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Volume Nr. 12, 25. Oktober 1979

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1979, 8. Wahlperiode, Band I, 1.-18. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin — 8. Wahlperiode 
12. Sitzung vom 25. Oktober 1979 
425 
Swinne 
(A) gemacht —, daß dieser Zeitraum zu lang ist. Und in diesem Fall 
würde ich ihm recht geben, daß die Verwaltung, wenn sie diesen 
Konflikt sieht, ein wenig schneller handeln sollte, 
< Lummer (CDU): Genau das ist es! > 
Aber bei dieser Angelegenheit gibt es doch einen bitteren 
Beigeschmack, und zwar, wie die Angelegenheit in die Öffentlich 
keit kam. Ich muß Sie daran erinnern — das wissen Sie von der 
CDU ja auch —, daß am 12. Oktober dieses Jahres der berühmte 
Brief des Hauptpersonalrats kam, der aufgrund einer ganz 
anderen Angelegenheit dort war. Wie ich erfahren habe und wie 
Sie ja alle wissen, ist er dort gewesen, um eine Sozialfrage an 
dieser Arbeitsstelle zu klären, weil die dort Beschäftigten gefor 
dert haben, sie wollen einen festen Bau haben, befestigte und 
beheizte Räume, Sozialräume, wo sie im Winter und im Sommer 
Unterkommen können. Und das wurde zum Anlaß genommen, 
auch über die sonstige Situation zu sprechen. Dieses Schreiben, 
das vom Hauptpersonalrat an den Regierenden Bürgermeister 
gerichtet war — es ist ja an sich ein internes Schreiben —, war auf 
einmal in der Öffentlichkeit. In dem Schreiben wurde es so 
dargestellt, daß nun ein großer Skandal auf das Land Berlin 
zukommt. 
Dieses Schreiben sehe ich auch im Zusammenhang mit 
anderen Vorgängen in dieser Stadt, wie beispielsweise jüngst die 
Aussprache — wie man lesen konnte, ich glaube, am Dienstag 
oder Mittwoch — die auch Personalräte in dieser Stadt mit dem 
Regierenden Bürgermeister hatten. Dort haben die Personalräte 
wiederum geschimpft, daß bestimmte Journalisten in dieser Stadt 
Informationen aus den Eigenbetrieben geben. Das gefiele ihnen 
nicht. Man hat doch den Eindruck, daß auf der einen oder anderen 
Seite jeder auf seinen Lukas einhaut, mit der Vorstellung, daß 
doch mit diesen Indiskretionen aufgehörf werden solle. Und der 
Meinung bin ich auch, daß man nicht auf dem öffentlichen Markt 
die internen Probleme der Verwaltung auf diese Weise austrägf. 
Das finde ich bedauerlich. Dieser Beigeschmack ist bei dieser 
ganzen Sache doch vorhanden, daß man glaubt, daß hier die 
Personalräte und andere Leute ihre Süppchen mitkochen wollen. 
B) 
Stellv. Präsident Baetge: Gestatten Sie eine Zwischenfrage? 
Swinne (F.D.P.): Bitte schön, Herr Lummer! 
Stellv. Präsident Baetge; Herr Lummer, bitte schön. Sie haben 
das Wort. 
Lummer (CDU): Herr Kollege! Unbeschadet Ihres berechtigten 
Verständnisses für den Beigeschmack möchte ich Sie fragen: 
Glauben Sie, daß nach so vielen Monaten jetzt eine Lösung vom 
Senator vorgelegt worden wäre, wenn es nicht zu diesen Indiskre 
tionen gekommen wäre? 
Swinne (F.D.P.): Ich kann keinen Gegenbeweis antrefen. Von 
dem tatsächlichen Geschehensablauf muß ich Ihnen im großen 
und ganzen recht geben. Ich meine, die Opposition hat ja formal 
einen Erfolg gehabt. Sie kann ja sagen, sie hat das Problem an 
die Öffentlichkeit gebracht, es wurde hier im Abgeordnetenhaus 
erörtert, und der Senat hat erklärt, daß dieser Schaden, der 
besteht, abgeschafft wird. Aber ich muß auch dem Senat recht 
geben, daß der Senator für Inneres durchaus sehr ehrenwert 
gehandelt hat. Er hat sich nicht zurückgezogen, eingekastelt und 
gesagt, dieser Skandal muß irgendwie verdeckt werden, sondern 
er ist mit den Journalisten am gleichen Tag vor Ort gegangen und 
hat diese Frage der Öffentlichkeit vorgestern. Und hier muß ich 
dem Senator meinen Dank aussprechen, daß er eine Verfahrens 
weise gezeigt hat, wie man auch in der Öffentlichkeit scheinbar 
schwierige Fragen sachlich und ehrenwert lösen kann, so daß 
sich die Öffentlichkeit nicht verschaukelt fühlt. 
< Beifall bei der F.D.P. und der SPD > 
In dieser Frage ist in Berlin nicht der Eindruck entstanden, daß 
irgend jemand verschaukelt worden ist. Und dafür gilt diesem 
Innensenator Dank, daß er das geschafft hat. - Danke schön! 
