Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
25. Sitzung vom 25. März 1976
ein Beschluß des Aufsichtsrats herbeizuführen Ist.
(Unruhe bei der CDU)
— Sie hatten um detaillierte Informationen gebeten, meine
Damen und Herren, ich bin gern bereit, sie auch weiter zu
geben, aber ich glaube, es wäre wichtig, daß wir uns darin
verstehen, daß, wenn man Details erbittet, man sie hier
auch entgegennimmt. Ich bin auch gern bereit, das auch
weiter im Detail zu schildern, was mir dazu übergeben
worden ist.
(Anhaltende Unruhe bei der CDU)
Nach den Informationen, die dem Senator für Bau- und
Wohnungswesen als Aufsichtsratsvorsitzendem nach den
Presseveröffentlichungen von der Gesellschaft gegeben
worden sind — ich sehe es auch in der Sache nicht —, ist
die Personaleinstellung allein unter dem Gesichtspunkt der
fachlichen Qualifikation getroffen worden.
Nun zu Frage 3 Ihrer Großen Anfrage. Der Regierende
Bürgermeister hat seine Handlungen und seine Motivatio
nen im Zusammenhang mit dem vorgesehenen Wechsel
von Senatsdirektor Schwäbl zur Berliner Stadtreinigung
vor dem Abgeordnetenhaus am 26. Februar 1976 darge
stellt. Im Zusammenhang mit einem Interview, das der
stellvertretende ÖTV-Vorsitzende der „Berliner Stimme“
gab, sind Fragen gestellt worden. Herr Steputtis hat in
zwischen in der gleichen Zeitung einige Klarstellungen ge
geben, weil, wie er darin schreibt, „seine Aussage zum
Problem Dieter Schwäbl sonst ins Gegenteil verkehrt wer
den könnte“. Dies ist der Wortlaut seiner Klarstellung:
Die politische Verantwortung des Regierenden Bürger
meisters in Sachen Schwäbl habe ich hergeleitet aus
seinen Aussagen, die er am 26. Februar 1976 vor dem
Abgeordnetenhaus gemacht hat.
— Ich zitiere wörtlich, dies ist immer noch das Zitat von
Steputtis. In diesem Zusammenhang ist öffentlich und, wie
ich heute erkläre, zu Recht kritisiert worden — das ist
also das, was ich hier gesagt habe —, daß der damalige
Senator Liehr mit meiner Zustimmung bereit war, eine
Verwendung von Senatsdirektor Schwäbl an anderer Stelle,
im Bereich der BSR also, zu gestatten. Ich habe dazu schon
gesagt, daß ich heute der Kritik an dieser Maßnahme zu
stimme. Jetzt fährt Herr Steputtis fort:
Klaus Schütz hat dann in seiner Erklärung zwar seine
Motive erläutert, dies ändert aber nichts an der Tat
sache, daß es seine politische Entscheidung war, dem
Vorschlag von Harry Liehr zuzustimmen, Dieter
Schwäbl als Personaldirektor bei der BSR vorzuschla
gen. Worum es ging, war, festzustellen, daß diese poli
tische Entscheidung des Regierenden Bürgermeisters
nicht auf den Gesamtpersonalrat bei der BSR ver
lagert werden kann. Selbstverständlich muß der Re
gierende Bürgermeister, nachdem seine politische Ent
scheidung, dem Vorschlag von Harry Liehr zuzustim
men, gefallen war, sich auf den Beschluß des Gesamt
personalrats der BSR stützen. Nur so sind die Kon
takte zur Personalvertretung der BSR zu sehen.
~~ Dies ist das Ende des Zitats aus dem Brief von Herrn
Steputtis.
Zu den weiteren Punkten Ihrer dritten Anfrage habe ich
folgende Stellungnahme der Geschäftsleitung der Berliner
Stadtreinigung erhalten:
Der Gesamtpersonalrat hat ln seiner Sitzung am
18. Februar 1976 den einstimmigen Beschluß gefaßt,
die betrieblichen Arbeitnehmer im Verwaltungsrat zu
beauftragen, Senatsdirektor Schwäbl für die zu be
setzende Stelle eines Geschäftsleiters für personelle
und soziale Angelegenheiten zu gewinnen. Das Gre
mium legte Wert darauf, daß noch am gleichen Tage
eine endgültige Entscheidung hierüber gefällt wird.
