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Volume Nr. 53, 21. April 1977

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1977, 7. Wahlperiode, Band III, 46.-74. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
53. Sitzung vom 21. April 1977 
5. Welche überregionalen Entwicklungen sind bei einer 
Novellierung des Lehrerbildungsgesetzes in Berlin zu be 
rücksichtigen, damit auch weiterhin die Freizügigkeit für 
in Berlin ausgebildete Lehrer gewährleistet bleibt ? 
Ich danke Dinen. 
(Beifall bei der SPD und der P.D.P.) 
Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete 
Dr. Dittbemer. 
Dr. Dittbemer (F.D.P.); Herr Präsident! Meine Damen 
und Herren! Die Initiative der CDU-Fraktion, wie sie hier 
mit der Drucksache 7/709 vorgelegt worden ist, ist zu be 
grüßen, geht es doch hier um eines der wichtigsten bil 
dungspolitischen Vorhaben in dieser Stadt in den kommen 
den Jahrzehnten, wie man wohl sagen kann. Insofern ist es 
in der Tat richtig und wichtig, daß sich das Parlament mit 
der zentralen Phase für die räumliche und institutionelle 
Vorbereitung der Integration der Lehrerausbildung in die 
beiden Berliner Hochschulen und die Hochschule der Künste 
beschäftigt. 
In der bisherigen Debatte im Wissenschaftsausschuß, in 
den anderen Ausschüssen und auch hier im Plenum ist 
deutlich geworden, daß zu dieser anstehenden Frage unter 
schiedliche Positionen eingenommen werden. Auf der einen 
Seite — auch das müssen wir zur Kenntnis nehmen — 
werden aus den Hochschulen Bedenken zu vielen Einzel 
fragen klargemacht. Zum Beispiel hat der Präsident der 
Freien Universität darauf hingewiesen, daß in erster Linie 
große Schwierigkeiten bei der Unterbringung der Erzie 
hungswissenschaftlichen Bibliothek in Dahlem bestehen 
werden, daß große Schwierigkeiten bestehen werden wegen 
der räumlichen Zersplitterung der Lehrerausbildung zwi 
schen Dahlem und Lankwitz. Diese Bedenken müssen wir 
alle sehr ernst nehmen, und das wird auch getan, soweit 
ich das sehe; Nur muß man gleichzeitig dabei sehen, daß 
der Präsident der FU erklärt hat, alle diese Bedenken 
würde er jetzt Vorbringen, um die überragende Bedeutung 
der Reform der Lehrerausbildung nicht in Gefahr geraten 
zu lassen, also — wenn man so will — im Interesse der 
Sache. 
Die Koalitionsfraktionen haben natürlich auch einige 
Bedenken und sehen Schwierigkeiten bei dem Vorhaben, 
mit dem wir jetzt zu tun haben. Zum Beispiel ist auch von 
der F.D.P.-Fraktion aus auf die Gefahr der räumlichen Zer 
splitterung insbesondere in der Gesamthochschule I — also 
der jetzigen Freien Universität — verwiesen worden. Es ist 
auch darauf hingewiesen worden, daß in der Tat beim 
Bibliothekswesen für die Lehrerbildung, für die unterrichts 
wissenschaftlichen Fächer Schwierigkeiten auftauchen wer 
den, und wir müssen sehr darauf achten, daß die inhaltliche 
Integration nach der räumlichen und nach der institutio 
nellen Integration nicht zu kurz kommt. 
Die CDU hat in den bisherigen Diskussionen nun auch 
auf eine Reihe von Problemen und Schwierigkeiten hinge 
wiesen, und insofern ist das sicherlich eine sehr nützliche 
Diskussion, die wir geführt haben. Aber — auch das ist im 
Wissenschaftsausschuß gesagt und in den anderen Aus 
schüssen deutlich gemacht worden — wir von seiten der 
Koalitionsfraktionen haben den Eindruck, daß die CDU auf 
diese Planungsschwierigkeiten vor allen Dingen hinweist, 
weil sie das Gesamtprojekt in Frage stellen will, weil ihr 
die ganze Richtung nicht paßt. Dies aber güt nicht für uns, 
gilt jedenfalls nicht für die Fraktion der F.D.P. und — wie 
ich weiß — auch nicht für die Fraktion der SPD. Das 
schließliche Ziel, das wir auf diesem Gebiet verfolgen, die 
Büdung von integrierten Gesamthochschulen in Berlin, 
bleibt bestehen. 
