Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
54. Sitzung vom 28. April 1977
Plenarsaal zu entfernen, damit wir nach dieser Ältesten
ratssitzung sofort wieder in die Tagesordnung eintreten
können. Darf ich das Abgeordnetenhaus fragen, ob es da
mit einverstanden ist? — Schönen Dank! Die Sitzung ist
für eine halbe Stunde unterbrochen.
(Unterbrechung von 13.02 bis 13.59 Uhr)
Stellv. Präsident Sickert: Meine Damen und Herren,
darf ich bitten, wieder Platz zu nehmen.
Meine Damen und Herren, ich eröffne die Fortsetzung
der Sitzung des Abgeordnetenhauses und möchte vor Ein
tritt in die Tagesordnung bekanntgeben, daß wir uns im
Ältestenrat darüber geeinigt haben, morgen keine Aus
schutzsitzungen stattfinden zu lassen, das heißt, alle für
morgen einberufenen Ausschußsitzungen des Parlaments
finden nicht statt.
Ich darf dann ein Schreiben des Regierenden Bürger
meisters Klaus Schütz an den Präsidenten des Abgeord
netenhauses verlesen:
Sehr geehrter Herr Präsident!
Unter dem heutigen Datum habe ich das in Ablich
tung beigefügte Rücktrittsschreiben des Senators
für Inneres, Herrn Kurt Neubauer, erhalten.
Ich teile Ihnen mit, daß ich den Rücktritt angenom
men habe.
Entsprechend der Vertretungsregelung des Senats
habe ich Herrn Senator Dr. Klaus Riebschläger mit
der Wahrnehmung der Geschäfte des Senators für
Inneres beauftragt.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Schütz
Regierender Bürgermeister
Ich möchte weiter mitteilen, daß der Herr Regierende
Bürgermeister den Präsidenten gebeten hat,.nach der Frage
stunde eine Erklärung vor dem Berliner Abgeordneten
haus abgeben zu dürfen. Ich darf gleich dazu sagen, daß
die CDU-Fraktion eine anschließende Besprechung bean
tragt hat.
Für die heutige Sitzung sind fünf Abgeordnete entschul
digt; drei Abgeordnete sind beurlaubt, zwei Abgeordnete
sind krank.
Ich darf Sie weiter darauf hinweisen, daß heute in der
Brandenburghalle wieder eine Ausstellung der „Galerie im
Parlament“ stattfindet. Es werden Reliefs und Plastiken
von August Jäkel gezeigt.
Ich rufe nun auf
lfd. Nr. 1:
Fragestunde gemäß § 51 der Geschäftsordnung
und erteile das Wort der Abgeordneten Frau Dr. Besser
zu einer Mündlichen Anfrage über „Rechtfertigung der
Hinrichtung von Buback“.
Frau Dr. Besser (CDU): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich frage den Senat; Hält der Senat es mit
den beamtenrechtlichen Pflichten des Hochschullehrers
Prof. Dr. phll. Amhelm Neusüss für vereinbar, wenn die
ser in einem politik-wissenschaftlichen Seminar an der PH
die „Rechtfertigung der Hinrichtung von Buback“ disku
tieren läßt?
(Hört, hört! bei der CDU)
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung
hat Herr Senator Löffler.
Löffler, Senator für Wissenschaft und Kunst: Herr Prä
sident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Bes
ser! Ich beantworte Ihre Anfrage wie folgt:
Bevor Sie, Frau Kollegin Dr. Besser, die Mündliche
Anfrage einbrachten, war aus einer Stellungnahme des
genannten Hochschullehrers erkennbar, daß eine Journa
listin eines bestimmten Inlandsdienstes von dem falschen
Sachverhalt ausging, wonach in einer der Lehrveranstal
tungen des genannten Professors — ich zitiere — „in
nüchterner und kühler Weise über die Hinrichtung“ von
Generalbundesanwalt Buback diskutiert worden sei. Dies
trifft nach der völlig glaubwürdigen, dienstlichen Äuße
rung des Hochschullehrers und des Rektors in keiner Weise
zu.
Der genannte Hochschullehrer gehört zu denjenigen, die
es als ihre wichtigste pädagogische Aufgabe ansehen, durch
konsequente wissenschaftliche und politische Vertretung
der Verfassungsposition unseres Staatswesens Fehlorien
tierungen von Studenten zu korrigieren. Deswegen wurde
er im letzten und in diesem Semester von Vertretern der
K-Gruppen scharf angegriffen.
Ich muß davon ausgehen, daß die Fehlinformation von
dem betreffenden Inlandsdienst ausgeht, und möchte fest
stellen, daß, wenn dies so zutrifft, hier bei Vernachlässi
gung der journalistischen Sorgfaltspflicht, ohne überhaupt
den Versuch einer Klärung mit dem Hochschullehrer zu
unternehmen, Verdächtigungen ausgesprochen wurden.
Dies kann ich im Interesse des Genannten wie der Päd
agogischen Hochschule nur zutiefst bedauern.
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort zu einer Zusatz
frage hat Frau Dr. Besser.
Frau Dr. Besser (CDU): Herr Senator, wie glaubwürdig
sind die Auskünfte dieses Hochschullehrers, der am 3. Fe
bruar dieses Jahres in der „Wahrheit“ einen Aufruf unter
schrieben hat; „Verhindert das Berufsverbot für Günter
Herrmann durch das Bezirksamt Tempelhof“, und unter
Berücksichtigung der Tatsache, daß mir persönlich schrift
lich eine solche Mitteilung aus der Pädagogischen Hoch
schule von zuverlässigen Informanten zuging, die auch auf
mündliche Anfrage bestätigt wurde?
Stellv. Präsident Sickert: Bitte, Herr Senator Löffler!
Löffler, Senator für Wissenschaft und Kunst: Frau Kol
legin Dr. Besser! Das, was Sie in Ihrer zweiten Frage mir
als neue Information geben, werde ich selbstverständlich
überprüfen. Ich würde nicht Gedrucktes in diesem Presse
organ von vornherein als in jeder Weise richtig hinstellen
wollen, auch nicht dort, wo auf Unterschriften abgestellt
wird. Ich muß das überprüfen.
(Abg. Rösler; Das muß man aber früher überprüfen!)
Stellv. Präsident Sickert: Eine weitere Zusatzfrage —
Frau Dr. Besser!
Frau Dr. Besser (CDU): Herr Senator, ist es üblich,
daß Hochschullehrer einer Berliner Hochschule Aufrufe
unterzeichnen, die in der „Wahrheit“ stehen, und sich
dann darauf zurückziehen, die „Wahrheit" habe sich ge
irrt?
Stellv. Präsident Sickert: Herr Senator Löffler!
Löffler, Senator für Wissenschaft und Kunst: Sicherlich
ist das nicht üblich.
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