Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
27. Sitzung vom 13. Mai 1976
Kayser (F.D.P.): Meine Damen und Herren! Ich will es
sehr kurz machen. Die F.D.P.-Fraktion begrüßt diese nütz
liche Initiative der SPD. Wir halten diese inhaltliche Aus
füllung der vielfältigen Möglichkeiten, die im Rahmen des
Bildungsurlaubs möglich sein sollen, für wichtig, bedauern
allerdings, daß die CDU vieles sehr lang und breit aus
führte — vielleicht liegt da auch ein Stückchen persön
liches Problem beim Kollegen Feilcke dahinter, weil er uns
in Erinnerung rufen wollte, daß er seinerzeit, als er noch
nicht Mitglied des Hauses war, doch schon vom Parla
mentsausschuß angehört wurde —, auch wenn das alles
nicht direkt zur Sache gehörte.
(Abg. Feilcke: Daher kommt der Sachverstand!)
Ich finde es immerhin schade, daß die CDU meint, hier
zahlreiche Kritik und Bedenken anbringen zu müssen,
ohne daß wir Detailiertes von ihr vorgelegt erhalten haben.
Insofern, glaube ich, hat der Kollege Longolius mit Recht
darauf hingewiesen: Wenn eine konkrete Vorlage da ist,
dann muß man sich dazu äußern, ob und inwiefern man sie
gut oder schlecht findet. Man kann nicht sagen: „Na ja,
das Gesetz, das wir hier verbessern, das ist unausgewogen
und nicht gut, und das müßte noch mehr geändert werden.“
Bitte schön, legen Sie Ihre Gedanken schriftlich vor! Ich
glaube, daß Sie auch die Fähigkeiten und Möglichkeiten
hätten, ihre Meinung mit Fakten zu untermauern, damit
wir diese dann sehr kritisch prüfen können. Alles das, was
bisher an Kritik zu dieser guten Vorlage gekommen ist,
ist wenig substantiiert und schreckt uns nicht davor zu
rück, diese Vorlage auch in der Ausschußarbeit wohlwol
lend zu fördern. — Schönen Dank!
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD)
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete
Wronski.
(Abg. Hitzigrath: Donnerwetter, mal ein neues
Gesicht in diesem Bereich!)
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Ich möchte dem Kollegen Longolius — deswegen
komme ich in erster Linie eigentlich hier noch einmal her
auf ln dieser Sache — vielleicht eine Hilfe an die Hand
geben zum rechten Verständnis dessen, was der Kollege
Feücke hier sehr ausführlich dargelegt hat. Ich fühle mich
insofern dazu legitimiert, weil ich seinerzeit — nämlich vor
anderthalb Jahren — in dieser Sache, in einem anderen
Ausschuß tätig, mitgewirkt habe und dort auch — wenn
Sie so wollen — als einer der Sprecher der CDU-Fraktion
zur Sache selbst Stellung genommen habe.
Worum es uns hier geht — Herr Kollege Kayser möge
das bitte auch gleich zur Kenntnis nehmen, denn er hat
auch das Anliegen des Kollegen Feilcke völlig mißverstan
den —, ist, bei einer erneuten Änderung des Gesetzes zur
Förderung der Teilnahme an Bildungsveranstaltungen die
Gelegenheit zu benutzen, um die in der letzten Legislatur
periode von allen Fraktionen dieses Hauses erkannten,
kritisierten und beanstandeten Mängel des damals gelten
den und auch heute noch in dieser Form geltenden Gesetzes
zu bereinigen.
(Abg. Kayser; Welche sind das?)
~ Ja, seien Sie geduldig. Gut, ich sage Ihnen das noch
axpressis verbls.
Herr Kollege Feilcke hat darauf hingewiesen, daß die
unterschiedliche gesetzliche Handhabung zwischen Berlin
und sämtlichen übrigen Bundesländern zu einem Gebrauch
dieses Gesetzes geführt hat, zu Gebräuchen, die in Einzel
nen nachgewiesenermaßen nicht mehr als „Gebrauch",
sondern — das sage ich jetzt für mich persönlich — nur
, ..Mißbrauch“ Interpretiert werden können. Ich zitiere
nuch oder irgendeinen aus den damaligen Ausschußsitzun-
gen, wenn ich hier wiederhole, daß im Rahmen der poli
tischen Bildungsveranstaltungen eine Nachmittagsvorstel-
Un g bei den „Stachelschweinen“ unter „politischer Bildung“
im Rahmen dieses Gesetzes zur Förderung der Teilnahme
an Bildungsveranstaltungen gelaufen ist; unwidersprochen,
im Gegenteil; bestätigt! Ist Ihnen das nicht mehr in Er
innerung, daß dies als Episode bei der Diskussion eine Rolle
gespielt hat? Wenigstens Ihnen, Herr Kollege Kayser,
müßte das, wenn Sie guten Willens sind, noch in Erinnerung
sein.
