Abgeordnetenhaus von Berlin — 7. Wahlperiode
69. Sitzung vom 27. Oktober 1977
ist ein Punkt unter einer ganzen Reihe anderer; und auch der
ist in Ordnung. —
(Beifall bei der SPD)
Und dann kommt noch
Gründung einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft.
Ich möchte Sie nun nicht ermüden, indem ich noch die weite
ren Thesen vorlese. Aber der Eindruck wäre wahrscheinlich
derselbe wie hier; von Ihrer großen Szene ist eigentlich nichts
übriggeblieben, Herr Landowsky!
(Beifall bei der SPD —
Abg. Boehm meldet sich zu einer Zwischenfrage)
— Nein, ich möchte erst einmal meine Ausführungen fort
setzen, Herr Boehm. — Mehr zum Inhalt werde ich hier nicht
ausführen, weil meine Fraktion sich daran hält, daß die Wirt
schaft verunsichernde Debatten hier unterlassen werden.
(Abg. Landowsky: Unterlassen Sie das doch erst mal
in Ihrer eigenen Partei!)
— Sie haben es nicht unterlassen, Herr Landowsky, Sie zerren
das hier ins Parlament. Das finden wir falsch.
(Beifall bei der SPD)
Die SPD — hören Sie bitte zu — wird selbst entscheiden, wann
und ob sie auf die Thesen eingeht, und nicht, wenn die CDU es
will!
(Beifall bei der SPD)
Nach den demokratischen Spielregeln, die in unserer Partei
üblich sind, war Dr. Riebschläger in der Kommission nicht
Primus inter pares, sondern hatte eine Stimme wie jeder
andere. Sie kennen ja die weiteren Mitarbeiter in der Kommis
sion. Die Ausarbeitung der Thesen 16 bis 18 lag meines Wis
sens nicht in seiner Hand. Er ist nicht für alle Gedankengänge
in Anspruch zu nehmen, die von der Gruppe entwickelt wur
den, wie Sie das hier zu tun belieben, aber es ist selbstver
ständlich, daß er als Vorsitzender die Thesen veröffentlicht hat.
Genauso selbstverständlich ist, daß ein Senator in unserer
Partei politisch mitarbeilen darf und soll!
(Beifall bei der SPD)
Es darf im übrigen keiner Partei und auch anderen nicht
verwehrt werden — vielmehr ist es notwendig und wünschens
wert —, über die Effektivität der Berlin-Förderung nachzu
denken. Sie, Herr Landowsky, haben das heute nicht bestrit
ten. Aber ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten einen Arti
kel in der „Berliner Rundschau" von Herrn Boehm zitieren, in
dem steht, nichts sei schädlicher für die künftige Entwicklung
Berlins als die ständige Diskussion über eine eventuelle Ver
änderung der Fördersysteme.
(Abg. Boehm: Ja! — Abg. Hucklenbroich: Da hat
er auch recht!)
Und ich möchte mit Erlaubnis des Präsidenten ein weiteres
Zitat anschließen:
Die Verfasser sind nach wie vor der Ansicht, daß es
statthaft und auch fruchtbar sein müsse, sich über die
Weiterentwicklung, Ergänzung oder Umgestaltung des
Berlinförderungsgesetzes Gedanken zu machen, um es
dem ständigen Wandel der Wirtschaft selbst und den
daraus erwachsenden Problemen anzupassen und die mit
dem Gesetz gesammelten Erfahrungen zur Verbesserung
des Förderungssystems zu nutzen.
Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, hat die CDU die
Landeszentralbankberichte immer sehr wichtig genommen.
Dies war ein Zitat aus dem 76er Bericht der Landeszentralbank,
Herr Boehm.
(Abg. Boehm: Unstrittig!)
— Ja, ich habe das soeben Ihrem Zitat aus der „Berliner
Rundschau" gegenübergestellt. Und icli glaubte, daß Sie nun
uns nicht mehr den Vorwurf machen würden, daß in unserer
Partei über das Berlinförderungsgesetz nachgedacht wird; das
haben Sie noch in diesem Artikel getan. Im übrigen möchte ich
darauf hinweisen, daß das Nachdenken und die Ergebnisse der
Kommission bei einigen durchaus positiv angekommen sind.
