Abgeordnetenhaus von Berlin - 8. Wahlperiode
S. Sitzung vom 14. Juni 1979
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(A) wir es mit dem Grundsatz der Wirtschaftspolitik?, da weicht eini
ges in der Erklärung des DGB jedenfalls von dem ab,
< Diepgen (CDU): Richtig! >
was ich mir als Grundlage der Wirtschaftspolitik vorstellen kann.
Ich bin bereit, darüber zu diskutieren, über jeden einzelnen Vor
schlag, aber ich mache keinen Hehl daraus, daß hier Grundsatz
dispositionen zur Diskussion stehen, bei denen ich nicht werde
folgen können. Das beginnt bei der Frage, von welchem Grundsatz
aus wir unsere Wirtschaftspolitik machen — und der Senat hat
nicht ohne Grund unterstrichen, daß wir unsere Wirtschaftspolitik
auf dem Boden der Marktwirtschaft durch weitere Förderung des
Wettbewerbs betreiben wollen. Wir haben uns eine aktive Struktur
politik vorgenommen, so wie sie in der letzten Legislaturperiode
dargelegt und aufgegriffen wurde. Aber ich halte es für notwendig,
deutlich zu sagen, daß allen denjenigen eine Absage erteilt wer
den sollte, die mit detaillierten branchenbezogenen Strukturent
wicklungsplänen die heutigen und zukünftigen Probleme glauben
lösen zu können.
Meine Damen und Herren, strukturelle Probleme werden wir
in der Berliner Wirtschaft noch eine ganze Menge bekommen —
nicht nur in Berlin, sondern in der ganzen westlichen Welt. Aber
man sollte nicht glauben, daß wir mit den Mitteln des Staates,
die uns zur Verfügung stehen, die Möglichkeit haben zu bestim
men, auf welchen Märkten von morgen welche Wettbewerbs
chancen vorhanden sind.
< Striek (SPD): Sehr richtig! >
Dies geht nur vom Unternehmen selbst. Wir werden in der ord
nungspolitischen Diskussion der nächsten Jahre sehr deutlich
darauf zu achten haben, daß wir auf dem Grundsatzweg bleiben
und die notwendigen Maßnahmen für die Berliner Wirtschaft
ergreifen, wie wir das mit dem 14-Punkte-Programm und dem
Programm zur Förderung der Leistungsfähigkeit der kleinen und
mittleren Unternehmen eingeleitet haben. Aber ich unterstreiche,
was in der Regierungserklärung steht und was in Übereinstim
mung damit auch die Industrie- und Handelskammer zu Berlin
erklärt:
Mit einem wesentlichen neuen Brocken an öffentlichen Hilten
ist für Berlin und seine Wirtschaft nicht zu rechnen. Nach
den jetzt eingeleiteten Maßnahmen ist die Wirtschaft am
Zuge, sie muß handeln.
Lassen Sie mich noch eines sagen zu dem, was Herr Lummer
zur Energiepolitik angesprochen hat. Herr Lummer hat ge
sagt, keiner wisse, was genau passieren soll. Zunächst macht er
wieder die Vereinfachung, daß er Energie und Strom gleichsetzt.
Ich halte dies gerade in einer Zeit, in der sich alle Welt mit der
Ölsituation auseinandersetzen muß, für falsch.
< Feilcke (CDU): Wer sagt denn das? >
— Er hat nur von Energie gesprochen und immer nur Strom ge
meint. — Wir müssen zur Energiepolitik deutlich machen — und
ich stelle dies bewußt an den Anfang -, daß wir bei der Primär
energie ansetzen, und daß wir uns auch in Berlin viel mehr mit
dem sparsamen Einsatz von Primärenergie, insbesondere im Heiz
bereich, beschäftigen müssen. Das ist nur mittelfristig zu lösen,
das weiß jeder; aber wir müssen kurzfristig anfangen, um es
mittelfristig in den Grift zu bekommen.
< Landowsky (CDU); Unbestritten! —
Wohlrabe (CDU): Aber wie? — Wie? >
— Dazu habe ich mir gestern erlaubt, privat einige Vorschläge
zu machen, oder aus persönlicher Verantwortung.
< Lummer (CDU): Aber das ist nicht Regierungserklärung!
Was soll das? Der Senat weiß nicht, was er tut! —
Feilcke (CDU); Was er nicht tut! >
Ich wiederhole sie auch hier. — Ich habe gesagt, ich habe dazu
eine persönliche Meinung.
