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Volume Nr. 49, 10. Februar 1977

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1977, 7. Wahlperiode, Band III, 46.-74. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
49. Sitzung vom 10. Februar 1977 
Dazu hat der Regierende Bürgermeister am letzten 
Dienstag wiederum vor der SPD-Fraktion und vorhin in 
seiner Antwort auf die Mündliche Anfrage wörtlich gesagt: 
Der Senat hat zu keiner Zeit beabsichtigt, Herrn 
Schwäbl erneut als Senatsdirektor zu berufen oder 
oder sonst im öffentlichen Bereich einzusetzen. Und 
von seiten des Senats 
— so weiter wörtlich — 
ist zu keinem Zeitpunkt seit seiner Versetzung in den 
Ruhestand irgend ein Einfluß auf Entscheidungen oder 
Wünsche des Herrn Schwäbl in seinem persönlichen, 
beruflichen Bereich genommen worden. 
Daß nun inzwischen, fünf oder sechs Tage nach unserer 
Plenardebatte von der vergangenen Woche, zusätzlich ein 
Vorgang in bezug auf das Fehlen der ordnungsgemäßen 
Genehmigung für eine Ausübung des Aufsichtsratsmandats 
durch Herrn Schwäbl bekannt geworden ist 
(Abg. Oesterlein: Kleinigkeit!) 
— Nee, gar keine Kleinigkeit. Das ist eine schlimme Sache, 
ln der Tat! —, wird für die Beurteilung des Betroffenen, 
wenn die Dinge hier geklärt sind, sehr wohl zusätzlich 
— da stimme ich mit Herrn Lummer überein — von Belang 
sein. Aber für die Formulierung 
(Zurufe von der CDU) 
— Sie wollen nicht mal das hören, was mit dem ganz eng 
zusammenhängt, was Sie durch Ihren Herrn Vorsitzenden 
ausführen ließen. — Aber für diese Formulierung, wie Sie 
hier am vergangenen Donnerstag vom Regierenden Bürger 
meister gewählt worden ist, kann diese nachträgliche 
Information nicht als Korrektiv herangezogen werden, 
weder in dem einen noch anderen Sinne. Da stimme ich 
mit Ihnen überein. Weil Sie nun aber, meine Damen und 
Herren von der CDU, gleichwohl — wie auch die heutigen 
Zusatzfragen am Anfang der Fragestunde zeigten — nicht 
recht an die Worte von der niehtgeplanten Wiederverwen 
dung Schwäbls glauben wollen, weil Sie daran zweifeln, 
genau deshalb haben wir unseren Ersetzungsantrag, um 
den es nachher auch geht, in seinem ersten Teil so formu 
liert, wie auch Sie es angestrebt haben. Der Antrag ist 
also auch von Ihnen her gesehen durchaus nicht überflüssig. 
(Abg. Wronski: Das ist noch nicht einmal Dialektik; 
das ist primitive Rabulistik!) 
Viertens: Der heutige CDU-Antrag zielt, so sagte ich ein 
gangs — und nach den Erklärungen von Herrn Roloff in 
der letzten Parlamentssitzung ist da ja ein Aufhänger 
vorhanden —, auch auf die Spaltung der sozial-liberalen 
Koalition. Sie wollen durch ein unentwegtes, immer hefti 
geres und aggressiveres, auch mehr oder minder 
geschicktes Taktieren diese Koalition spalten oder zer 
stören — das ist Ihr gutes Recht. Sie wollen allerdings bei 
der Gelegenheit auch entgegen Ihrem Musterbeifall von 
eben, den Wählerauftrag, den Sie nicht erhalten haben, 
durch politischen Agitationsnahkampf ersetzen. 
(Beifall bei der SPD — Widerspruch von der CDU) 
Wir sagen Ihnen dazu heute von neuem: Diese Senats 
koalition hat sich im Interesse unserer Stadt, die ganz 
gewiß eine Menge Probleme hat, eine ansehnliche Reihe 
von Sachzielen gesetzt, die sie auch erreichen will und zum 
guten Teil auch erreichen wird. Die CDU kann mit ihrer 
Kritik, mit Alternativen, mit Vorschlägen unsere Arbeit 
mit Wirkung versehen, sie beeindrucken; Sie können Sach- 
probleme lösen helfen. Sie können uns auch einmal brem 
sen, Sie können uns auch Schwierigkeiten machen. Das ist 
in der parlamentarischen Demokratie genau so vorgesehen. 
Aber immer dann, wenn Sie auf überwiegende Polemik, 
auf Oppositionstaktik, ja, nun auch auf Kompromittierung 
oder auf persönliche Erniedrigung eines persönlichen Geg 
ners aus sind, werden Sie letztlich vergeblich auf Wirkung 
bei der Koalition hoffen. 