Dieses, Herr Kollege Longolius, meinen wir, wenn wir
hier anläßlich einer erneuten Gesetzeskorrektur sagen, man
möge bitte die vor anderthalb Jahren festgestellten Not
wendigkeiten bei dieser Gelegenheit mit bereinigen. Denn
damals ist — und auch das hat der Kollege Feilcke hier
ausführlich berichtet — lediglich im Hinblick auf den Zeit
druck — die Legislaturperiode lief aus — argumentiert
worden; man möge dies jetzt nicht komplizieren, wir wol
len das eine, wir wollen die Verlängerung des Berechti
gungsalters — und das sei das wichtigste Anliegen. Das
andere ist völlig legitim und müßte korrigiert werden. Und
das wollen wir, das sollten wir — meine ich — bei dieser
Gelegenheit machen. Ich selbst werde dabei nicht mitwir-
ken, denn ich bin in anderen Ausschüssen tätig. Aber ich
hoffe. Sie haben jetzt verstanden, worum es geht.
Im übrigen kann ich Ihnen zu diesem vorliegenden Text
entwurf nur sagen: Genau das ist immer Intention der CDU
gewesen, Abschlüsse zu fördern, wenn und das wollen
Sie ja. Sie wollen erreichen, daß hier ein betroffener Per
sonenkreis auf einem anderen Weg als bislang möglich
oder zu einem späteren Zeitpunkt, im nachhinein sozusagen,
einen Schulabschluß erreichen kann. Da sind wir völlig
einer Meinung. Da wird es — ich bin sicher — in den Aus
schußberatungen keine Diskussion darüber geben. Gerade
abschließende Weiterbildung ist soviel wichtiger als rein
informative, das sage ich mal so en passant. Aber unser
Monitum hier — wenn Sie das als solches betrachtet ha
ben — zielt darauf ab, Ihnen in Erinnerung zu bringen,
daß dieses Gesetz in dieser Form, schon in korrigierter
Form, an sich schon partiell nicht der Weisheit letzter
Schluß Ist und man diese Gelegenheit erneut benutzen
sollte, zumal die Legislaturperiode ja noch einige Jahre
dauert, um es nun gründlich dem Berliner Bedarf entspre
chend und an den Erfahrungen orientiert so zu schleifen,
daß es jedermann Zusagen kann. Das ist unser Anliegen!
(Beifall bei der CDU)
Stellv. Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete
Ulzen.
Ulzen (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Ich darf ausdrücklich feststellen, daß die CDU jede
Veränderung und Verbesserung in diesem Bereich aus
drücklich und ganz intensiv unterstützt, was auch durch
die Beiträge, die hier von unserer Fraktion geleistet wur
den, zum Ausdruck kam. Was wir allerdings nicht akzep
tieren können, sind Bemerkungen, wie sie der Herr Kollege
Longolius hier gemacht hat, daß wir gegen eine Arbeit der
Volkshochschulen sind, was ihn zu dem Vorwurf veran-
laßte, wir seien für eine Diskriminierung der Volkshoch
schulen. Darum geht es hier überhaupt nicht, das sind völ
lig sachfremde Erwägungen, die hier getan werden, und
ich darf noch einmal sagen, daß es uns darum geht — und
das ist der entscheidende Unterschied —, daß Jugendliche,
die nicht den Abschluß der Hauptschule oder der Real
schule erreicht haben, hier im Rahmen dieses Gesetzes zu
einer Abschlußmöglichkeit kommen und damit das haben,
was man eine berufliche Chance nennt. Ich darf daran er
innern: Das Ziel dieses Gesetzes laut § 2 Abs. 1 soll sein, an
die staatsbürgerliche oder politische Mitarbeit in Staat und
Gesellschaft heranzuführen oder der beruflichen Bildung zu
dienen.
Stellv. Präsident Sickert: Gestatten Sie eine Zwischen
frage, Herr Ulzen ?
Ulzen (CDU): Jawohl!
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