< Beifall bei der F.D.P. und der SPD > 
Stellv. Präsident Baetge; Das Wort hat der Abgeordnete (C) 
Schmitz. — Bitte schön, Herr Schmitz! 
Schmitz (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Es ist manchmal erstaunlich, wie Debatten in diesem Hause ge 
führt werden, wenn es um Belange der Sicherheit geht. Ich kann 
eigentlich nur meiner Meinung Ausdruck geben, Herr Kollege 
Gollnick, daß Ihnen in der SPD-Fraktion nicht die Bericht 
erstattung zuteil wurde, die wir in der CDU-Fraktion in der 
Zwischenzeit uns verschafft haben, denn sonst sind Ihre Aus 
führungen schlichtweg unverständlich. Daß der Senator hier 
versucht hat, eine nicht zu bestreitende Gesamtsituation durch 
eine breit ausgefächerte Beantwortung zunächst abzuschwächen 
und dann eine Abwägung vorzunehmen, die schon vom Aus 
gangspunkt her schief sein muß, und dann noch zu dem Ergebnis 
kommt, es wäre alles so bestens gelaufen, ist zwar menschlich 
verständlich und vielleicht auch politisch noch akzeptierbar, bloß 
daß Sie, Herr Kollege Gollnick, der Sie ja lange genug im Sicher 
heitsausschuß sitzen und es besser wissen, das auch noch auf 
greifen, war für mich völlig unverständlich. 
Lassen Sie mich darauf hinweisen, daß in einem mir vor 
liegenden Vermerk der Direktion Polizeitechnische Unter 
suchungsanstalt vom 18. Juli 1979 darauf hingewiesen wird, daß 
auf diesem Sprengplatz häufig Diebstahlsdelikte Vorkommen, 
und nun heißt es wörtlich; 
Angesichts der völlig unzureichenden Sprengplafzsicherung 
sind auch gegenwärtig wieder aufgeschnittene Zäune fest 
gestellt worden, letztmalig am 9. Juli 1979. 
< Wronski (CDU); Noch mal für Herrn Gollnick! > 
Das war am 18. Juli 1979, also etwa acht oder neun Monate nach 
dem berühmten Diebstahl vom September 1978. Daß mit diesen 
Sachbeschädigungen Munitionsdiebstähle in Verbindung stehen, 
ist sehr wahrscheinlich, aber - wie bereits erklärt — nicht immer 
nachweisbar, weil es nämlich in praxi eine Totalkontrolle der dort 
lagernden Bestände überhaupt nicht gibt. Und wer genau zu- | 
gehört hat, meine Damen und Herren, wird auch gehört haben, * D ' 
daß zwar in einem besonders geschützten Bereich Sprengstoff 
und Sprengkapseln lagern, daß aber daneben in einem nicht 
besonders geschützten Bereich über dreißig Tonnen Granaten und 
Bomben gelagert sind, die einmal im Jahr zur Sprengung kommen, 
und daß es auch ungefähr 150 Gewehre und Pistolen dort gibt, 
die meist unbrauchbar sind, aber es sind nicht alle unbrauchbar. 
Wer die Praxis der Strafverfolgung von Bürgern dieser Stadt mit- 
erlebf, die sich eine teils brauchbare oder vielleicht sogar un 
brauchbare Waffe zugelegt haben, der wird wissen, daß das, was 
sich hier abgespielt hat, wirklich ein bodenloser Skandal ist. 
< Wronski (CDU): Sehr richtig! — Beifall bei der GDU > 
Hier geht es nun in diesem Bericht weiter: Da weisen die 
Beamten darauf hin - fachkundige Beamten -, daß trotz ständiger 
Berichtsarbeit über die unverantwortliche und unzureichende 
Sicherheitslage auf dem Gelände dieser Zustand seit Einrichtung 
dieses Platzes andauert und es bisher lediglich erreicht werden 
konnte, daß das Sprengstofflager, über das ich eben sprach, eine 
etwas bessere Sicherung erfuhr. Es müsse daher seitens dieser 
Fachbeamten angenommen werden, daß den politisch verant 
wortlichen Führungskräften die sehr bedenkliche Situation völlig 
unbekannt ist, die nicht nur die eingesetzten Beamten zu ständi 
gen Gesetzesverstößen zwingt — was ausgeführt wird: Lager 
verordnung zum Sprengstoffgesetz usw. —, sondern in vielen 
denkbaren Fällen den politischen Verantwortungsträger außer 
ordentlich belasten kann. 
Das sind Unterlagen aus dem Juli dieses Jahres. Was ist 
daraufhin geschehen? Nichts, meine Damen und Herren! Es ist 
eigentlich dann erst etwas passiert, nachdem die Sache in der 
Öffentlichkeit bekanntgeworden ist und man nun Stacheldraht 
angefahren hat. Die Antwort des Senats, Herr Innensenator, 
konnte nur deshalb so ausfallen, weil Sie — das können wir alle 
nur begrüßen — das Glück haben, daß nicht mehr passiert ist, 
als daß mit den gestohlenen Sprengmitteln lediglich einmal eine 
Mauer bei der französischen Besatzungsmacht hochgegangen 
ist und lediglich einmal ein Auto gebrannt hat. Ich stelle die 
Frage: Was wäre geschehen, wenn hinter dieser Mauer lebende
	        
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