(Zuruf von der SPD; Sehr gut! 
und Beifall bei der SPD) 
Und so ist das, was ich hier ausgeführt habe, zugleich 
auch die Begründung für unseren Ersetzungsantrag. Ich 
bitte Sie, meine Damen und Herren, lassen Sie uns mit und 
nach der Annahme dieses Antrages nun zu einer ver 
nünftigen Arbeit dieses Parlaments einschließlich der 
Kontroll- und der Kritikaufgabe gegenüber dem Senat 
zurückkehren. Es hat heute bei Ihnen bei diesem kurzen 
Antrag auf Mißbilligung, den wir beraten, ja ohnehin nur 
zu einem Stück Mißtrauensantrag gereicht — so ein 
bißchen Schwangerschaft. Sie dürfen davon ausgehen, daß 
der Antrag, indem er durch den neuen ersetzt wird, ganz 
klar der Ablehnung verfällt. Ich möchte mal das Parlament 
sehen, das Mißbilligungsanträge dieser Art von der Mehr 
heitsfraktion oder den Koalitionen jeweils gegenüber der 
eigenen Regierung laufen ließe. 
Und ein letztes, meine Damen und Herren, wenn Sie ge 
statten, ausnahmsweise einmal so eine Art persönliche 
Bemerkung. Es gibt, vor allem in der kommunalpolitischen 
Geschichte mancher sehr großen Stadt, eine böse Tradition 
von Versuchen, politische Gegner, auch bekannte Einzel 
personen, systematisch im Ruf zu schädigen, sie gleicher- 
sam kaputtzumachen. Ich will hier wirklich keinerlei 
berechtigte Kritik abwenden, sei sie auch noch so hart, und 
es ist nicht wenig kritikwürdig, dies sei bestätigt. Wogegen 
ich mich aber wende, und das sollte auch für uns alle 
gemeinsam gelten, das ist der Versuch, auf jemand Jagd 
zu machen, einzelne Kritikpunkte und Schwächen zu 
großen Kampagnen zu nutzen, die ans persönliche grenzen. 
(Unruhe bei der CDU) 
Man sollte nicht hier in Berlin am Regierenden Bürger 
meister ein neues Kapitel solcher leidigen Geschichte von 
überzogenen Kampagne gegen Persönlichkeiten schreiben. 
Dafür plädiere ich! 
(Beifall bei der SPD) 
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Vetter. 
Vetter (P.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Die F.D.P.-Fraktion hat in der Sitzung vor einer 
Woche nach der Rede des Regierenden Bürgermeisters 
deutlich gemacht, daß sie die Meinung, was die persönliche 
und politische Integrität bzw. Ehre von Herrn Schwäbl 
angeht, des Regierenden Bürgermeisters nicht teilt. 
(Zuruf von der CDU; Gut!) 
Für uns gibt es keine Trennung zwischen politischer und 
persönlicher Integrität oder zwischen politischer und per 
sönlicher Ehre. Ich selbst habe das zwei Tage später auch 
öffentlich deutlich gemacht und habe dem in einer Erklä 
rung hinzugefügt, daß für uns eine Wiederverwendung 
von Herrn Schwäbl im öffentlichen Dienst nicht in Frage 
kommt — und das zu einem Zeitpunkt, wo neue Fakten 
noch nicht bekannt waren. Dem haben weder der Kollege 
Roloff, der hier die Erklärung für die Fraktion abgegeben 
hat, noch ich etwas hinzuzufügen, noch zurückzunehmen. 
Unser Antrag zielt deshalb genau auf diese konkreten 
Fakten und geht im Prinzip wesentlich weiter. Hier wer 
den die Dinge beim Namen genannt, hier wird nichts 
toleriert, aber hier wird auch nicht eine pauschale Formu 
lierung angenommen, die an der Sache vorbeigeht. Ich 
möchte nicht auf den ganzen Komplex, der hier bereits 
abgehandelt worden ist, nämlich den des Untersuchungs 
ausschusses, noch einmal zurückkommen. Hier geht es 
um diese eine Frage, die aufgeworfen worden ist, die Frage 
der Integrität von Herrn Schwäbl, und es geht um die 
Meinungsäußerung des Regierenden Bürgermeisters. Wir 
haben dazu unsere Meinung deutlich in der Öffentlichkeit 
gesagt. 
(Na? von der CDU) 
Lassen Sie mich eines sagen: Wir werden auch in 
Zukunft Regierungsmitglieder korrigeren, 
(Abg. Rösler; Ihr seid ja auch so stark!) 
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