< Lummer (CDU): Die interessiert nicht! Da kann ich
ja solange rausgehen! Wir wollen wissen, was
der Senat machen will! >
- Verehrter Herr Kollege Lummer, dann bedaure ich. den Fra- (C)
gen
< Lummer (CDU): Ich wiederhole, was ich gesagt habe:
Der Senat weiß es noch nicht! Genau das ist es! >
- Natürlich weiß der Senat, was er tut!
< Abg. Lummer (CDU): Dann brauchen Sie nicht Ihre
persönliche Meinung zu äußern! >
Natürlich weiß der Senat, was er tut; und er weiß auch, was er
auf den Weg schickt. Und natürlich weiß auch der Senat — viel
leicht im Gegensatz zu Ihnen —, was die Bundesregierung an
Energieeinsparmaßnahmen beschlossen hat und was wir auch in
Berlin übernehmen sollen und werden. Aber unabhängig davon
werden Sie einem Politiker, auch wenn er in Senatsverant
wortung steht, doch wohl das Recht geben, auch über weitere
Möglichkeiten und Vorschläge zu einem solch wichtigen Bereich
nachzudenken.
< Weiterer Zuruf des Abgeordneten Lummer (CDU) >
- Nein, wir sind nicht am Ende mit der Politik, sondern mit der
Regierungserklärung am Anfang dieser Legislaturperiode.
< Feilcke (CDU): Zweite Fassung der Regierungserklärung! >
Wir wollen für diese Legislaturperiode auch weiterhin Politik
machen.
< Lummer (CDU): Keine Kontinuität! >
- Herr Lummer, ich bedaure, Ihnen und den Abgeordneten
Diepgen und Wohlrabe keine Antwort auf Ihre Fragen geben und
Ihnen sagen zu können, was ich an Meinungen habe. Wenn Sie sie
als Fraktionsvorsitzender nicht wünschen, haben Sie bitte Ver
ständnis dafür, daß ich ihnen die Antwort dann auch nicht gebe.
< Lummer (CDU): Wir wollen die Senatsmeinung wissen! >
Aber lassen Sie mich noch
Stellv. Präsident Sickert: Herr Senator, gestatten Sie eine Zwi- (D)
schenfrage?
Lüder, Bürgermeister und Senator für Wirtschaft und Verkehr:
Ja!
< Lummer (CDU): Wird „Reuter“ ab 1. September gebaut? >
Stellv. Präsident Sickert: Bitte, Herr Abgeordneter Wronski!
Wronski (CDU): Herr Senator, unabhängig von der sicher be
rechtigten Differenzierung — Energie pauschal, Energie spezial —,
sehen Sie sich in der Lage, heute zu dem eben vom Fraktionsvor
sitzenden Lummer angesprochenen Komplex der Kraftwerkpla
nung in Berlin etwas Konkretes zu sagen?
< Lummer (CDU): Für den Senat? >
Lüder, Bürgermeister und Senator für Wirtschaft und Verkehr;
Herr Abgeordneter Wronski! Herr Abgeordneter Lummer! Bevor
ich Ihnen die Möglichkeit der Zwischentrage gab, hieß der erste
Teil des Satzes, den ich dann unterbrochen hatte: Aber lassen Sie
mich noch — ich fahre fort — zu dem angesprochenen Bereich der
elektrischen Energieversorgung einiges sagen.
Die Grundlage, die wir in den Beschlüssen der letzten Legisla
turperiode gelegt haben — und natürlich gelten die Beschlüsse, die
wir gefaßt haben, so, wie wir sie gefaßt haben, und jetzt sagen Sie
gleich wieder: Kein Bürger weiß, was ist —; nenne ich im Klartext,
damit wir hier nicht aneinander vorbeireden: Worauf es ankommt,
ist, die Grundlastkapazilät mit allem Nachdruck zu erweitern.
< Boroffka (CDU); Das wußte man schon 1972! >
Diese Grundlastkapazität zu erweitern, bleibt vorrangige Aufgabe
trotz der Schwierigkeiten, die sich im Bereich der Bewag ergeben
haben - wir wissen doch alle, welche Schwierigkeiten sich durch
ein Gutachten des TÜV ergeben haben. Durch ein Gutachten des
TÜV Niedersachsen hat es eine Verzögerung gegeben. Diese