Dazu hätten wir auch gern einmal eine ganz klare Aus 
sage von seiten der Sprecher der CDU; denn bisher haben 
wir noch nicht gehört, was sich denn hinter Stichworten 
wie „additive Gesamthochschule“ verbirgt. Bisher muß man 
doch wohl sagen, daß in einem Zeitalter und in einer Ent 
wicklung, in der wir Massenhochschulen haben, in der wir 
damit rechnen müssen, daß 20% eines Jahrgangs die Stu 
dienberechtigung erwerben und haben werden, wir bisher 
noch keine Argumente dagegen gehört haben, daß in einem 
solchen Zeitalter die integrierte Gesamthochschule, die 
offen ist für wissenschaftliche und berufliche Fortbildung, 
die unterschiedliche Abschlüsse und unterschiedliche Ein 
stiege ermöglicht, die angemessene Form der Organisation 
des Hochschulwesens oder — wie man so schön sagt — des 
tertiären Bereichs im BUdungswesen darstellt. 
Die CDU will offenbar — jedenfalls möchte ich das jetzt 
einmal hier als These in den Raum stellen, das könnte ja 
dann korrigiert werden — im hochschulpolitischen Bereich 
quantitativ, zahlenmäßig begrenzen. Sie will offenbar die 
Studienberechtigungen und die Studienmöglichkeiten ein- 
frieren, eingrenzen, sie will aber auch sozialstrukturell be 
grenzen, sie will offenbar die Offenheit des Hochschul 
wesens für alle Gruppen der Bevölkerung nicht verfolgen. 
(Abg. Padberg: Na, hör’n Sie mal — Phantasie! — 
Frau Abg. Dr. Besser: Phantasieübung!) 
— Wenn das alles Phantasie ist, dann können Sie das hier 
ja entkräften, und dann werden wir sicherlich auch durch 
diese Debatte ein ganzes Stückchen weitergekommen sein, 
Herr Padberg. 
Ich möchte etwas sagen zur PH-Integration selber; Ich 
glaube, daß es notwendig ist und daß wir alles daransetzen 
sollten — soweit es zu verantworten ist —, die räumliche, 
institutioneile und inhaltliche Integration bis zum Sommer 
semester 1978 soweit wie irgend möglich voranzutreiben. 
Ich sage das ganz offen, damit — wie es so schön in der 
Fachsprache heißt — „Integrationstatsachen“ geschaffen 
werden. Das scheint mir in der Tat sehr wichtig zu sein. 
Lassen Sie mich an dieser Stelle eines zu dem sagen, was 
Herr Dr. Heyden hier bemerkt hat: Ihr Hinweis darauf, 
daß eine Lehrerausbildung, die nach dem Integrations- 
grundsatz dann realisiert wird, die Chancen der Berliner 
Absolventen in anderen Bundesländern verschlechtern 
sollte, müßte noch begründet werden. Solange das nicht 
geschehen ist, solange Sie da nicht hieb- und stichfest 
sagen, worauf Sie rekurrieren und welche konkreten Tat 
sachen Ihnen vorliegen, muß das als Unterstellung zurück 
gewiesen werden. 
Bei diesem Vorhaben, die Integration bis zum kommen 
den Sommersemester 1978 so weit wie möglich voranzu 
treiben, sind zweifellos —das wissen wir, das habe ich in 
meiner Eingangsbemerkung deutlich gemacht — Über 
gangslösungen unvermeidlich und notwendig. Wir können 
hier natürlich in vielen Bereichen nicht mit der Brechstange 
Vorgehen. Wir haben — um noch einmal auf die drei Be 
reiche einzugehen — bei der Hochschule der Künste wohl 
mit der Notwendigkeit zu tun, vorübergehend Flächen an 
zumieten; das ist ja schon von einer anderen Warte, auch 
von Herrn Dr. Heyden angesprochen worden. Für den Be 
reich der Technischen Universität wird es wohl so sein, daß 
große Teile — etwa 80% der der Technischen Universität 
als Gesamthochschule H zugedachten Studiengänge — dort 
bis zum Sommersemester 1978 aufgenommen werden kön 
nen. Wir wissen aber auch, daß zum Beispiel im Bereich 
der Physik Schwierigkeiten bestehen werden, daß man dort 
bis zur Vollendung des Neubaues, bis zum Jahr 1981 wird 
warten müssen. Und wir wissen auch, daß es hier, wie im 
Bereich der Freien Universität, Schwierigkeiten im Biblio 
thekswesen geben wird; dort wird eine Aufstockung des 
Etats notwendig sein. Gesamthochschule I, Freie Universi 
tät also: Wir, und alle, die daran arbeiten — und das wird 
ja in den Kommissionen sehr intensiv getan —, sollten ver 
suchen zu unterstützen, die räumliche Konzentration der 
Lehrerausbildung fast aller und so viel wie möglicher Teile 
der Lehrerausbildung in Dahlem bis zum Sommersemester 
1978 realisierbar zu machen. 
Es wird sicherlich ein großes Problem sein, daß wir eine 
regionale Verzerrung der Ausbildung zwischen den beiden 
Hauptstandorten Dahlem und Lankwitz haben. Aber wir 
haben ja nun einmal riesige Investitionen dort in Lankwitz 
vorgenommen, und hier müssen Lösungen gefunden werden, 
z. B. Busverbindungen: Das wird ja diskutiert, und man muß 
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