Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
13. Sitzung vom 8. November 1979
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Sen Ristock
(A) Parteitag am 30. November 1970. Ich bin dann nachgereist, und
es war also im Dezember
< Ulzen (CDU): In den Weihnachtsferien! >
— Also der 1. Dezember. Ich war geneigt anzunehmen, daß ein
Schulmensch weiß, daß die Weihnachtsferien nicht schon am
1. Dezember beginnen, sondern erst später — ich verweise auf
das bisher Gesagte.
Stellv. Präsident Sickert: Herr Ulzen, ich hoffe nicht, daß Sie
deshalb auf die Frage zu sprechen kommen, weil Sie meinen,
ein Lehrer hätte immer Ferien.
Herr Abgeordneter Wronski!
Wronski (CDU): Herr Senator, kann man Ihre sehr weiträumi
gen Ausführungen zu diesem Thema kurz und knapp vielleicht
so beantworten:
Erstens: Der Senat hat keine Vorkehrungen getroffen, weil er
zweitens keine Gefährdung der betroffenen Schüler sieht?
Stellv. Präsident Sickert: Herr Senator!
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Die Weit
räumigkeit von Antworten ergibt sich aus der Weiträumigkeit der
Fragen. Ich bemühe mich, das schon immer ein bißchen kürzer
zu machen.
Der Senat hat nach dem damaligen Erkenntnisstand deshalb
auch für den Bezirk Charlottenburg nach der Amerika-Reise mit
den Fachleuten — schul-, Ingenieur-, architekten- und politiker
seitig - gesagt: Wir haben dort Erfahrungen gesammelt, Material
mitgebracht, wonach diese Art des Schulbaues nicht schädlich
ist. Es ist nicht zu bestreiten, daß ein Teil der Betroffenen
— Schüler, Lehrer und Eltern — zu dem Problem des zeitweiligen
Unterrichts in künstlich belichteten und belüfteten Räumen in der
Zwischenzeit heftige Kritik geäußert hat, und wir werden im
Zuge der Generalreparatur der Mittelstufenzentren zu Ver
besserungen kommen.
Aber ich mußte Ihnen gleichzeitig, verehrter Herr Wronski,
hier insgesamt sagen, was die Wissenschaft dazu sagt. Und
zumindest im Bereich der Medizin — auch wenn es da manchmal
Kritik gibt — erkennen wir die Erkenntnisse der Wissenschaft an.
Stellv. Präsident Sickert: Zur nächsten Zusafzfrage hat Herr
Lehmann-Brauns das Wort.
Dr. Lehmann-Brauns (CDU); Herr Senator, ich brauche die
Frage nicht noch einmal so zu stellen, ob Ihnen bekannt ist, daß
ich zwischen Ihrer Führung in der Verwaltung und der Ihres
Vor-Vorgängers, des Bautechnokraten Schwedler, einen erheb
lichen Unterschied mache. Ich will Ihnen auch nicht anlasten,
was damals konzeptionell verbrochen worden ist. Aber erlauben
Sie mir folgende Frage: Haben Sie etwas dagegen, wenn ich den
Vorsitzenden des Schulausschusses von der SPD über die Zahlen
aufkläre, um die es hier bei diesen fensterlosen Klassen geht?
Stellv. Präsident Sickert: Herr Senator Ristock!
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Erstens muß
ich etwas zu meinem Vor-Vorgänger sagen, meine Damen und
Herren. Rolf Schwedler hat in einer Zeit, die anders plante und
anders baute, den Wiederaufbau dieser Stadt unter Zustimmung
aller, auch der CDU, mitbegründef. Vieles von dem, was wir
damals ganz geradeaus gemacht haben, würden wir heute nicht
mehr machen, einiges kritisieren wir zu Recht. Ich würde den
Begriff „technokratisch“ nicht als ein Schimpfwort der Studenten
zeit bezeichnen. Der Begriff, der hier geboren wurde, hat heute
eine gewissen verbesserte Aufhellung erfahren.
