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Volume Nr. 74, 9. Dezember 1977

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1977, 7. Wahlperiode, Band III, 46.-74. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin — 7. Wahlperiode 
74. Sitzung vom 9. Dezember 1977 
gestellten Bausenatoren und die von Ihrer Fraktion ge 
tragene Regierung gewesen ist, die versprochen hat, in 
10 bis 15 Jahren fertig zu werden, und daß die die Ver 
sprechungen nicht gehalten haben? Die sind nicht von uns 
gekommen! 
Wartenberg (SPD): Herr Franke, das ist, glaube ich, in 
dem Sinne kein Versprechen gewesen, 
(Zurufe von der CDU: Doch! — Abg. Diepgen: 
War wohl Propaganda!) 
sondern man hat versucht, eine Planung Nein, nein, 
es hat 1963 ein erstes Stadterneuerungsprogramm gegeben, 
da hat es Einschätzungen gegeben, wie lange das dauern 
könnte: und in der Tat hat es dann sehr viel größere 
Verzögerungen gegeben. 
(Abg. Diepgen: Aha!) 
Nur frage ich Sie: Woran liegen die Verzögerungen? — 
Das ist ja ein ganz wesentlicher Punkt, den man Ihnen 
immer wieder verhalten kann, der ja auch in Behinde 
rungen von Gesetzgebungswerken liegt, die Sie nicht be 
schlossen haben. Ich denke da beispielsweise an die 
ganzen Fragen des Bodenrechtes. Die Schwierigkeiten der 
Verzögerungen lagen zum Beispiel in der Neuordnung 
„Aufkauf, privates Bodenrecht“, und gerade da haben Sie 
im Bundestag bei diesen Fragen dagegengestimmt und da 
für gesorgt, daß die alten schwierigen Verhältnisse bleiben 
werden. Ich meine, insofern können Sie uns nicht den 
Vorwurf machen, 
(Abg. Franke; Doch! — Versprochen, aber nicht 
gehalten! Die Leute an der Nase rumgeführt!) 
wenn aufgrund eigentumsrechtlicher Verhältnisse sich 
diese Dinge länger hingezogen haben, als man es absehen 
konnte. Ich meine nur, Sie schaffen es nicht, diesen 
Bereich der Sanierung, in dem Berlin wirklich Vorreiter 
für das ganze Bundesgebiet geworden ist, hier dahin 
gehend zu reduzieren, daß Sie sagen: Da ist ja überhaupt 
nichts gemacht worden etwa für die schlechten Bezirke. — 
Im Gegenteil! Zehn Jahre, bevor andere Städte an ihre 
Innenstadt gedacht haben, hat Berlin das bereits getan. 
(Beifall bei der SPD) 
Ich meine also, wenn Sie hier zwar teilweise sachlich 
differenziert, aber teilweise auch mit einem unglaublichen 
Anspruch, wie Herr Landowsky, an die Probleme, vor 
denen wir stehen, herangehen, kommen wir meines Er 
achtens nicht weiter. 
(Abg. Franke: Sie mit Ihrer Überheblichkeit 
müssen das gerade sagen!) 
Dies geht nur, indem man sich ein Gesamtkonzept er 
arbeitet, in das man die Teilkonzepte, die hier vorge 
schlagen worden sind, einzuordnen versucht; und dann 
kommen wir vielleicht auf eine realistische Position. 
Anders läuft das nicht. 
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.) 
Präsident Lorenz: Weitere Wortmeldungen liegen nicht 
vor. 
Dann kommen wir zu den Abstimmungen; zunächst 
einmal über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU. 
Wer dem Änderungsantrag zustimmen will, den bitte ich 
um das Handzeichen. — Danke schön! Wer ist dagegen? — 
Danke, das letztere war die Mehrheit. Der Änderungs 
antrag ist abgelehnt. 
Wer den Einzelplänen 12 und 42 unter Berücksichtigung 
der Änderungen gemäß Drucksache 7/1065 und des Sach- 
beschlusses nach Drucksache 7/1064 Nr. 13 zuzustimmen 
wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Danke 
schön! Wer ist dagegen? — Danke, das erste war die 
Mehrheit. Damit sind die Einzelpläne angenommen. 