Aufgrund des vorerwähnten Beschlusses haben sich
die vier betrieblichen Arbeitnehmervertreter, die Her
ren Dahlmann, Dorn, Emst und Zlewan zu Herrn Se
natsdirektor Schwäbl begeben und ihm den Posten
angetragen. Herr Schwäbl hat seine Zustimmung von
der Billigung seines Senators, des Regierenden Bürger
meisters und des Verwaltungsrats der BSR abhängig
gemacht. In dem abschließenden Gespräch, das im Bei
sein von Herrn Schwäbl beim zuständigen Senator,
Herrn Liehr, geführt wurde, hat dieser seine Einwilli
gung von der Zustimmung des Regierenden Bürger
meisters abhängig gemacht. Nach einem Telefonge
spräch, das in Abwesenheit der vier betrieblichen Ar
beitnehmervertreter und von Herrn Schwäbl geführt
wurde, teilte Herr Liehr sein Einverständnis und das
Einverständnis des Regierenden Bürgermeisters mit.
(Abg. Diepgen: So schnell geht das!)
Dies sind die drei Fragen, die gestellt wurden und die ich
zu beantworten versucht habe — wie ich hoffe, zufrieden
stellend.
(Zuruf von der CDU: Nein!)
Die Opposition hat ihre Große Anfrage unter die Über
schrift „Filzokratie in Berlin“ gestellt. Sie hat es für rich
tig gehalten, eine Frage In der Form einer Behauptung zu
stellen. Lassen Sie mich, nachdem ich zu den einzelnen
Punkten der Anfrage geantwortet habe, einige grundsätz
liche Bemerkungen machen.
Die eine ist: Ich antworte hier für den Senat, also nicht
in dem Sinne für die SPD allein. Und deshalb will ich jetzt
im Augenblick auch nicht auf die Fragen eingehen, die von
seiten der Opposition an die Sozialdemokraten im engeren
Sinne gestellt worden sind, obwohl — darf ich das noch mal
sagen —- ich nicht zu denen gehöre, die diese Wortspiele
mit Namen für sinnvoll halten. Die gibt es in allen Par
teien, ich gehöre nicht zu denen, die solche Wortspiele für
schick halten. Ich werde mich auch in Zukunft daran nicht
beteiligen. Aber was die Frage der Meinungs- und Willens
bildung, der Entscheidungsbildung in der SPD betrifft, so
kann man sich sicher hier und an anderem Ort dazu
äußern. Und Sie werden sich wundem, wie kräftig die
Sozialdemokraten gerade ln Berlin noch immer sind.
Allgemein verweise ich auf das, was ich in der Debatte
um den Rücktritt Harry Liehrs vom Amt des Senators für
Verkehr und Betriebe gesagt habe. Ich habe deutlich ge
macht, daß der Senat jedem Hinweis nachgehen wird, der
auf eine Besetzung von Positionen deuten könnte, die
nicht sachgemäß, die von anderen als der Aufgabe dienen
den Erwägungen bestimmt war. Aber ich weise ganz ent
schieden den Versuch zurück — und dies geschieht hier
schon durch die Wortwahl bei der Überschrift der An
frage —, Verdächtigrungen und Behauptungen zu Tat
sachen umzustilisieren. Ich weise diese allzu vordergrün
dige Taktik vor allem deshalb zurück, weil sie praktisch
jeden, der in dieser Stadt und in der Verwaltung dieser
Stadt mitarbeitet und vorankommt, dem Verdacht oder der
Schmähung aussetzt, er habe dies weniger seiner fach
lichen Leistung als vielmehr anderen Tatsachen zu danken.
Und ich stelle fest: Wir können uns in Berlin glücklich
schätzen, denn wir haben in unserer Verwaltung Mitarbei
terinnen und Mitarbeiter, die sehr wohl wissen, daß es ein
Vorankommen ohne Leistung nicht geben kann.
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Dabei verkenne ich nicht, daß es Schwierigkeiten oft ge
nug schon bei dem Versuch gibt, objektive Leistungskrite
rien zu finden. Das ist ein Problem nicht nur in der öffent
lichen Verwaltung und nicht nur in Berlin. Ich verkenne
auch nicht, daß die Mitgliedschaft in der einen oder ande
ren politischen Partei in manchen Überlegungen bei der
Besetzung von Positionen mitgespielt hat und mitspielt. Ich
sage ausdrücklich; ln der einen oder anderen Partei, und
ich erinnere in diesem Zusammenhang daran, daß der Be
griff der Filzokratie in einer Zeit geprägt wurde, als die
CDU mit in der Regierungsverantwortung hier in der
Stadt gestanden hat. Es war Erik Reger und sein „Tages
spiegel“, der damals der Allparteienregierung in Berlin
Ämterpatronage, Filzokratie großen Stils vorwarf und der
damit hier alle drei Parteien, die damals ln der Verant
wortung gestanden haben, gemeint hat. Das Proporzdenken
ln der Besetzung von Stellen war es, was damals von ihm
und anderen unter Filzokratie verstanden wurde. So lange.
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