Ein paar Zitate aus dem „Tagesspiegel", Wirtschaftsseite, vom
1. Oktober, da steht: „Ansehnliches Diskussionsmaterial",
„Konsequenz nüchterner Arbeit“, „jenseits von Glanz und
Beifallssucht", „verdient Anerkennung". — Ich wollte dies nur
erwähnen, damit nicht Ihre einäugige Sicht vielleicht hier bei
den Zuhörern Eindruck machen könnte.
Zum Schluß möchte ich erklären, daß die SPD-Fraktion mit
Nachdruck darauf beharrt, daß sie von ihrer bisherigen Linie
nicht abgeht, die Wirtschaft nicht mit unnötigen Debatten um
das Berlinförderungsgesetz im Parlament zu verunsichern.
(Abg. Boehm: Bravo!)
Das heißt, die Auflassung zur großen Berlinförderungs-Debatte
ist für uns nicht gegeben, und die Wirtschaft kann auf die
Kontinuität staatlicher Förderungsmaßnahmen vertrauen. —
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Lorenz; Meine Damen und Herren! Ich darf noch
einmal darauf hinweisen, daß zur Sache gehörende Zitate nicht
der Genehmigung des Präsidenten bedürfen.
Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Dr. Kunze.
Dr. Kunze (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich gestehe, daß ich viel Anlaß zu scharfer Polemik in
beide Richtungen des Hauses aus dem Gegenstand unserer
Beratungen ziehen könnte. Nichtsdestoweniger meine ich, daß
die Berliner Wirtschaftspolitik kein Sandkasten für partei
egoistische und realitätsferne Spiele sein kann. Denn tatsäch
lich sind ja die Probleme, vor die die Wirtschaftspolitik gerade
hier in der Stadt gestellt ist, doch so ernst und schwierig, daß
es aus meiner Sicht nicht zulässig und angemessen ist, sich an
gegenseitigen verbalen Attacken zu ergötzen.
(Abg. Landowsky: Hat doch keiner gemacht!)
Insoweit begrüße ich den bisherigen sachlichen Ton der
Debatte, der auf bestehende inhaltliche Fragen und Sachkon-
flikte bezogen ist, Herr Kollege Landowsky. In der Tat haben
Sie sich wohltuend unterschieden von einem Debattenbeitrag
in der letzten Runde in diesem Hause über die Mittelstands
förderung.
(Abg. Landowsky: Mal so, mal so!)
Ich bin sehr wohl bereit und willens, das ausdrücklich zu
würdigen.
Ich möchte diese Debatte zum Anlaß nehmen, nicht in dem
Versuch bei Ihnen allen nachzulassen — vor allen Dingen auch
bei den beiden anderen Fraktionen —, für wirtschaftspolitische
Vernunft zu werben, die wir dringend nötig haben und ohne
die wir in dieser Stadt nicht weiterkommen werden. Ich
möchte davor warnen, daß wir uns leichtfertig auf Wege
begeben, die schon heute als Sackgasse erkennbar sind. Und
ich bin — wie meine ganze Fraktion — sehr zufrieden darüber,
daß der richtige Grundkurs der Wirtschaftspolitik in dieser
Stadt in der Antwort des Bürgermeisters noch einmal un
zweifelhaft verdeutlicht wurde. Es ist dringend nötig und
wünschenswert, daß wir bei der Verfolgung dieses Kurses so
weitgehend wie möglich alle an einem Strang ziehen. Das ist
zur Lösung der anstehenden Probleme jedenfalls außerordent
lich erleichternd.
Nun zum Gegenstand der Großen Anfrage der CDU; Da ist
sicherlich zunächst zu bemerken — und das ist ja auch von der
CDU eingeräumt worden —, daß die kontroverse Diskussion in
den Parteien über auch schwierige Themen selbstverständlich
legitim ist. Das ist ja ein Lebenselexier der Demokratie, daß wir
einen Diskussions- und Willensbildungsprozeß ohne Ein
schränkungen in den Parteien und an anderen Stätten uns
nicht nur erlauben, sondern daß wir auf solche Diskussions
prozesse unsere politischen Entscheidungen gründen. Des
wegen bin ich sehr zufrieden, daß von der Opposition jeden
falls die Legitimität dieser Diskussion, wie sie sich in einem
Zwischenergebnis einer Arbeitsgruppe der Sozialdemokra
tischen Partei niedergeschlagen hat, nicht in Zweifel gezogen
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