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Volume Nr. 29, 09.06.76

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1976, 7. Wahlperiode, Band II, 20.-45. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
29. Sitzung vom 9. Juni 197G 
1180 
das Objekt heute neu bauen, kostet es 400 Mio DM; das 
wissen Sie so gut wie ich. Statt dessen bauen Sie für 
400 Mio DM ein neues Polizeipräsidium, ein neues Rathaus 
Steglitz, und alle diese Dinge. 
(Abg. H. Vetter; Baut aber keiner!) 
In der Universität verbauen Sie bis 1980 1 Mrd DM. Ich 
will Ihnen nur einmal die Relation aufzeigen. Aber mit 
diesen atypischen Gedanken konnten Sie sich leider bisher 
nicht befreunden. Und ich muß Ihnen sagen: ein Beispiel 
für Immobilität, Unflexibilität. Ich glaube, das mußte hier 
auch einmal ganz deutlich gesagt werden! 
(Beifall bei der CDU) 
Nicht erwähnt haben Sie die möglichen Schadensersatz 
prozesse, die noch gegen das Land Berlin aus dem Engage 
ment herrühren; Ihr Senatskollege, Herr Lüder, wird Ihnen 
darüber sicherlich das eine oder andere noch sagen können; 
diese Schadensersatzprozesse sind ja auch nicht so aus 
sichtslos. Aber das wollen wir dann zu gegebener Zeit hier 
einmal besprechen. 
Ich möchte nur noch eines sagen, was mich tief be 
drückt. Bedrücken tut mich an diesem Objekt, das jetzt 
zwei Jahre in der Landschaft steht, daß der Senat die 
politische und wirtschaftliche Wirkung dieses Bauwerks 
einfach verkennt. 
(Beifall bei der CDU) 
Das Verhalten des Senats in den letzten zwei Jahren 
zeigt eine Handlungsunfähigkeit und in Teilen auch 
eine Ignoranz. Ich habe das vorhin schon gesagt; durch 
die „Abendschau“ mußte der Senat erfahren, was die 
Banken zwei Tage später auf dem Versteigerungstermin 
Vorhaben. Ich muß Ihnen ganz ehrlich gestehen: Für mich 
ist das ein Beispiel für Desinformation, letztlich auch für 
Autoritätsverfall dieses Senats; das muß man ganz deut 
lich sagen. 
(Abg. Diepgen: Desinteresse! — Abg. Papenfuß: 
Die stecken ja nicht alle in der Bank drin wie 
Herr Landowsky!) 
— Aber ich stehe Dinen gern mit Rat und Tat zur Seite, 
Herr Papenfuß! Sie müssen nur mal fragen, wenn Sie 
neue Ideen haben wollen; fragen müssen Sie! 
(Beifall bei der CDU — Abg. Papenfuß; 
Sehr hilfreiche Rede!) 
Wir lösen die Probleme 1979, das wissen Sie so gut wie 
ich! 
(Beifall bei der CDU) 
Wissen Sie, in diese Dinge muß einmal der eiserne Besen 
rein. 
(Abg. Mertsch: Sie! — Heiterkeit bei der SPD 
und der F.D.P.) 
Wir stellen fest; Der Senat ist uninformlert, er macht sich 
darüber keine Gedanken, er erleidet Autoritätsverfall. Wer 
die Diskussion um die Körperschaftsteuerreform jetzt ln 
Bonn miterlebt hat, der hat doch gemerkt, wie der Senat 
in Bonn bei Finanzminister Apel steht. Sie wissen es 
genauso gut wie ich, die „Morgenpost“ hat letztlich dar 
über geschrieben. Und er wird vermutlich bei der Körper 
schaftsteuerreform hier seine nächste Pleite erleben. Und 
wenn dann Mahner wie IHK und LZB kommen und ein 
mal das sagen, was notwendig ist, was auch die Fachleute 
innerhalb der Sozialdemokratischen Partei genau wissen, 
werden sie arrogant und elitär abgetan. Wissen Sie, das 
alles gehört zusammen, das ist eine politische Unsicher 
heit, eine Führungslosigkelt dieses Senats, und dazu kommt 
natürlich die ganze Palette der miserablen und negativen 
Berichterstattung in den letzten zwei Jahren. Ein wesent 
licher Punkt dabei ist natürlich dieser Kreisel. 
