Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
72. Sitzung vom 7. Dezember 1977
lassen bei diesen Betrachtungen einmal die Aufwendungen
heraus, die sich aus den Ausbildungsvergütungen ergeben.
Ich wollte das nur noch einmal klarstellen, damit wir wis
sen, über welche Größenordnungen wir reden und damit
die Vorstellung, daß hier etwa ln einen öffentlichen Bereich
etwas hineinsubventioniert wird, aus der Welt kommt. Hier
werden Kosten übernommen für Aufwendungen, die in die
sem Bereich zu diesem Zweck erbracht werden — sonst
gar nichts!
(Beifall der SPD und der F.D.P.)
Präsident Lorenz: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?
Sund, Senator für Arbeit und Soziales: Ich bitte, jetzt
meine Anmerkungen hier einmal durchzählen zu dürfen.
(Abg. Feilcke: Auch wenn sie falsch sind ?)
— Herr Abgeordneter Feilcke, ich komme auf Sie noch
zurück, weil ich aus einer ganzen Reihe von Diskussionen
weiß: Sie fragen immer dasselbe, Sie sagen immer das
selbe und Sie lernen dabei nichts dazu.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Dritte Anmerkung: Der Bundespostminister hat in Ge
sprächen mitgeteilt, daß die Post für 1977 — und das ist
hier zutreffend wiedergegeben worden — eine Steigerung
der Ausbildungsplätze um 12 % vorgenommen hat: von
1976 auf 1977 von 6 990 auf 7 860. Ich sage die Zahlen
noch einmal genau, weil Ich Wert darauf lege, daß sie ins
Protokoll kommen. Dabei bildet die Post über den eigenen
Bedarf hinaus aus, auch in Berlin. Ich möchte ausdrück
lich auf die Darlegungen verweisen, die der Präsident der
Landespostdirektion Berlin auf Befragen vor dem Aus
schuß dazu gegeben hat.
Vierte Anmerkung: Sollte der Senat in dieser Lage diese
Ausbildungsplätze nun etwa nicht nutzen? Das kann doch
wohl kein besonnener und vernünftiger Mensch fordern!
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Fünfte Anmerkung: Der Senat betreibt im gesamten
Feld der beruflichen Bildung insgesamt eine offene und
eine undogmatische Politik, und dies in Abstimmung mit
allen Verbänden und allen Organisationen in dieser Stadt,
die dabei in diesem Feld Verantwortung tragen. Das heißt;
Es gibt Im Gegensatz zu den wiederholten Behauptungen
keine Politik des Entweder-Oder. Das heißt: Es gibt keine
bornierten Vorab-Besserwisserelen. Das heißt; Es gibt kein
Ausspielen der Möglichkeiten der öffentlichen Hand gegen
über den Möglichkeiten der Wirtschaft, die ihre Verant
wortung genau kennt. Das heißt auch, daß im Grunde der
CDU diese Überlegungen und diese Schlußfolgerungen auch
bekannt sind, und das muß auch heißen, daß Herr Feilcke
die laufenden Verhandlungen über Förderungsgrundsätze
für zusätzliche überbetriebliche Ausblldungseinrichtungen
kennt, daß Herr Feilcke weiß, daß noch für dieses Jahr
eine Kemeinlgung praktisch schon terminiert ist. Ich muß
hier sagen, daß Herr Feilcke mit seinen obstinaten Dar
legungen einen Einigungsprozeß in dieser Frage stören
würde, wenn er sich nicht selbst durch seine Interventio
nen inzwischen ins Abseits gestellt hätte.
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Die CDU hat doch nicht den Ansatz einer Alternative zu
einer solchen undogmatischen und erfolgreichen Politik,
die die Zustimmung aller Beteiligten findet. Sie wirkt hilf
los, well sie feststellen muß, daß diese nicht zu dem Bild
paßt, das sie hier unentwegt meint, von unserer Politik
malen zu müssen.
