Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
74. Sitzung vom 9. Dezember 1977
gebucht, denn die Leute buchen ja über Jahre im voraus
wegen der Vorbereitungen —, nehmen wir an, 4000 bis
5000 Juristen aus den Vereinigten Staaten von Amerika
als eine Gruppe.
(Abg. Rheinländer: Was, so viele Juristen
auf einen Haufen ?)
— Na ja, das ist eine andere Frage.
(Abg. Rheinländer: Es gibt andere Beispiele!)
—Ja, es gibt unzählige andere.
(Abg. Diepgen: Nehmen Sie Ihre Kollegen —
4000 Gartenzwerge!)
— Das können Gemüsezüchter, Tierzüchter und ähnliches
sein, alles werte Deute. —
(Abg. Rheinländer: Wie wär’s mit 4000 Bierbrauern?)
Wenn Sie in den Katalog hineinschauen — und es beginnt
ja bereits mit dem Ruhm und den Vätern —, werden Sie
sehen, daß sehr viele kommen. Aber ich will dazu eine
politische Bemerkung machen. Das Kongreßzentrum ist
für uns einerseits ein Wirtschaftsuntemehmen, es wird viel
Geld in die Stadt bringen. Aber viel wichtiger noch, meine
Damen und Herren, scheint mir, wenn wir es rechtzeitig
fertigstellen, daß wir dann zigtausend, höchstwahrschein
lich pro Jahr über 100 000 Multiplikatoren haben, die in
die Stadt kommen und wieder in die Welt gehen; das wird
für Berlin hervorragend sein.
(Beifall bei der SPD)
Lassen Sie mich zum letzten Punkt, der sich in drei Teile
gliedert und sehr kurz ist, etwas sagen. Zur Bundesgarten
schau brauche ich weiter nichts zu sagen, weil es ein ge
meinsames Anliegen dieses Parlaments ist. Wir sind an
der Arbeit, wir werden in einer internen Sitzung des Bau
ausschusses die Auswertung vornehmen, die Verwaltung
wird darstellen, in welche Richtung sie denkt. Aber die Ver
waltung ist nicht so vermessen zu glauben, daß sie schon
von vornherein Entscheidungen trifft; wir wollen hören,
was die Fraktionen dieses Hauses im Bauausschuß zu sagen
haben, um dann erst die Entscheidung zu treffen.
Wir werden im nächsten Jahr Bauwochen durchführen.
Sie sollen das Ziel haben — es ist ja eine alte Einrichtung,
bereits von Herrn Schwedler eingeführt —, die Menschen
dieser Stadt und ihre Besucher an das Baugeschehen heran
zuführen. Gleichzeitig wird es eine Beteiligung an der Inter
nationalen Industrieausstellung mit dem Schwerpunkt „Alt
baumodernisierung“ geben.
Nun lassen Sie mich abschließend ein bißchen mit einer
konkreten Utopie — nun, Vision ist zu viel gesagt; sagen
wir: „konkreten Utopie“ — reden. — Das ist von Kola-
kowski, bevor einige Angst bekommen; der hat in Polen
gelehrt und jetzt in Montreal oder Oxford und hat im
übrigen einen großen ehrenwerten Preis bekommen. —
Kolakowski sprach von einer konkreten Utopie, und ich
darf meine Ausführungen mit einer konkreten Utopie
schließen — das ist etwas, weis man am Horizont sieht,
was man beschreibt und was man erreichen will. Wir
wollen 1984 eine Internationale Bauausstellung erreichen.
Diese wird sich unterscheiden von bisherigen Bauaus
stellungen, sie wird nicht nur einzelne Häuser oder Häuser
zeilen zeigen, wobei nicht gesagt werden soll gegen das,
was wir Gott sei Dank 1957 geleistet haben.
(Abg. Diepgen: Wanderausstellung!)
