Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
48. Sitzung vom 3. Februar 1977
eingeschoben wurde zu einem späten Zeitpunkt, weil es be
stimmte Gründe gab für die Sozialdemokraten, diesen
Herrn, der an anderer Stelle nicht mehr wohlgelitten war,
mit einer neuen Position zu befriedigen. Und wenn dann in
diesem Zusammenhang später der Versuch gemacht wird,
dem Herrn Sichter, dem man Zusagen gemacht hat, über
eine Mittelsperson noch unter Druck zu setzen, damit er
auf die Höhergruppierung verzichtet, dann ist das schlech
terdings ein Sachverhalt, der eindeutig festlegt, daß hier
mit Begünstigungen und Benachteiligungen gearbeitet
worden ist.
(Abg. Papenfuß: Finden Sie die Höhergruppierung
richtig oder falsch? —
Soll man also einwirken oder nicht ?)
— Aber ich bitte Sie, Herr Papenfuß, zunächst einmal
sind die Höhergruppierungen falsch, das ist gar keine
Frage. Und dann ist es eine Frage, in welcher Weise man
einwirkt, Herr Papenfuß.
(Abg. Papenfuß: Das ist eine Stilfrage!)
Hier hat Herr Dr. Haus vorhin gesagt, das habe auch et
was mit Stil zu tun — ja, allerdings, aber was ist das für
ein Stil, wenn hier der eine Genosse einem anderen sagt:
Nun üb’ mal Druck auf den aus, damit er von sich aus
seine Position wieder aufgibt. — Das ist eine Stilfrage,
aber was für eine, meine Damen und Herren! Herr Dr.
Haus hat davon gesprochen, daß die CDU-Fraktion davon
geleitet gewesen sei, bestimmte Vorurteile zu materialisie
ren. Herr Dr. Haus, ich darf Sie mit einer Äußerung in der
„Berliner Stimme“ konfrontieren, wo dafür geradezu ein
Paradebeispiel vorhanden ist, daß sich die Sozialdemokra
ten von einem Vorurteil haben leiten lassen. In der „Ber
liner Stimme“ ist zu lesen, und zwar vor der Einsetzung
des Untersuchungsausschusses: „Zuerst einmal ist Klaus
Schütz über jeden Vorwurf erhaben,
(Abg. Wronski: Na bitte!)
im Verfilzungsskandal jemals eine Rolle gespielt zu ha
ben.“ — Dies haben Sie gesagt, bevor die Untersuchungen
begonnen haben, und damit haben Sie Ihre eigene poli
tische Linie festgelegt, damit haben Sie festgelegt,
(Abg. Papenfuß; Nachdem Herr Franke
das Gegenteil behauptet hatte!)
daß Sie nur nach dem Grundsatz handelten: Schonen wir
Klaus Schütz und schonen wir die SPD! Und das war der
Maßstab für Ihr Verhalten im Ausschuß, und entsprechend
ist das Ergebnis.
(Beifall bei der CDU)
Aber damit sind wir nun genau beim Thema, nämlich der
Frage: Was wußte der Regierende Bürgermeister Schütz,
und was hat er mit seinem Wissen oder Unwissen ge
macht? — Der Regierende Bürgermeister hat am 18. Fe
bruar und am 21. Februar 1976 — einmal im SFB, einmal
in einem Interview gegenüber der Berliner Morgenpost —
folgendes gesagt — ich zitiere:
Die Entscheidung hat nichts mit den Vorgängen
— die Entscheidung; Herr Schwäbl zur BSR —
bei der KPM zu tun. Die Arbeitnehmer bei der Stadt
reinigung haben sich für Herrn Schwäbl entschieden.
Mir persönlich ging es darum, eine Senatsdirektoren
stelle einzusparen.
(Zurufe von der SPD: Sehr gut!)
Er hat weiterhin am 26. Februar vor dem Parlament ge
sagt;
Und ich erkläre eindeutig, daß es mir zu diesem Zeit
punkt nicht bekannt war, daß der Unterausschuß des
Ausschusses für Verkehr und Betriebe mehr und mehr
in Richtung eines möglichen Fehlverhaltens von Herrn
Schwäbl ermittelte.
