Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
35. Sitzung vom 23. September 1976
1438
Lüder, Bürgermeister und Senator für Wirtschaft: Es
steht nicht in meiner Kompetenz, darüber zu urteilen, Herr
Abgeordneter, ob der Sender Freies Berlin seiner Informa
tionspflicht nachgekommen ist. Ich habe lediglich pflicht
gemäß berichtet, daß der RIAS jeweils den Zusatz gebracht
hat: Zufahrt über Heerstraße zu den Gaststätten ist offen
— und daß der SFB die generelle Formulierung gebraucht
hat: Es gelten die bekannten Ausnahmen —, jeweils sinn
gemäß zitiert, ohne die Gaststätten im einzelnen zu er
wähnen.
Präsident Lorenz: Keine weiteren Zusatzfragen?
Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Blume zu
einer Mündlichen Anfrage über Umwandlung von Miet
wohnungen ln Wohnungseigentum.
Blume (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Ist es richtig, daß nach Änderung des Berliner Miet
rechts in verstärktem Maße Altbauten, Neubauten sowie
Häuser, die mit Hilfe öffentlicher Mittel errichtet worden
sind, von Immobilienhändlem aufgekauft werden, um die
Wohnungen mit sehr hohem Gewinn zu Lasten der jetzigen
Mieter als Eigentumswohnungen zu verkaufen?
2. Ist es auch richtig, daß darüber bereits große Empö
rung und Erbitterung in der Berliner Bevölkerung herrscht ?
3. Wenn ja: Was wird der Senat tun, um zu verhindern,
daß ab 1981 viele Mieter ihre Wohnungen, in denen sie gern
verbleiben möchten, aufgrund des Nachweises von Eigen
bedarf verlieren?
4. Wird der Senat alles Erdenkliche tun, um in Verhand
lungen mit der Bundesregierung zu erreichen, daß das
geltende Mietrecht so verbessert wird, daß auch nach dem
genannten Zeitraum die Mieter in ihren Wohnungen ver
bleiben können und somit die fragwürdigen Praktiken der
Immobilienkaufleute wirkungslos werden?
Präsident Lorenz: Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Ristock.
Kistoek, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr
Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr
Abgeordneter Blume, zu Ihrer ersten Frage: Seit 1952
wurden rund 400 000 Mietwohnungen im sozialen Woh
nungsbau in Berlin erstellt, davon wurden bis August 1976
1 625 Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt.
Unter diesen waren nahezu 900, für die die öffentlichen
Mittel an die WBK noch nicht zurückgezahlt wurden. Unter
den ca. 607 000 Altbauwohnungen sind bisher 2 300 Um
wandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen zu ver
zeichnen.
Es ist richtig, Herr Abgeordneter, daß mit Jahresbeginn
die Umwandlungen von Mietgebäuden und deren gewinn
bringender Verkauf — hier besonders durch eine Immo
bilienfirma — in stärkerem Maße zugenommen haben. Hier
muß ein Zusammenhang mit der Änderung des Berliner
Mietrechts ab 1. Januar 1976 vermutet werden. Der bis
dahin geltende § 4 Abs. 8 des Mieterschutzgesetzes schloß
unter bestimmten Voraussetzungen den Anspruch auf
Eigenbedarf gegenüber dem Mieter zeitlich unbegrenzt aus.
Zu 2; Ich muß Ihnen in Ihrer Frage voll zustimmen, daß
die Umwandlung von Miet- ln Eigentumswohnungen bei
den betroffenen Mietern zu einer erheblichen Beunruhigung
und auch teilweise zu Empörung geführt hat. Die Woh
nungsbaukreditanstalt sendet nunmehr den unmittelbar
Betroffenen ein Merkblatt mit den wichtigsten Informatio
nen über die Sach- und Rechtslage unaufgefordert zu.
Dieses Merkblatt kann auch direkt bei der WBK ange
fordert werden. In Fällen von Altbauten und Bauten des
sozialen Wohnungsbaues, in denen die öffentlichen Mittel
freiwillig vorzeitig zurückgezahlt worden sind, besteht von
unserer Seite keine Möglichkeit, bei den umgewandelten
Wohnungen auf den Verkauf einzuwirken. Dies wäre nur
möglich, wenn gesetzliche Voraussetzungen nicht erfüllt
würden.
Zu Ihren Fragen 3 und 4: Der Senat wird rechtzeitig
eine gesetzgeberische Initiative einbringen, um zu er
reichen, daß der besondere Berliner Kündigungsschutz im
Bundesrecht bei der Umwandlung von Miet- in Eigentums
wohnungen auch nach dem 31. Dezember 1980 bestehen
bleibt. Ich darf hinzufügen, daß ich diese Initiative im
Laufe des nächstenJahres hier in diesem Hause mit den
Fraktionen und den entsprechenden Ausschüssen be
sprechen möchte, um sie über den Bundestag auf den Weg
zu bringen.
Präsident Lorenz: Wird eine Zusatzfrage gewünscht? —
Das ist nicht der Fall.
Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Ditt-
berner zu einer Mündlichen Anfrage über Jugendclub im
Bildungs Zentrum.
Dr. Dittberner (P.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen
und Herren! Ich frage den Senat: Welche Konsequenzen
wird die Einlagerung der Oberstufe in das Bildungszentrum
Emser Straße für die Arbeit des Jugendclubs insbesondere
hinsichtlich des Hausrechts und der Nutzung der Räume
des Jugendclubs haben?
Präsident Lorenz: Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Rasch.
Rasch, Senator für Schulwesen; Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dittberner, ich
beantworte Ihre Anfrage wie folgt: Die Einlagerung der
gymnasialen Oberstufen in die Bildungszentren hat zu
nächst für die Nutzer des Bildungszentrums eine gewisse
Beschränkung zur Folge, ohne daß allerdings die konstitu
tiven Bedingungen der Gesamtschule davon berührt wer
den. Ich darf bei dieser Gelegenheit auf die Antwort des
Senats auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Palm hin-
weisen.
Da nach dem Allgemeinen Zuständigkeitsgesetz die Be
zirksverwaltungen für die äußeren Schulangelegenheiten
zuständig sind, kann der Senator für Schulwesen lediglich
Empfehlungen aussprechen.
Für das Bildungszentrum in Wilmersdorf hat der zustän
dige Schulaufsichtsbeamte für den Senator für Schulwesen
bereits öffentlich erklärt, daß die bezirkliche Planung keine
Nutzung der Räume des Jugendfreizeitheims durch den
Unterricht vorsieht bzw. ein ständiger Umbau der Einrich
tungen des Jugendclubs nicht erforderlich wird. Die Nut
zung des Jugendfreizeitheims für die außerunterrichtlichen
Aktivitäten der Schule während des Tages bleiben davon
unberührt. Ich begrüße diese Erklärung und werde sie als
Anregung für andere Bezirke empfehlend weltergeben.
Hinsichtlich des Hausrechts gilt das Kooperationsmodell
für die Leitung von Bildungszentren. Danach arbeiten alle
Einrichtungen kooperativ zusammen. Während der schu
lischen Veranstaltungen liegt das Hausrecht ebenso selbst
verständlich beim hausverwaltenden Schulleiter, wie es der
Leiter des Jugendfreizeitheims nach Schulschluß in den
Räumen des Jugendfreizeitheims hat.
Die Frage des Hausrechts bei Veranstaltungen des Ju
gendfreizeitheims ln den übrigen Räumen der Schule wird
gegenwärtig rechtlich geprüft.