Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
62. Sitzung vom 17. März 1977
Es liegt Ihnen als Dringlichkeitssache fotokopiert ein
Antrag der Fraktionen der SPD und der F.D.P. über Ver
fahren bei der Asylgewährung vor. Außerdem sind noch
Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Vermögens-
Verwaltung angekündigt, über die nachher zu entscheiden
sein wird.
Wird der Dringlichkeit des Antrages der Fraktionen
der SPD und der F.D.P. widersprochen? — Das ist nicht
der Fall. Dann ist die Dringlichkeit genehmigt. Ich schlage
vor — die Beschlußempfehlungen müssen wir abwarten —,
den Antrag am Schluß der Tagesordnung zu behandeln.
Erhebt sich dagegen Widerspruch? — Das ist nicht der
Pall. Dann werden wir so verfahren.
Ich rufe auf
lfd. Nr. 1:
Fragestunde gemäß § 51 der Geschäftsordnung
und erteile das Wort dem Abgeordneten Brinsa. Er hat
in Vertretung des Abgeordneten Mattig das Wort zu einer
Mündlichen Anfrage über Tätigkeitsberichte und Sta
tistiken der Funkwagen-Streifen.
Brinsa (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Trifft es zu, daß Beamte der Funkwagen-Streifen
ihre Meldungen über während der Dienstzeit verrichtete
Tätigkeiten über die tatsächlichen Vorfälle hinaus „ange
reichert“ haben?
2. Ist dies auf Veranlassung von Vorgesetzten oder mit
Billigung von Vorgesetzten geschehen?
3. Wo und von wem sind solche Empfehlungen für er
weiterte Tätigkeitsberichte oder Statistiken gegeben wor
den?
4. Von wem werden Überprüfungen solcher Berichte
vorgenommen, und wann ist mit endgültigen Feststellun
gen zu rechnen ?
5. Wird der Polizeipräsident in Berlin für die Zukunft
auf Berichte und Statistiken verzichten, die Anlaß sein
könnten, die tatsächlich anfallende Arbeit beschönigt dar
zustellen ?
Präsident Lorenz: Meine Damen und Herren! Darf ich
bei dieser Gelegenheit noch einmal darauf hinweisen, daß
ich dringend darum bitte, Mündliche Anfragen nur aus
einer, zumindest aber nicht aus fünf Fragen bestehen zu
lassen. Ich wäre sehr dankbar, wenn man darauf in Zu
kunft achtete. — Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Neubauer.
Neubauer, Senator für Inneres: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Nach den ersten Presseberichten über
— wie es heißt — „erfundene Funkwageneinsätze“ habe
ich den Polizeipräsidenten gebeten, diesen Behauptungen
sofort nachzugehen. Der Polizeipräsident hat mir inzwi
schen mitgeteilt, daß es nach den unverzüglich angefor
derten schriftlichen Berichten aller Abschnittsleiter und
Reviervorsteher sowie nach den Erklärungen der Wach
leiter bzw. Wachhabenden und deren Vertreter nicht zu
trifft, daß Beamte der Funkwagen-Streifen ihre Meldungen
über die tatsächlichen Vorfälle hinaus „angereichert“
haben. Demzufolge konnten fingierte Eintragungen in den
Einsatzübersichten weder geduldet noch angeordnet wer
den.
Zu 4: Wachleiter bzw. Wachhabende oder deren Vertre
ter prüfen die Einsatzübersichten nach Inhalt, Vollstän
digkeit und Form. Eine Auswertung erfolgt auf allen
Führungsebenen, vom Revier über den Abschnitt, die In
spektion, die Direktion und die poliaeigruppe bis hin aur
Landespolizeidirektion. Die Auswertung erfolgt permanent
mit dem Ziel, die polizeilichen Alltags- und Schwerpunkt
arbeit ständig der Lageentwicklung anzupassen. Außer
dem dienen die Einsatzübersichten als Planungsunterlagen
für neue Konzeptionen des polizeilichen Streifendienstes,
die derzeit bei der Landespolizeidirektion erarbeitet wer
den. Schließlich bieten die Einsatzübersichten die Möglich
keit zu einer partiellen Dienstaufsicht. Keinesfalls werden
sie als Unterlage für die Beurteilung von Polizeibeamten
herangezogen. Die Kriterien für dienstliche Beurteilungen
haben eine andere Qualität als nackte Statistiken.
Zu 5: Auch künftig wird auf Planungsunterlagen nicht
verzichtet werden können, wenn die polizeiliche Arbeit
effektiv bleiben bzw. noch effektiver gestaltet werden soll.
Eine Einsatzplanung kann aber nur dann richtig und er
folgreich sein, wenn sie auf objektiven Berichten und
einer tendenzfreien Statistik basiert und zu einer gerech
ten Verteilung der Lasten beiträgt mit dem Ziel, den
polizeilichen Auftrag zur Gefahrenabwehr und zur Ver
brechensbekämpfung optimal zu erfüllen. Ich habe keinen
Zweifel daran, daß die kritisierten Einsatzübersichten eine
geeignete Planungsunterlage hierzu sind.
Präsident Lorenz: Wird das Wort zu einer Zusatzfrage
gewünscht? — Herr Abgeordneter Schmitz!
Schmitz (CDU): Herr Senator! Beabsichtigen Sie, die
Datenerfassungsformulare hinsichtlich einer Vereinfachung
der gestellten Fragen zu ändern, damit Mißverständnisse
bei der Interpretation künftighin unterbleiben ?
Präsident Lorenz: Herr Senator Neubauer!
Neubauer, Senator für Inneres: Ich würde dieses jetzt
als Anregung aufnehmen, möchte es aber nicht „aus dem
hohlen Bauch“ beantworten. Das müssen wir uns ansehen.
(Abg. Dummer; Haben Sie noch nicht gegessen?)
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Brinsa!
Brinsa (CDU): Herr Senator! Wie wollen Sie Ihre Ant
wort mit den Äußerungen von Polizeibeamten, die an der
Basis tätig sind und behauptet haben, daß Berichte frisiert
worden sind, in Einklang bringen ?
Präsident Lorenz: Herr Senator Neubauer!
Neubauer, Senator für Inneres: Ja, das gibt’s manch
mal, Herr Abgeordneter, daß es schwierig ist, das eine und
das andere in Einklang zu bringen. Das, was mir zur Ver
fügung steht, nämlich dienstliche Aussagen der Betroffe
nen — ich habe sie im einzelnen aufgezählt —, ist das,
womit ich operieren kann. Falls Sie aber — wie Sie
sagen —- „von der Basis“ etwas haben, was handfest ist,
geben Sie’s mir. Die Reaktion von mir wird prompt sein.
Präsident Lorenz: Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
Ich erteile dem Abgeordneten Königstein das Wort zu
einer Mündlichen Anfrage über Ausleihstellen für Gesetzes
blätter.
Königstein (SPD): In Vertretung des Abgeordneten
Milschewsky frage ich den Senat:
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