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Volume Nr. 64, 25. August 1977

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1977, 7. Wahlperiode, Band III, 46.-74. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin — 7. Wahlperiode 
64. Sitzung vom 25. August 1977 
neter Bock, insbesondere Sie haben gemerkt, daß man es 
sich nicht so leicht machen darf, 
(Beifall bei der SPD) 
denn wir sind wieder bei den Gemeinplätzen stehengeblieben. 
Ich hatte ja den Satz, daß einige das große Wort führen, uns 
aber die konkreten Vorschläge schuldig geblieben sind, nicht 
zuletzt auch auf die CDU-Fraktion gemünzt; und ich wäre 
herzlich dankbar, wenn nicht nur darauf verwiesen worden 
wäre, was man 1969 schon mal generell zu einem Problem 
gesagt hat, sondern wenn man zur jeweils konkreten Situation 
(Abg. Schmitz: Wenn dieser Senat verschwinden würde, 
das wäre die wirkungsvollste Methode!) 
auch konkrete Beiträge geliefert hätte. Und die alte Methode, 
daß, wenn man vom Rathaus kommt und die Entwicklung 
genau kennt, rückblickend betrachtet sehr viel klüger ist und 
alles besser weiß als die anderen, hat noch nie sehr verfangen. 
Ich wäre deshalb sehr dankbar, wir würden uns ein bißchen 
besser auf die konkreten Nöte einstellen und da etwas tun. 
Und lassen Sie mich eine kurze Bemerkung zum Thema 
Herwarthstraße machen. Jeder weiß doch, daß diese Szene in 
der Tat außerordentlich kompliziert ist. Aber was nun wirklich 
nicht geht, ist, daß ein Senator, der aus seinen Grundüberzeu 
gungen heraus die bezirkliche Selbstverwaltung sehr hochhält, 
der aus Prinzip nicht möchte, daß dann, wenn eine Aufgabe 
unbequem wird, sie etwa gleich in die Hauptverwaltung 
genommen wird, weil das auf Dauer die bezirkliche Selbst 
verwaltung aushöhlt, daß ein Senator, der so denkt und 
handelt und der mindestens den Bezirksbürgermeister in 
Schöneberg dafür gewinnen konnte, daß man sich nun endlich 
dieser leidigen Aufgabe Herwarthstraße unterzieht, erleben 
muß, daß ihm die ganze Zeit vorgeworfen wird, daß er nach 
zwei Jahren entschieden habe gegen den Willen derer, die in 
Schöneberg Verantwortung tragen — und dieser Bezirk ist ja 
nicht SPD-geführt —, sich dann aber auf der anderen Seite hier 
sagen lassen soll: Ja, was ist denn das, Sie haben da erst so spät 
die Entscheidung getroffen? — Ich mache das künftig noch 
früher in solchen Fällen, damit Sie sich ganz klar sein können. 
Aber dann bringen Sie bitte diese Art von Schizophrenie aus 
der Welt, daß man es dem einen wie dem anderen nicht recht 
macht, egal, wie man die Dinge entscheidet. 
Und — das möchte ich auch in diesem Zusammenhang 
sagen — schauen Sie sich doch bitte noch einmal an, wie das ist. 
In der Drogenszene ist in der Tat manches schwierig, und nicht 
jede Einrichtung, die angeboten wird im freien Raum oder auch 
im staatlichen Raum, wird von allen akzeptiert, die sie 
eigentlich in Anspruch nehmen sollten. Wir haben es hier 
erlebt, daß Einrichtungen, die vorgehalten werden, leider nicht 
akzeptiert und von einigen sogar auch geschnitten worden 
sind — wenn ich es knapp einmal so formulieren darf. Aber das 
werden Sie dann bitte nicht dem Senat zum Vorwurf machen 
können. 
Stellv. Präsident Baetge: Herr Senator, erlauben Sie noch 
eine Zwischenfrage? 
Pätzold, Senator für Gesundheit und Umweltschutz: Ich bin 
am Ende; Herr Bock kann sich ja noch einmal melden. 
(Beifall bei der SPD) 
Stellv. Präsident Baetge: Als nächster hat Herr Abgeordneter 
Momper das Wort. 
Momper (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Ich möchte ähnlich wie die Kollegen Lange, Schwarz, aber auch 
Hucklenbroich etwas mehr Bescheidenheit, aber auch etwas 
mehr Selbstkritik für uns alle in Anspruch nehmen. Man muß 
doch sagen — und dies ist heute schon vom Kollegen Roloff 
angesprochen worden —; Eins der Grundprobleme liegt doch 
wirklich darin, daß die Jugendlichen — entweder tatsächlich 
oder doch so von ihnen gesehen — eine Lebensperspektive 
haben, die sehr düster ist: Jugendarbeitslosigkeit und alles, 
was damit zusammenhängt. 
(Abg. Wronski; Ist doch Quatsch? — 
Abg. Führer: Damit haben Sie damals den Hasch begründet!) 