(Zuruf von der SPD: Sehr gut!
und Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Schließlich die sechste Anmerkung: Ich habe mehrfach
auf die Verpflichtung aller Bundesbehörden in Berlin zur
Ausbildung hingewiesen. Durch die Politik des Senats, alle
Anstrengungen zur Mobilisierung von Ausbildungsplätzen
in seinem Wirkungsbereich zu unternehmen, wird nun ein
weiteres Signal gesetzt, das die äußersten Anstrengungen
aller in den anderen ausbildungsfähigen Bereichen der Be
triebe und Verwaltungen erneut abfordert. Ich meine, daß
dies auch vom Bürger so verstanden wird, daß dies von der
Mehrheit dieses Hauses so verstanden wird, daß dieses
auch von der Wirtschaft so verstanden wird, nur von
Herrn Feilcke und von der CDU nicht!
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete
Feilcke.
(Abg. Simon; Gib’s ihm doch!)
Feilcke (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Ich möchte Ihre Zeit nicht strapazieren, aber da der
Herr Senator offensichtlich und objektiv die Unwahrheit
gesagt hat
(Oh! Oh! bei der SPD — Abg. Ehrke; Das geht aber
nicht! — Abg. Momper; Das müssen Sie erst einmal
beweisen! — Abg. Rheinländer: Der Senator kann
nur irren!)
— offensichtlich, ja —, wird man doch wohl die Kosten
einmal gegenüberstellen dürfen. Wenn die Post für die
Ausbildung über 80 000 DM aufwendet — diese enthalten
selbstverständlich auch Ausbildungsvergütungen, das sind
nämlich Ausbüdungskosten —, dann können Sie damit
nicht den Betrag von etwa 18 000 DM, den Sie genannt
haben, vergleichen, sondern Sie müssen die Gesamtauf
wendungen für dieses Anmieten bei der Post den bei der
Post sonst erforderlichen Gesamtausgaben gegenüberstel
len. Und da kommt man auf einen Betrag pro Auszubil
denden von 46 700 DM — und das ist erheblich mehr als
die 18 000 DM, von denen Sie gesprochen haben.
(Abg. Beitz: Na, Herr Senator, da staunen Sie, was?)
Zweitens: Es ist richtig und von mir ja auch so ange
sprochen worden, Herr Senator — und ich halte es für
nicht seriös, hier immer wieder darauf hinzuweisen, daß
das angeblich nicht so sei —, daß die Post ihr Ausbildungs-
platZängebot erhöht hat, aber nachdem sie das Amgebot
erst erheblich reduziert hatte. Ich glaube, daß dies eine
mindestens etwas differenziertere Betrachtungsweise er
möglicht.
Drittens: Nennen Sie mir doch mal einen Betrieb der pri
vaten Wirtschaft in Berlin, der in größerem Umfang freie
Aüsbildüngskapazitäten hat und nicht selbst nutzt. Nennen
Sie mir einen solchen Betrieb. Ich wäre Ihnen für diese
Information sehr dankbar. Mir ist bekannt, daß nicht nur
von uns allen hier im Hause, sondern auch vom Senat von
Berlin alle Betriebe immer wieder aufgefordert werden,
vorhandene Kapazitäten zu nutzen und neue Kapazitäten
zu schaffen. Und ein öffentlicher Betrieb, ein Bundesunter
nehmen ist nicht in derselben Pflicht ? Das kann doch wohl
nicht wahr sein!
Schließlich und letztens, Herr Senator: Wenn Sie darauf
abstellen, daß ich über die laufenden Gespräche informiert
bin, dann haben Sie natürlich recht; aber gerade deshalb
mache ich Sie auf den Unterschied zwischen betrieblicher
und überbetrieblicher Ausbildung aufmerksam. Wenn Sie
da weitere Informationen benötigen, stehe ich Ihnen gern
zur Verfügung.
(Beifall bei der CDU)
Präsident Lorenz: Weitere Wortmeldungen liegen nicht
vor. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Vorlage,
Drucksache 7/1016, züstimmen will, den bitte ich um das
Handzeichen. — Danke schön! Wer ist dagegen? — Wer
enthält sich der Stimme? — Bei einer großen Anzahl von
Enthaltungen ist die Vorlage angenommen.
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