Ich rufe auf 
Einzelpläne 13 und 43 — Wirtschaft — 
Hierzu: 
1. Betragliche Änderungen des Hauptausschusses nach 
Drucksache 7/1065 
2. Änderungen des Hauptausschusses zum Stellenplan 
nach Drucksache 7/1065 
3. Sachbeschluß des Hauptausschusses nach Druck 
sache 7/1064, Nr. 14 
Das Wort hat Herr Abgeordneter Boehm. 
Boehm (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Nachdem wir gestern in diesem Hause schon sehr 
ausführlich wirtschaftspolitische Erörterungen angestellt 
haben und auch der Herr Wirtschaftssenator, Bürgermei 
ster Lüder, in die Debatte eingegriffen hat, 
(Abg. Schmitz: Eingebrochen ist er!) 
möchte ich in den Beratungen zum Einzelplan 13 mich auf 
zwei Punkte konzentrieren. Zunächst möchte ich auf die 
Folgen zu kleinlicher Planung aufmerksam machen, und 
später möchte ich mich mit der Rolle des Wirtschaftssena 
tors innerhalb der Koalition beschäftigen. 
Gestern sind Zahlen genannt worden, die die wirtschaft 
lich schwierige Situation der Stadt auf zeigen; sie geben 
Anlaß zu einer ernsten Warnung in anderer Hinsicht, als 
dies gestern dargestellt wurde. Wir haben also feststellen 
müssen, daß es einen Rückstand beim Wachstum des realen 
Brutto-Inlandsproduktes gibt; 1976 im Bund ein Plus von 
5,6%, in Berlin nur von 3,7 %; ferner daß die Werte für 
1977 im Frühjahr dieses Jahres auf 5,5 % für den Bund 
und für Berlin auf 4 % Wachstum geschätzt worden sind; 
inzwischen sind die Schätzungen sogar weiter zurückge 
nommen worden. 
(Abg. Blume; Woran liegt das denn, 
Herr Kollege ?) 
— Ich komme gleich darauf, lieber Herr Kollege! — Wir 
haben festzustellen einen erschreckenden Rückstand bei 
den Anlageinvestitionen; 1975 im Bund einen Rückgang um 
4.2 %, in Berlin um 8,8 %; 1976 im Bund plus 5 %, in Ber 
lin minus 3 %, übrigens Anlageinvestitionen, die die Bau- 
und Ausrüstungsinvestitionen beinhalten. Wenn wir nur die 
Ausrüstungsinvestitionen sehen, ist die Situation noch viel 
schlimmer: Bund; 7,2 % Wachstum, Berlin; Rückgang um 
6.2 % im Jahr 1976. 
(Abg. Blume: Und an wem liegt das ?) 
Von einem Umschlagen der Tendenz, wenn man die Ar 
beitslosenquoten im Bund und in Berlin vergleicht, ist 
gestern die Rede gewesen. 
Hier ist vor zehn Jahren — und darauf möchte ich Ihre 
Aufmerksamkeit lenken — die Parole ausgegeben worden, 
Berlin müsse in den Wachstumsraten mit dem Bund Schritt 
halten. Die CDU hat immer davor gewarnt, daß der Bun 
desdurchschnitt im statistischen Zahlenwerk, insbesondere 
in den Wachstumsraten, kein Maßstab für Berlin sein 
dürfe, weil wir erstens bekanntermaßen Ballungsraum sind, 
während der Eundesdurchschnitt ein Gemenge aus ver 
schiedenen Regionen darstellt, zweitens aber, weil der Aus 
gangspunkt im Bruttosozialprodukt, 1950, für Berlin gegen 
über dem übrigen Bundesgebiet bereits einen so gewaltigen 
Rückstand zeigte — nach meiner Erinnerung etwa 30 % —, 
daß allein schon ein Schritthalten in Prozentzahlen des 
Wachstums eine Schere in den absoluten Zahlen des Brutto 
sozialprodukts zur Folge haben mußte, das heißt eine stän 
dige Vergrößerung des Rückstandes Berlins gegenüber dem 
Bundesgebiet. Berlin hätte größerer Wachstumsraten be 
durft, um wenigstens den Abstand in absoluten Zahlen hal 
ten zu können. Man hat sich in Berlin bescheiden wollen 
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