Path:
Volume Nr. 34, 09.09.76

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1976, 7. Wahlperiode, Band II, 20.-45. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
84. Sitzung vom 9. September 1976 
1421 
Hucklenbroich (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen 
und Herren! Die Betreuung von Haftentlassenen ist eine 
Frage praktischer Arbeit mit Menschen in einer schwie 
rigen Situation. Deshalb muß der, der zu diesen Dingen 
mehr beisteuern will als Agitation, sich mit jenen unter 
halten, die diese Aufgaben in ihrer täglichen Arbeit zu 
bewältigen haben, und das sind die Mitarbeiter in den 
Bezirken. Dort wird die entscheidende Arbeit geleistet. 
Und da Sie ln den Bezirken vertreten sind, haben Sie die 
Möglichkeit, sich die Sorgen der Betroffenen und 
die Ansichten der Betreuer anzuhören, Herr Kollege 
Rzepka, Sie machen es zu einfach, wenn Sie sagen, „die 
ser" Senator und „dieser“ Senat habe keine Konzeption. — 
Und von Ihnen kommt nichts, da kommt der große Wurf 
nicht, da kommt das übergeordnete Konzept nicht. Ent 
weder haben Sie das Thema erst jetzt entdeckt, oder Sie 
reden hier Blabla, wo doch auf den Menschen abgestellt 
und immer im Einzelfall entschieden werden muß und wo 
allenfalls auf der Senatsebene koordiniert werden kann, 
wenn Grundsatzprobleme anstehen. 
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD) 
Und wenn hier aus den Zwischenfragen erkennbar wird, 
daß Ihnen auch die Verfassung gleichgültig ist, wenn man 
Ihnen sagt, kümmert Euch mal darum, wo das erörtert 
werden kann — Wir haben doch Bezirksverordnetenver 
sammlungen, wir haben dort Kollegen, die ernsthafte 
Arbeit leisten und sich um die Dinge bemühen. Aber das 
wird ja überhaupt nicht berücksichtigt, auch Ihre eigenen 
Leute würdigen Sie hier nicht. —, dann fragt man sich 
doch — und das ist hier durch Senator Korber gesche 
hen —, ob dieser Personenkreis nun wirklich das geeignete 
Menschenmaterial darstellt, um Polemik gegen den Senat 
zu betreiben. 
(Beifall bei der SPD) 
Der Kollege Rzepka hat vorhin erklärt, er habe den 
Senator heute in der Sitzung nicht gesehen. Herr Kollege 
Rzepka, das mag sein, dann waren Sie draußen, ich weiß 
bloß nicht, ob im Wandelgang oder in der Kantine. Der 
Herr Baumann hat bis fünf vor acht hier gesessen und 
hatte nicht den Vorzug, Sie ins Visier zu bekommen. So 
lange war der Senator hier im Hause. Es steht Ihnen 
schlecht an, hier hereinzuschneien bei dem Punkt, der Sie 
betrifft, und dann zu einem anderen zu sagen: Es ist ja 
unerhört, daß Du mir jetzt nicht zuhörst. — Ich darf Ihnen 
sagen, um acht ist der Senator — nach Rücksprache mit 
Fraktionskollegen — zu einem anderen Termin gegangen. 
Der ist jetzt nicht in privaten Aktivitäten unterwegs. 
(Zuruf des Abg. Landowsky) 
— Ja, Herr Kollege Landowsky, jetzt kommt das, was ich 
Ihnen hier ganz hart sagen will. Weil wir es alle — Sie 
vielleicht ausgenommen — für Unfug halten und auch für 
eine Selbstbenachteiligung des Parlaments, daß wir so 
wichtige Sachen kurz vor Mitternacht erörtern. Wir 
haben alle einen Arbeitstag hinter uns. 
(Zuruf von Frau Abg. Greiff) 
— Frau Kollegin Greiff, wir fangen früh um acht oder 
neun an. Sie machen dann vielleicht Ihren Haushalt. 
(Frau Abg. Greiff: Sie irren!) 
Wir sitzen hier ab 13 Uhr. Sie haben uns vor den Parla 
mentsferien eine Sitzung nach der anderen bis in die spä 
ten Abendstunden beschert. Der Herr Rzepka hat kürzlich 
einmal zu Haftproblemen gesprochen. Kein Aas konnte 
mehr zuhören, weil die Kapazität weg war. 