Natürlich bin ich, wenn es der Betroffene annimmt, überhaupt (C)
nicht dagegen, daß Sie irgendjemand eine Belehrung erteilen
wollen.
Stellv. Präsident Sickert: Herr Abgeordneter Führer!
Führer (CDU): Herr Senator, machdem Sie das Gutachten
zitiert haben, möchte ich Sie nunmehr fragen: Ist Ihnen bekannt,
daß die Arbeitsstättenverordnung für Arbeitsplätze vorschreibt,
daß nicht länger als vier Stunden täglich an einem fensterlosen
Arbeitsplatz gearbeitet werden darf? Und daran möchte ich an
schließen: Sind Schüler widerstandsfähiger als die normal arbei
tende Bevölkerung?
Stellv. Präsident Sickert: Herr Senator Ristock!
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen; Die Arbeits-
stättenverordnung ist das eine. Wenn man einen solchen Schultyp
baut, sind alle diesbezüglichen Verwaltungen mitbeteiligt und
haben mitgezeichnet. Ich kann mich auch nicht darüber äußern,
wie die Konstitution insbesondere amerikanischer Schüler in den
Südstaaten von Nordamerika andersgelagert ist — es ist nicht
mein Bier, dies hier zu erklären. Ich darf nur sagen; Wir haben
hier eine Vorschrifte erarbeitet, um Gefahren entgegenzuwirken
- und das ist diese Vorkehrung —, daß Schüler und Lehrer nicht
länger als zwei Stunden hintereinander in künstlich beleuchteten
Räumen Unterricht erhalten oder Unterricht geben.
Stellv. Präsident Sickert: Weitere Zusatzfrage? — Herr Ab
geordneter Hassemer!
Dr. Hassemer (CDU); Herr Senator, teilen sie meine Auf
fassung, daß es blanker Zynismus ist, wenn der Kollege Hauff
fragt, ob es zahllose Räume seien, und daß, wenn es auch
nur ein Raum wäre, dann die möglichen gesundheitlichen Schädi- / D j
gungen der Kinder schon skandalös genug seien, damit wir uns
hier im Abgeordnetenhaus damit beschäftigen?
< Beifall bei der CDU >
Stellv. Präsident Sickert: Herr Senator Ristock!
Ristock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr
Dr. Hassemer, es ist manchmal gut, wenn man, vom Beifall be
gleitet, eine Aussage macht, die ich aber trotzdem nicht qualifizie
ren kann. Ich kann hier nicht zustimmen. Es ist schwierig, jetzt .
im Positiven einen Abgeordneten zu werten, aber ich werte ja
nicht ihn, sondern seine Rede.
< Unruhe — Zurufe von der CDU >
Wir haben es uns abgewöhnt, miteinander so rüde umzugehen,
wie Sie das derzeitig in Berlin tun — aber das ist nicht mein Bier.
< Weitere Zurufe von der CDU >
Ich vermag hier keinen Zynismus zu erkennen. Der Abgeordnete
Hauff kennt sicher die Grundlagen, über die ich hier gesprochen
habe, die Gutachten, die amerikanische Praxis und war auch
gerade, wenn ich nicht irre, in den Vereinigten Staaten. Vielleicht
waren wir in dieser Frage, Herr Dr. Hassemer, auch etwas
beeinflußt durch eine gewisse Amerika-Gläubigkeit, die auch ihre
Vorteile hat, wie wir allgemein auch in vielen anderen Fragen
feststellen. Wir haben das, Herr Dr. Hassemer, damals über
nommen, weil es dort bereits acht Jahre funktionierte, wir haben
zusätzlich Gutachten unserer Wissenschaftler gehabt und haben
dann die Schulen so gebaut. In der Zwischenzeit wissen wir um
die Kritik und darüber habe ich micht hier schon viele Male
bitte?
< Zuruf des Abg. Adler >
- Verehrter Herr Adler, ich darf auf Ihren Zwischenruf sagen:
Ich werde mich davor hüten, jetzt von diesem Platz in eine
Qualifizierung der Äußerungen von Abgeordneten einzutreten.
Das kann ich unten - oder zwischendurch in der Pause - tun.