— Mit „diesem Zeitpunkt“ ist der 18. Februar gemeint, das
heißt, jener Tag, an dem öffentlich bekannt wurde, daß
Schwäbl zur BSR gehen sollte.
(Abg. Papenfuß: Hat mit KPM nichts zu tun! —
Jetzt lenken Sie ab!)
Das sind die beiden Äußerungen des Regierenden Bürger
meisters. Er hat also zu diesen Sachverhalten gesagt, er
habe nichts damit zu tun, und er wisse nichts. Nun ist es
zwar nicht immer so, daß der Unwissende auch unschuldig
ist, sondern wenn es um diese Position des Regierenden
Bürgermeisters geht, dann kann auch Unwissenheit ein
Zeichen von Schuld und Unfähigkeit sein, wenn er näm
lich nicht weiß, was in seinem eigenen Haus, dem Senat
und der Verwaltung vor sich geht. Aber wenn er darüber
hinaus mehr gewußt hat, als er in diesen Äußerungen zu
gab, dann ist es erheblich schlimmer. Und es war auch
Sache des Ausschusses, zu prüfen, ob Klaus Schütz unwis
send war, weil er sich nicht um seine Aufgaben kümmerte,
(Abg. Papenfuß; Zu welchem Thema
sprechen Sie denn jetzt ?)
oder ob er wissend dem Parlament und der Öffentlichkeit
die Unwahrheit gesagt hat, weil er die Schuld von sich
abschütteln wollte.
(Abg. Papenfuß: Zum Thema!)
Wenn Herr Schütz in diesem Zusammenhang sagt, er habe
nichts gewußt, dann scheint mir, daß eine solche Äußerung
ebensowenig Glaubwürdigkeit beanspruchen kann wie das,
was der Bundeskanzler am Vorabend der Wahl zu den
Renten gesagt hat,
(Ach! — bei der SPD — Abg. Rheinländer;
Denken Sie mal an Adenauer und sein
Verhältnis zur Wahrheit!)
daß da alles in Ordnung sei und allenfalls ein Problemchen
existiere.
(Unruhe bei der SPD)
— Meine Damen und Herren, ich begreife Ihr Unbehagen,
aber ich bin sicher, der Präsident wird die Unterbrechung
bei der Berechnung der Redezeit berücksichtigen.
Es gab zunächst einmal ein Jahr lang ständig Informa
tionen in der Berliner Presse über den einen oder anderen
Vorgang. Und da das Presseamt einen ausreichenden Aus
schnittdienst formuliert und verfertigt, der gewiß auch für
den Regierenden Bürgermeister gedacht ist, hätte er eigent
lich einiges mehr wissen müssen als er bereit war, zuzu
geben. Es gibt wohl auch einen Chef der Senatskanzlei, der
doch wohl eigens deshalb in den Verwaltungsrat der KPM
geschickt worden ist, damit er den Regierenden Bürger
meister über die Vorgänge, die im Zusammenhang mit der
KPM stehen, informiert. Der Regierende Bürgermeister
aber sagt gleichwohl, er habe von diesen Dingen wenig
oder gar nichts gewußt. Und nun kommt das eine oder
andere auf die Tagesordnung, sei es des Fraktionsvorstands
der SPD, sei es des Parteitages der SPD. Auf dem Partei
tag ist es der Landesvorsitzende der SPD, der dafür sorgt,
daß ein Punkt von der Tagesordnung herunterkommt, wo
es um Kritik an der Einstellung Grimmings geht, offenbar
mit der Zielsetzung, daß der Regierende Bürgermeister
sagen kann, er habe mit diesen Vorgängen nichts zu tun
gehabt, und er habe nichts davon gewußt.
(Abg. Rheinländer; Wo sind die fünf Seiten
von Herrn Ketnath, Herr Lummer ?
Das wollen wir wissen!)
Schließlich wurde der Regierende Bürgermeister auch
im Ausschuß selbst von Herrn Grimming über bestehende
Schwierigkeiten informiert. Aber auch hier verläßt ihn
ganz offenbar das Gedächtnis, denn er hat sogar Schwie
rigkeiten — wenn man die Ausschußprotokolle liest —,
sich daran zu erinnern, daß bei diesem Gespräch Herr
Brinckmeier dabeigewesen ist. Man muß sich das vor
Augen führen, was da geschehen ist. Er hat im Ausschuß
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