— Nein, eben nicht, seien Sie doch nicht so voreilig, Herr
Diepgen. — Wir wollen hier ein Problem darstellen. 'Überall
in der Welt kippen die Zentren der Metropolen um, überall
gibt es das Problem der Verslumung, der Verödung, der
Verrottung der Innenstädte. Wir wollen mit dieser Inter
nationalen Bauausstellung exemplarisch klarmachen, daß
es möglich ist — wir sind nämlich mit diesen Gebieten am
Rande, gerade an der Grenze des Umkippens —, einen Bei
trag dazu zu leisten — auch für andere Städte in der
Welt —. Wir wollen darstellen, wie man Gebiete, die am
Umkippen sind, rettet, bewahrt, modernisiert, wie man
Grün hineinbringt, mehr Licht und mehr Lebensqualität
schaffen kann.
(Beifall bei der SPD)
Und wir werden das tun mit dem Schwerpunkt südliche
Friedrichstadt, höchstwahrscheinlich ein bißchen weiter
gehend. Wir werden überlegen — wir werden auch das
Mitte Februar besprechen —, ob man bei diesem ersten
Teilstück schon den Kemperplatz einbinden kann. Aber
darüber hinaus — das möchte ich dem Bauausschuß in den
nächsten Sitzungen sagen —, für den Politiker ist das
Parlament das höchste Gremium.
(Frau Abg. Saß; Ich dachte, das ist für Sie
das Fernsehen!)
Das Fernsehen ist nicht da. Das kommt immer nur, wenn
Lummer redet, sonst nicht. — Nein, das nehme ich zurück.
Ich bitte die Kollegen Journalisten: Das habe ich nicht
gesagt. Das bitte ich aus dem Protokoll zu streichen.
(Zurufe von der CDU: Geht nicht! —
Abg. Franke: Gesagt ist gesagt!)
Ich muß das sagen, weil ich da auch öfter drin bin. —
Wir haben in dieser Stadt fünf internationale Wettbewerbe
gehabt, und wir werden von der Fachwelt und sehr vielen
kritisiert, daß dies sehr wenig ist. Wir haben gehört, daß
die Franzosen in Paris einen großen offenen internationa
len Wettbewerb ausgeschrieben haben. Sie haben 620 Stel
lungnahmen bekommen. Ich möchte dieses große Gebiet,
das wir einmal für Gesamtdeutschland haben liegenlassen
— das Gebiet vom nördlichen Spreebogen, Kongreßhalle,
Reichstag, Zoo, Kemperplatz und Landwehrkanal —, zwar
nicht in der Internationalen Bauausstellung bewältigen —
das werden wir nicht schaffen —, aber dafür einen inter
nationalen Wettbewerb ausschreiben, der sozusagen dann
Bestandteil der Präsentation wird in der internationalen
Ausstellung.
Ich danke Ihnen für Ihre angespannte Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete
Simon.
(Abg. Simon gibt auf dem Rednerpult liegende
Notizen an Sen. Ristock — Heiterkeit —,
dieser an Abg. Franke — Heiterkeit)
Simon (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Eins steht fest, meine Unterlagen waren es nicht
— um das zu sagen.
Ich will hier zunächst auf das eingehen, was vom Herrn
Kollegen Blasek und auch von Herrn Senator Ristock über
den Stil gesagt worden ist. Herr Senator, ich freue mich
persönlich ganz besonders, wenn Sie sagen, das sei doch
diesmal ein guter Stil in dieser Debatte, denn — und dar
auf werde ich nachher an anderer Stelle noch kommen —
der Stilbruch kam ja wohl nicht von uns, sondern mehr
von Ihnen — aber das werde ich Ihnen noch aufzeigen.
Herr Senator Ristock hat hier in sehr markigen Worten
unter anderem auch vom Parlament als dem höchsten
Gremium gesprochen.
(Abg. Blume; Der ist ja auch markig!)
Ich will Ihnen eingangs hier einen Fall vortragen, der dem
nun diametral widerspricht und ein Beispiel dafür ist, wie
das Parlament hier mit einem ganz großen Projekt die
ser Stadt überfahren werden soll, ich meine das Projekt
der berufsfeldbezogenen Oberstufenzentren, ein Projekt
in einer Größenordnung von rund 755 Millionen DM.
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