— Nein, das ist kein Quatsch, das ist ein Problem. Ich will das 
hier nur anreißen, Kollege Roloff hat das ähnlich angespro 
chen. Das muß man doch als einen Punkt sehen. Dann haben 
Herr Kollege Bock und Herr Kollege Wischner gesagt, 1969 
hätten sie alles vorausgesehen. Da hat es 1969 tatsächlich — ich 
habe das nachgelesen — im Parlament große Debatten gegeben, 
das Drogenproblem ist hier erkannt worden. Es hat 1971 den 
Drogenbericht des Senats gegeben, da war ein Stück Konzep 
tion drin, man kann sagen, Herr Kollege Wischner, da sei 
nichts gewesen. Nur in der Folgezeit — und das ist das, was ich 
an Selbstkritik hier in Anspruch nehme — ist es so gewesen, 
daß im politischen Bereich — nicht im fachlichen Bereich, die 
Fachleute haben immer gesagt, wie das läuft mit den Steige 
rungen und wie der Drogenkonsum ineinander übergeht — es 
fünf Jahre nicht erkannt wurde. Und da nehme ich keinen aus, 
keine Partei, auch den Senat nicht — ich mich persönlich auch 
nicht. Das war doch hier wohl der Punkt. Und ich erinnere 
mich noch sehr genau an die erste Sitzung, die ich als Mitglied 
dieses Hauses im Gesundheitsausschuß erlebt habe, da ging es 
um Narconon. Ich habe neulich nachgelesen, was ein Vertreter 
der Senatsverwaltung darüber erzählt hat. Da ist von den 
Gesundheitspolitikern, von denen einige hier heute gespro 
chen haben, das auch nicht als Problem so erkannt worden, wie 
wir es heute auf dem Tisch liegen haben. Ich glaube, daß es 
auch der CDU gut anstünde, dieses hier zu sagen. 
Und dann möchte ich auch für mich sagen — Kollege Lange 
hat das, glaube ich, hier auch schon so gesagt; Ich muß 
bekennen, ich kenne kein absolutes Rezept. Soweit ich weiß, 
gibt es auch kein absolutes Rezept. Man könnte darüber 
streiten. Es kann andererseits auch nicht so die absolute 
Ablehnung geben, wie sie hier gekommen ist, beispielsweise 
vom Kollegen Roloff. Ich meine — das kann natürlich nur der 
allerschlimmste und allerschlechteste Notanker sein —, daß die 
Frage der Ersatzdrogen wenigstens geprüft werden muß. 
Natürlich auch die Frage der Zwangsunterbringung. Das ist 
seinerzeit zwischen dem Kollegen Krüger und Herrn Senator 
Pätzold diskutiert worden. Wir haben das im Gesundheits 
ausschuß auch noch mal angesprochen, daß die Frage der 
Zwangsunterbringung nicht einfach völlig und total abzu 
lehnen ist. Das würde ich nicht sagen, das muß alles sehr 
genau geprüft werden. Es kann keine Eindimensionalität in der 
Rehabilitation geben. 
Zum Senatsprogramm möchte ich sagen, daß das als Sofort 
programm durchaus vernünftig ist. Ich möchte jedoch auch an 
den Senat appellieren, daß keine falschen Schritte in die 
falsche Richtung gegangen werden, daß es keinen warmen 
Regen mit der Gießkanne gibt, auch nicht über die breite 
Palette des therapeutischen Angebots, das wir haben. Wir 
werden ein größeres Stück Langzeitrehabilitation bekommen 
müssen, eine therapeutische Kette. Ich glaube auch, daß wir als 
Abgeordnete hier den Mut haben müssen, zu sagen: Schnelle 
Verbesserungen gibt es nicht. Wir werden wahrscheinlich den 
Bericht abwarten müssen, den der Gesundheitsausschuß über 
das Parlament beim Senat in Auftrag gegeben hat und dann auf 
dieser Grundlage ein sehr genaues Gesamtprogramm erarbei 
ten müssen, Dann müssen wir draußen auch sagen, daß wir 
noch warten müssen, daß es schnelle Besserungen leider nicht 
geben kann. — Danke schön! 
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.) 
Stellv. Präsident Baetge: Das Wort hat der Abgeordnete 
Dolata. 
Dolata (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 
Daß man von Polemik spricht, wenn man die Wahrheit sagt, ist 
zwar in diesem Haus nicht neu, 
(Abg. Rheinländer: Was ist Wahrheit!) 
aber wir werden auch nicht müde zu sagen, daß wir das, was 
wir als wahr ansehen ja bitte, das kann man dann im 
Einzelfall überprüfen, und wir sind in der Lage, das zu 
beweisen. Jedenfalls haben wir bisher nur gesagt, was wahr ist, 
und das ist keine Polemik. Wahr ist zum Beispiel auch, Herr 
Kollege Hucklenbroich, das haben Sie ja selber zugegeben, daß 
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