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Volume Nr. 72, 7. Dezember 1977

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1977, 7. Wahlperiode, Band III, 46.-74. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
72. Sitzung vom 7. Dezember 1977 
Sie doch die Skandale! Nehmen Sie den Kreisel, nehmen 
Sie die Universitätsgesetzgebung, nehmen Sie den Ober 
jägerweg, nehmen Sie die Mülldeponie — 
(Abg. Papenfuß: Und die Gebetsmühle!) 
immer muß erst die schlechte Erfahrung gemacht werden, 
ehe Sie zu einer vernünftigen Einsicht kommen. 
(Beifall bei der CDU) 
Dies ist nicht von vornherein notwendig. 
Und nun noch etwas weiteres. Zunächst einmal: Diesen 
Vorwurf können Sie nicht abwälzen, daß Sie sich bestimm 
ten Einsichten bewußt verschlossen haben, daß Sie bewußt 
gezögert haben, dem Rechnung zu tragen, was richtig ist. 
Dazu ist in einigen Punkten noch eine bewußte Verzöge 
rung gekommen im Zusammenhang mit den skandalösen 
Vorgängen. Das mußte doch alles erst durch Debatten und 
Untersuchungsausschüsse herausgeprügelt werden. 
(Beifall bei der CDU) 
Gucken Sie sich jetzt doch bloß einmal diesen Fall mit der 
Gasag an. Da wird hier ein Antrag eingebracht — 9.9. 
1975 —, ein Gutachten gibt es am 9.9.1976, ein Jahr 
später. Der Senat ist ein weiteres Jahr später, im Septem 
ber 1977, nicht in der Lage zu einer Bewertung, sondern 
lediglich in der Lage, einen Zwischenbericht abzugeben. 
Da streichen Jahre ins Land, und man tut so, als sei die 
Welt nicht voll von diesen Dingen! 
Meine Damen und Herren, das kann man nur so werten, 
daß Sie innerlich nicht willens und bereit waren, sondern 
mehr oder weniger durch die Öffentlichkeit und alles was 
hier geschehen ist, gezwungen werden mußten, diesen Weg 
zu beschreiten. Gleichwohl begrüßen wir es, daß Sie auf 
diesem Weg sind, und wir können Sie nur ermuntern, ihn 
weit genug zu gehen. Herr Regierender Bürgermeister, es 
ist nicht damit getan, daß Sie hier sagen: Ein Beanstan 
dungsverfahren verkürzen. Das ist auch ganz schön. Das 
Entscheidende aber ist nicht, daß das Verfahren bei Be 
anstandungen verkürzt wird, sondern das Entscheidende 
ist, daß die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, 
daß möglichst keine Beanstandungen zustande kommen. 
Da liegt der Hund begraben. 
(Beifall bei der CDU) 
Da sind Sie genau an dem wunden Punkt. Ich weiß ja, wie 
schwierig das ist. Jedermann weiß, wie schwierig das für 
Sie ist, und wird von daher gesehen Verständnis dafür 
haben, daß Sie hier wesentliche und vielleicht auch harte 
Diskussionen durchführen müssen. Denn das ist doch die 
Situation: Da ist ein sozialdemokratisches Mitglied der 
ÖTV als solches vielleicht in den Personalrat gekommen 
und als Personalrat in den Verwaltungsrat eines Betriebs. 
Da sitzt er nun. Auf der anderen Seite Sitzt ein Sozial 
demokrat, der ist zufällig' Geschäftsleiter oder im Senat, 
und der ist auch in der ÖTV und seit irgendwann auch 
im Verwaltungsrat. Meine Damen und Herren, da müssen 
Sie doch spüren, daß das eine offene Frage ist, was man 
die Aufgliederung der Kompetenzen nennt; 
(Beifall bei der CDU) 
und das ist genau der Punkt, an dem Sie anfangen müs 
sen. Wenn Sie das nicht sehen wollen, dann werden Sie 
nicht zu einer Lösung der Probleme kommen. Denn hier 
liegt der eigentliche Ansatz dafür. Wo die Kompetenzen 
nicht sachlich geschieden werden können, die Interessen 
nicht sachlich aufgebröselt werden, da eben ist die Gefahr 
für Verfilzung und für all das, mit dem wir hier zu tun 
haben. Insofern möchten wir Sie bitten, genau an dieser 
Stelle tätig zu werden, damit wir hier hoffentlich gemein 
sam eine Lösung vollziehen. In unserem Interesse liegt es 
jedenfalls, daß die Eigenbetriebe von allen Beteiligten 
getragen werden. Versuchen Sie, den Weg so weit zu 
gehen, daß eine Lösung zustande kommt, die uns die 
Skandale der Vergangenheit in Zukunft erspart! 
