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Volume Nr. 20, 15.01.76

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1976, 7. Wahlperiode, Band II, 20.-45. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
20. Sitzung vom 15. Januar 1976 
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lfd. Nr. 18, Drucksache 7/325: nicht 80 sehr um den Besuch von kulturellen Ver- 
anstaltungen, vielmehr um die berechtigte Teilnahme 
VO über die Grundstücksnumerierung an Familienfesten oder Ausflügen an die frische 
Luft. 
lfd. Nr. 19, Drucksache 7/326: 
VO Uber die Werkfeuerwehren 
lfd. Nr. 20, Drucksache 7/327: 
VO über die Festsetzung des Bebauungsplans in-89 
lfd. Nr. 21, Drucksache 7/329: 
VO über die Grundsätze für eine einheitliche Kapazi 
tätsermittlung und -festsetzung zur Vergabe von 
Studienplätzen 
Ich verlese die Überweisungsanträge: Lfd. Nr. 7 an den 
Ausschuß für Gesundheit und Umweltschutz, lfd. Nrn. 8, 9, 
11 und 18 an den Ausschuß für Bau- und Wohnungswesen, 
lfd. Nrn. 15 und 16 an den Ausschuß für Bau- und Woh 
nungswesen — federführend —- sowie an den Ausschuß für 
Gesundheit und Umweltschutz, lfd. Nr. 17 an den Ausschuß 
für Schulwesen, lfd. Nr. 19 an den Ausschuß für Sicher 
heit und Ordnung, lfd. Nr. 21 an den Ausschuß für Wissen 
schaft. Darf ich fragen, ob dagegen Widerspruch erhoben 
wird ? — Das ist nicht der Fall. Damit sind die beantragten 
Überweisungen beschlossen und die übrigen Verordnungen 
zur Kenntnis genommen worden. 
Ich rufe auf 
lfd. Nr. 22, Drucksache 7/315: 
Antrag der Fraktion der CDU über Situation der 
erwachsenen Behinderten 
Der Senat wird beauftragt, dem Abgeordnetenhaus 
bis zum 31. Dezember 1976 einen Bericht über die 
Situation der erwachsenen Behinderten vorzulegen. 
Darf ich fragen, ob das Wort zur Begründung gewünscht 
wird ? — Bitte, Herr Abgeordneter Vetter! 
Vetter (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Die CDU beantragt einen Bericht über die Situation 
der erwachsenen Behinderten. Bisher ist so ein Bericht 
noch nicht erstellt worden. Die CDU-Fraktion will mit die 
sem Antrag erreichen, daß auch die erwachsenen Behin 
derten in die Perspektiven und Planungen mit einbezogen 
werden. In diesem Bericht müßte unter anderem eine Be 
standsaufnahme der Behinderten nach Alter und Leiden 
enthalten sein, die eine jährliche Fortschreibung ermöglicht. 
Weiterhin müßte eine Bedarfsanalyse des Wohnungs 
bedarfs, zum Beispiel in Wohnstätten, erstellt werden. 
Ebenso geht es um die Schaffung von Möglichkeiten für 
die Behinderten, sich im Rollstuhl ohne viel Schwierigkei 
ten zu bewegen, zum Beispiel Gehwege, Rampen, Aufzüge, 
auch für erwachsene Behinderte in der Universität. Wir 
haben eine Anzahl von Briefen bekommen von Bürgern, die 
dieses Thema speziell interessiert, auch von Betroffenen. 
Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten aus einem die 
ser Briefe, die ich mir herausgesucht habe, verlesen. Da 
heißt es unter anderem: 
Man bestellt bei einem Wohlfahrtsverband einen 
Krankenwagen für einen Behindertentransport, der 
dann aber einen Unkostenbeitrag von 50 DM für die 
Hin- und Rückfahrt und die Helfer berechnet. 