Und das, was man gemeinhin bei Kapitalanlegern als 
.Kreiseleffekt' bezeichnet, das wissen Sie sicherlich genau 
so gut wie ich, daß nämlich — seit der Kreisel in Konkurs 
gegangen ist — Berlin als Anlageort für Investitionen un 
interessanter geworden ist und Berlin das Symbol der 
Unsolidität der Kapitalanlagen bekommen hat. 
Und es muß doch Ihr Interesse sein, genauso wie es 
unseres ist, daß dieses psychologische Hemmnis abgebaut 
wird und wir wieder Kapital ln diese Stadt hereinbe 
kommen. 
(Abg. Papenfuß; Was schlagen Sie denn vor ?) 
Und dazu müssen Sie Voraussetzungen schaffen, und Sie 
müssen insbesondere diese Hemmnisse beseitigen, 
(Abg. Papenfuß: Zum Beispiel? Ja?) 
die heute noch mit öffentlicher Unterstützung als halb 
öffentliche Wohlstandsruine, wie der Kreisel, dastehen. 
(Glocke des Präsidenten — 
Abg. Papenfuß: Dann sagen Sie doch mal was!) 
Lassen Sie mich in zwei Sätzen das Fazit ziehen: Der 
Senat hat sich bisher unfähig gezeigt, dieses Problem zu 
lösen. Er ist führungslos und er ist auch schlapp. Er hat 
einen Autoritätsverfall erlitten und erleidet seit zwei Jah 
ren eine negative Publizität, die das Image der Stadt 
schädigt. Der Steuerzahler muß für den Kreisel und für 
das verfehlte Engagement der Stadt rund 60 Mio DM 
— gegebenenfalls mehr — aufwenden. Die halböffentliche 
Wohlstands ruine 
(Glocke des Präsidenten) 
fügt der Stadt politischen und wirtschaftlichen Schaden 
zu und erschüttert täglich aufs neue das Vertrauen zu 
Kapitalanlagen in der Stadt. 
Es besteht — und das lassen Sie mich ganz deutlich als 
letzten Satz sagen, Herr Präsident — ein dringendes 
öffentliches Interesse daran, daß der Kreisel von wem auch 
immer umgehend fertiggestellt und einer sinnvollen Nut 
zung zugeführt wird. Das ist ein unbedingtes öffentliches 
Interesse. 
(Abg. Beier: So’n Blödsinn!) 
Und wir als CDU — und das sage ich auch noch einmal 
deutlich — sind bereit, konstruktiv an der Lösung dieses 
Problems mitzuarbeiten, was, glaube ich, nicht jede Oppo 
sition tut, 
(Glocke des Präsidenten) 
und Sie, wo Sie in der Opposition sind, auch nicht tun. 
Wir bieten Dinen das noch einmal an, gemeinsam mit 
Ihnen die Lösung dieses Problems zu ermöglichen. 
(Zurufe von der SPD: Endlich aufhören!) 
Wenn Sie das aber negieren, dann werden wir weiter hier 
die öffentliche Kritik in dieser Frage führen. — Schönen 
Dank! 
(Beifall bei der CDU) 
Präsident Lorenz: Das Wort hat Herr Abgeordneter 
Ehrke. 
Ehrke (SPD): Ein paar Minuten von meiner Redezeit 
hat der Kollege Landowsky ja mitgenommen. Ich will hier 
nur sagen — — 
Präsident Lorenz: Sie dürfen dann auch zwei Minuten 
länger reden, Herr Kollege.
	        
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