_ (Beifall bei der CDU) 
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Ehrke. 
Ehrke (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Wir hatten eine sachliche und faire Debatte um einen 
Gesetzesantrag der CDU. Und da kommt dann dieser Herr 
Lummer und stellt sich hier hin und „lummert" wieder 
die alte Gebetsmühle herunter, die beim Oberjägerweg an 
fängt, 
(Beifall bei der SPD) 
und macht deutlich, daß es ihm überhaupt nicht um die 
Gesetzesänderung geht, sondern allein darum, immer wie 
der aufzuzählen, was seit unendlicher Zeit hier in der 
Debatte ist. 
Und, lieber Herr Lummer, darf ich das vielleicht freund 
licherweise sagen: Gerade Sie müßten wissen, daß bei 
einem großen Teil der Dinge, die hier zur Debatte stehen, 
der Senat die Prüfungsaufträge an den Rechnungshof 
gegeben hat — kein Oppositionsmensch hat sich da ge 
meldet, die Regierungsfraktionen haben damit debattiert! 
(Widerspruch bei der CDU — 
Abg. Wronski: Stimmt doch nicht!) 
— Der Senat hat den Antrag an den Rechnungshof 
gestellt! Sie müssen es doch wissen, daß der größte 
Teil dieser Ursachen — und darum ist es doch so lächer 
lich — weit vor dem Eigenbetriebsgesetz, das jetzt zur 
Debatte steht, von Ihnen mit in Gang gesetzt worden ist, 
was im nachhinein auch genau deutlich wird bei der Pole 
mik, über die Ich nicht reden will; ich will mich gern mit 
denen auseinandersetzen, die hier sachlich und ernst an 
der Gesetzesnovellierung arbeiten wollen, wir werden uns 
daran beteiligen und haben beantragt, das in die Aus 
schüsse zu geben. Dort werden wir debattieren. Wir sind 
der Meinung, hier liegt die Ursache nicht im Gesetz, 
Ursache ist für uns an vielerlei Stellen in den Betrieben, 
zugegeben, nur: Das Gesetz als solches hat bisher, nach 
dem, was wir alle miteinander wissen, an keiner Stelle 
diese Dinge heraufbeschworen, so daß also eine Gesetzes 
änderung nach dem derzeitigen Stand nicht notwendig ist. 
(Abg. Wronski; 
Warum wollen Sie denn dann novellieren ?) 
— Sie wollen doch novellieren, wir doch nicht. S i e kom 
men doch mit dem Gesetzentwurf. Wir werden eine De 
batte um eine Novellierung zu dem Zeitpunkt mit Ihnen 
führen, zu dem wir alle Erkenntnisse haben, ob sie not 
wendig ist. Wir sind der Meinung, daß sie zur Zeit nicht 
notwendig ist. Aber lassen Sie uns sachlich an die Arbeit 
gehen, und lassen Sie doch diese kindische Polemik des 
Herrn Lummer, mit der er deutlich macht, daß es Ihnen 
überhaupt nicht um die Eigenbetriebe geht, sondern es 
Ihnen nur um Polemik nach draußen — als um’s Show 
geschäft — geht! 
(Beifall bei der SPD) 
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Baetge. 
Baetge (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich kann dem Kollegen Ehrke nur recht geben. 
Lieber Herr Lummer, wir haben hier eine sachliche und 
vernünftige Debatte geführt. Wir haben eine Debatte ge 
führt, in der der Kollege Dr. Kunze für die F.D.P.-Frak- 
tion in aller Deutlichkeit unsere Konzeption auf den Tisch 
gelegt hat. Er hat auch darauf hingewiesen, daß wir gegen 
über der Sozialdemokratischen Partei eine verschieden 
artige Auffassung haben, eine Auffassung, über die wir 
gemeinsam reden werden und wo wir wahrscheinlich auch 
zu einem vernünftigen Ergebnis kommen werden. 
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD) 
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