Weiter heißt es: 
Nur wie oft können sich die Angehörigen dieses im 
Jahr leisten? Bel dem Transport geht es dabei gar 
Weiterhin heißt es: 
Die derzeitige Behandlung Schwerbehinderter stellt 
eine ungeheure Diskriminierung dar. Dabei sollte 
man bedenken, daß die Menschen ohne eigene Schuld 
in diese Lage geraten sind. Es ist ihr Pech, daß die 
Medizin bis heute noch kein Mittel gefunden hat, 
ihr Leiden zu heilen. So sollte aber wenigsten der 
Staat etwas tun, um die menschlichen Probleme 
— dazu gehört auch das Beförderungsproblem — 
zu lösen. Man hat gegenwärtig den Eindruck, daß 
für Strafgefangene, die an ihrem Los nicht ganz 
unschuldig sind, mehr getan wird als für Behin 
derte. Unser Staat nennt sich Sozialstaat. An den 
Alten und Kranken sieht man aber immer wieder, 
daß für Schwache und Kranke kein Platz ist. 
Die Antwort des Senats auf die Kleine Anfrage des Kol 
legen Zemla — Nr. 383 — besteht größtenteils nur aus Ab 
sichtserklärungen. Zum Beispiel: Auf welche Bedarfszahlen 
stützt sich der Senat bei der Errichtung von Plätzen für 
Rollstuhlfahrer, zum Beispiel in der Oper ? Hier ist die Zahl 
2 angegeben. Im Gegensatz dazu sind in der Philhar 
monie 16 Plätze vorgesehen, davon acht für Behinderte und 
acht für Helfer. Wir hätten gern erfahren, wie der Senat 
diese Zahlen bekommen hat. Weiterhin: Wie sieht die Ver 
sorgung derjenigen aus, deren Eltern, die sie jahrelang 
gepflegt haben, sterben? Wo werden sie untergebracht? 
Wer betreut sie weiter? Für geistig Behinderte gibt es 
doch zur Zeit nur die Bonhoeffer-Heilstätten. Wo können 
diejenigen untergebracht werden, deren Angehörige in 
Urlaub fahren wollen oder krank werden, und überhaupt 
die alleinstehenden Behinderten? Wo können die Behin 
derten mit Arbeit bedacht werden, die in den Jugendwerk 
stätten 25 Jahre alt werden und dann im Normalfall diese 
Werkstätten verlassen müßten, um den jüngeren Platz zu 
machen ? Weiter: Wo können körperbehinderte Erwachsene 
eine Berufsausbildung oder ähnliches erhalten? Wird zum 
Beispiel auch genügend vom Senat geprüft, ob die freie 
Wirtschaft und der öffentliche Dienst die Einstellungszah 
len — wozu jeder verpflichtet ist — auch wirklich voll er 
füllen? Besonders ist dabei nicht an die — entschuldigen 
Sie den Ausdruck — einfachen Schwerbeschädigten, son 
dern an die echt Behinderten, also auch an die Körper 
behinderten zu denken: Werden diese Zahlen voll ausge 
nutzt ? Müßte nicht hier auch eine verstärkte Werbung für 
die Vergabe von Aufträgen an die Behindertenwerkstätten 
vom Senat unterstützt werden ? Wir stellen uns einige Ver 
günstigungen vor, vielleicht auch mit Steuermitteln. 
(Zuruf des Abg. Momper) 
— Herr Momper, ein bißchen lauter, hier kommt es zu 
dünn an! — Sollten nicht vielleicht auch eine Landesstelle 
oder Bezirksstellen für Behinderte geschaffen werden, die 
zumindest die Zuständigkeiten besser koordinieren können ? 
Zur Zeit herrschen Kompetenzschwierigkeiten zwischen 
vier Senatsverwaltungen — Schulen, Jugend und Sport, 
Soziales und Gesundheit. Dieses müßte hier unter einen 
Hut gebracht werden. Sollte es nicht an der Zeit sein, sich 
endlich mehr Gedanken über die Menschen zu machen, die 
meist ohne ihr eigenes Verschulden leiden müssen, über 
Menschen, die von unserer Umgebung gemieden oder be 
mitleidet werden? Hier muß ein mutiger Schritt nach 
vorne getan werden, hierzu fordern wir den Senat auf. 
Sicherlich werden wir nicht alles von heute auf morgen 
schaffen können, aber es müßte endlich auch für die er 
wachsenen Behinderten ein Anfang gemacht werden, um 
auch gerade diesen Menschen ein Stück von der so viel 
gepriesenen Lebensqualität zu vermitteln. 
(Zuruf: Ist doch kaum machbar! — Abg. Schwarz: 
Gehen Sie mal woanders hin — nach Bayern, 
da werde ich Ihnen mal Beispiele zeigen!)
	        
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