(Beifall bei der SPD) 
Und wenn Sie mir erzählen, daß Sie im Anschluß an einen 
Arbeitstag von eins bis acht hier noch in voller Frische 
trotz ständiger Anwesenheit im Plenum mittun können, 
dann kann ich nur sagen: Donnerwetter, was habt Ihr 
von der Opposition für einen wachen und strapazierfähigen 
Sinn. 
Präsident Lorenz: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, 
Herr Abgeordneter ? 
Hucklenbroich (F.D.P.): Bitte schön! 
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Landowsky, bitte 
schön! 
Landowsky (CDU): Herr Kollege Hucklenbroich, ist 
Ihnen denn entgangen, daß von den zehn Großen Anfragen, 
die heute auf der Tagesordnung gewesen sind, acht von 
der Regierungskoalition stammen — und die vorliegende 
Anfrage auch —; und warum beschweren Sie sich dann, 
wenn wir um neun Uhr noch über Ihre Große Anfrage 
diskutieren ? 
Hucklenbroich (F.D.P); Das will ich Ihnen sagen: Es 
passiert nicht mehr, daß wir unsere Anfragen zurückstel 
len — die sind alle aus der Zeit vor den Ferien, auch die 
Numerus-clausus-Anfrage —, weil Sie vor den Ferien in 
penetrantester Form mit Aktuellen Stunden und mit 
Großen Anfragen uns hier unter Druck gesetzt und miß 
handelt haben. 
(Beifall bei der F.D.P und der SPD) 
Sie haben doch keine Gelegenheit vorübergehen lassen, um 
ein außenpolitisches Thema zum Auftritt Ihres Fraktions 
vorsitzenden und Ihrer Stars auszunutzen; eine Rücksichts 
losigkeit auch gegen Ihre Kollegen, die sich in Arbeits 
kreisen und Fachausschüssen um Anträge bemühen. Ist 
Ihnen aufgefallen, daß wir auch heute wieder nicht zu 
den Anträgen kommen, daß das, was für wichtige Men 
schengruppen in Monaten erarbeitet wird, hier vom Tisch 
muß, weil Sie irgendwann auch mal essen wollen? Wir 
wissen doch alle, daß wir die Anträge nachher ganz kurz 
wegwischen werden, daß die ganze Arbeit, die Vorberei 
tung auf die Debatte umsonst war, weil Sie hier seit 
Monaten Mitternachtstänze veranstalten. 
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD) 
Und dann gehen Sie hin und beschimpfen den Senator. 
Präsident Lorenz: Meine Damen und Herren! Ich darf 
darauf hinweisen, daß etwa 75 % der Ausführungen des 
verehrten Kollegen Hucklenbroich nicht zur Sache waren. 
Ich will nichts dazu sagen, aber ich weise darauf hin. 
(Beifall bei der CDU — Abg. Hauff: Unerhört! — 
Starke Unruhe bei der SPD und der F.D.P.) 
Ich habe ihn ja nicht „zur Sache“ gerufen; aber immerhin 
möchte ich darauf hinweisen und bitten, daß die nachfol 
genden Redner dann auch in der Tat zur Sache sprechen. 
(Starke Unruhe bei der SPD und der F.D.P.) 
Meine Damen und Herren! Da wieder ein Senator ge 
sprochen hat, hat die Fraktion der CDU erneut zehn Minu 
ten Redezeit. Als nächster hat sich Herr Abgeordneter 
Luster gemeldet. 
Luster (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! 
(Abg. Rheinländer; Aber jetzt zur Sache, Herr Luster!) 
Es fällt mir natürlich schwer, dem Kollegen Hucklenbroich 
zu antworten und gleichzeitig nicht das Thema zu behan 
deln, das er behandelt hat. Aber ich glaube, es ist zur 
Sache gesprochen, wenn ich dazu spreche, daß vorhin hier 
ein Antrag in diesem Sachzusammenhang von der CDU- 
Fraktion gestellt wurde, der abgelehnt worden ist, 
(Abg. Hauff: Zu Recht!)
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.