schluß kommt, nunmehr auch viel
leicht Vernunft walten zu lassen oder „ausschalten zu müssen",
dann hat es den politischen Hintergrund, den der Sender Freies
Berlin damals sozusagen für sich in Anspruch nahm. Wenn heute
der „Abend“ — und Herr Engert ist sicherlich nicht immer mit
allem, was wir tun, einverstanden — schreibt:
In den Hamburger Sender hatten nach der Studentenrebellion
Jungakademiker Einzug gehalten, die ihre journalistische
Aufgabe weniger durch die Information als vielmehr durch
das Vertreten einer Weltanschauung bestimmt sahen.
- dann muß man verstehen, daß es natürlich auch Bürger gibt, die
sagen: Dies kann nicht die Aufgabe einer öffentlich-rechtlichen
Rundfunkanstalt sein, Weltanschauung zu verkaufen. — Und ich
( glaube, diesen Weltanschauungsverkauf wollen Sie hier forf-
setzen.
Präsident Lorenz: Gestatten Sie eine Zwischentrage?
Frau Greift (CDU): Ja, bitte!
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Dr. Rass!
Dr. Rass (SPD): Frau Kollegin Greift, da Sie aus einer nach
meiner Meinung falschen Voraussetzung Schlußfolgerungen ab
leiten, frage ich Sie: Sind Sie wirklich der Meinung — und Sie sind
Fachkennerin —, daß das Argument, das Land Berlin brauche für
sich eine eigene Rundfunkanstalt, das zentrale politische Motiv
war bei der Schaffung des SFB? Sie brauchen mir das wahre
Motiv nicht zu nennen, ich frage nur, ob Sie es kennen.
Frau Greift (CDU): Ich kenne sehr wohl das Begehren und
die Diskussion und vor allen Dingen auch die Diskussion der Mit
arbeiter damals in dem Hause, die entgegen Ihrer sonstigen Ge
pflogenheit kein Mitspracherechf hatten. Ich gehörte damals mit
zu denen, die sehr „vor den Toren gestanden haben“, um ange
hört zu werden, denn wir haben gewußt, was danach kommen
wird. Und der Sender Freies Berlin hätte sehr wohl im Rahmen
des NWDR bleiben können. Das ist hier eine vorgeschobene Ge
schichte, bei der Sie meinen, hinter der Geheimhaltung bleiben
zu müssen.
< Dr. Rass (SPD): Denken Sie an das Umfeld! >
— Nein, nein, so ist es nicht! Deswegen hatten die Engländer das
auch sehr taktisch und klug getan. Aber das mögen Sie geschicht
lich anders sehen; ich weiß, daß wir damals auch als Mitarbeiter
einen ganz anderen Standpunkt vertreten haben. Nur war es zu
der Zeit noch nicht Ihr Sender, und unsere Mitsprache war damals
nicht gewünscht und nicht verlangt.
ich möchte auch noch ein Wort zum Sender Radio Luxemburg
sagen. Was hier gesagt wird, ist — entschuldigen Sie —, als ob
der Blinde von der Farbe redet. Ich habe mehrfach die Freude
und das Vergnügen gehabt, von der ARD bei Radio Luxemburg
als Gast tätig zu sein. Die Schilderungen, die hier über einen Rund
funksender abgegeben werden, der kommerziell arbeitet, stim
men nicht. Ebenso dürfte es Ihnen ja bekannt sein, daß der
„Montagsmaler“ gleichzeitig Programmdirektor von Radio Luxem
burg ist. Er kann also sowohl Programm im Rahmen der ARD
machen als auch Programm bei Radio Luxemburg. Es ist eine
falsche Vorstellung, die Sie hier haben, daß Programme dergestalt
laufen müssen, wie Sie sie vielleicht von einzelnen amerikanischen
Sendern kennen; es muß keineswegs so sein. Das vielleicht nur
zu dem.
Herr Papenfuß, ich bin Ihnen nach dem, was Sie gesagt haben,
außerordentlich dankbar, daß Sie es überhaupt noch zulassen,
daß wir Bayerisches Fernsehen sehen, und am dankbarsten bin
ich dem Britischen Parlament, daß wir nach wie vor BBC hören
können, denn das scheint mir derzeit der beste deutschsprachige
Dienst zu sein, den es im deutschsprachigen Raum gibt. - Danke
schön!
< Beifall bei der CDU >
Präsident Lorenz: Ich habe keine weiteren Wortmeldungen
mehr. Damit ist die Besprechung der Großen Anfrage abgeschlos
sen.
Ich rufe auf
Vorlagen - zur Kenntnisnahme - gemäß Artikel 47 Abs. 1
der Verfassung von Berlin
und zwar
lfd. Nr. 5, Drucksache 8/188:
Erste VO zur Änderung der VO über die Festsetzung von
Pauschalbeträgen als Auslagenersatz für die Angehörigen
der Freiwilligen Feuerwehren Berlins
lfd. Nr. 6, Drucksache 8/189:
Siebente VO zur Änderung der Gebührenordnung für die
Benutzung von Einrichtungen der Berliner Feuerwehr
lfd. Nr. 7, Drucksache 8/190:
Sechste VO zur Änderung der Gebührenordnung für die
Benutzung polizeilicher Einrichtungen
lfd. Nr. 8, Drucksache 8/191:
VO über die Kapazitätsermittlung, die Curricularnormwerte
und die Festsetzung von Zulassungszahlen (Kapazitätsver
ordnung
Zu lfd. Nr. 8 liegen Anträge auf Überweisung an den Ausschuß
für Wissenschaft vor. Wird der Überweisung widersprochen? —
Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich fest, daß die Verordnung
zu lfd. Nr. 8 an den Ausschuß für Wissenschaft überwiesen ist und
daß das Haus von den übrigen Verordnungen Kenntnis genommen
hat.
Gemäß einer interfraktionellen Vereinbarung sollen die lfd.
Nrn. 9, 12 und 13 verbunden werden. Erhebt sich dagegen Wider
spruch? — Das ist nicht der Fall, sie werden also miteinander ver
bunden.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 9, Drucksache 8/185:
Mitteilung - zur Kenntnisnahme - Nr. 48 über Ergebnisse
der Bemühungen um Energieeinsparungen, um rationelle
ren Energieverbrauch und um den Einsatz neuer Energie
erzeugungsformen (6. Berichtsteil der Energiebilanz)
lfd. Nr. 12, Drucksache 8/186:
Antrag der Fraktion der SPD über sparsame und umwelt
schonende Energiebereitstellung und -Verwendung
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