Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
23. Sitzung vom 25. März 197G
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Präsident Lorenz: Herr Senator Korber!
Korber, Senator für Arbeit und Soziales: Herr Abgeord
neter Llppschütz, hier gilt dasselbe. Die nach dem Schul
verfassungsgesetz gewählten Elternvertreter sind in jedem
Fall gesetzlich unfallversichert, im Gegensatz zu den
Eltern, die aus privater Veranlassung heraus dem Schul
unterricht beiwohnen. Die Eltemvertreter sind ln einem
solchen Fall ebenfalls gesetzlich unfallversichert.
Präsident Lorenz: Keine Zusatzfragen?
Dann erteile ich das Wort dem Abgeordneten Krüger zu
einer Mündlichen Anfrage über Heim für Obdachlose.
Krüger (F.D.P.): Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Ich frage den Senat: Teilt der Senat
meine Auffassung, daß die Bezeichnung des Heimes in der
Buckower Chaussee 114 als „Aufnahme- und Durchgangs
heim Tempelhof“ den Bewohnern bei der Arbeitssuche zu
sätzliche Schwierigkeiten bereitet, und denkt der Senat
daran, diese Namensgebung zu ändern ?
Präsident Lorenz: Herr Senator Korber!
Korber, Senator für Arbeit und Soziales: Herr Präsident!
Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Krüger! Die
Bezeichnung „Aufnahme- und Durchgangsheim“ entspricht,
wie Sie wahrscheinlich wissen, der Aufgabenstellung dieser
Einrichtung. Eine andere Bezeichnung — das ist meine
Auffassung — würde eventuelle Schwierigkeiten bei der
Arbeitsaufnahme für die Bewohner wohl nur für kurze
Zeit vermindern. Aber entscheidend ist, daß für die Na
mensgebung ausschließlich das Bezirksamt zuständig ist;
denn es ist eine bezirkseigene Einrichtung, ein bezirks
eignes Heim und kein zentral verwaltetes, so daß also der
Senat, selbst wenn er wollte, gar nicht auf eine Änderung
drängen könnte.
Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Krüger!
Krüger (F.D.P.): Herr Korber, stimmen Sie mir zu, daß
dieses Durchgangsheim Tempelhof im Grunde genommen
ein Modellfall des Senats sein sollte für diese Kategorie
„Obdachlose“ ?
Präsident Lorenz: Herr Senator Korber!
Korber, Senator für Arbeit und Soziales: Modellfall im
Sinne eines Durchgangshelmes; aber das ändert doch nichts
an der Tatsache, daß wir nicht den Namen dieses Heimes
bestimmen können, denn es ist und bleibt ein Helm des
Bezirks. Wir sind also rechtlich gar nicht ln der Lage, dem
Heim einen anderen Namen zu geben, selbst wenn wir es
wollten.
Präsident Lorenz: Keine weiteren Zusatzfragen.
Das Wort hat der Abgeordnete Schulze zu einer Münd-
ächen Anfrage über Bekleidung bei Prüfungen an der
Fachschule für Verwaltung und Rechtspflege.
Schulze (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Trifft es zu, daß ein Bezirksamtsdirektor bei Prüfun
gen an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechts
pflege die Kleidung von Prüfern und Prüflingen beanstan
det hat?
2. Wenn ja: Hat der Senat vor, eine Kleiderordnung für
Prüfer und Prüflinge zu erlassen und gegebenenfalls den
Bezirksamtsdirektor von Steglitz an der Ausarbeitung zu
beteiligen ?
Präsident Lorenz: Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Neubauer.
Neubauer, Senator für Inneres: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Es trifft zu, daß ein Bezirksamts
direktor bei der Prüfung durch eine Prüfungskommission,
die im Auftrag des Prüfungsausschusses beim Senator für
Inneres den mündlichen Teil der Prüfung für den gehobe
nen nichttechnischen Verwaltungsdienst im Fach Sozial
psychologie bzw. Soziologie im Gebäude der Fachhoch
schule für Verwaltung und Rechtspflege abgenommen hat,
die Kleidung von Prüfern und Prüflingen beanstandet hat.
Als das für diese erwähnten Prüfungen verantwortliche
Senatsmitglied — um das gleich zu sagen — habe ich nicht
die Absicht, eine Kleiderordnung zu erlassen. Hätte ich sie
aber, würde ich keinen Bezirksamtsdirektor heranziehen,
sondern mindestens auf den Level von Oestergaard oder
ähnliches gehen wollen.
(Zurufe: Ooh! —
Abg. Lummer; Wenn schon, dann bitte Berliner!)
Ich habe aber nicht die Absicht, eine Kleiderordnung zu
erlassen, weil Prüfungen früherer Kleiderordnungen — die
gab es nämlich mal — gezeigt haben, daß die Entwicklung
dort auch gar nicht aufzuhalten war. Denn in früheren
Kleiderordnungen begann das einmal mit dem Stresemann,
mit dem man dort bei Prüfungen zu erscheinen hatte.
(Zurufe: Sehr gut! — Das waren noch Zeiten! —
Oben ohne!)
— Das weiß ich nicht. Die Prüfer und Prüflinge waren —
wie die Ergebnisse der Prüfungen gezeigt haben — auch
nicht intelligenter als die, die heute geprüft werden.
(Heiterkeit)
Ich habe also nicht die Absicht, eine solche Kleider
ordnung zu erlassen. Aber — um Mißverständnisse aus-
zuschließen — ein Mindestmaß an Äußerlichkeiten ist
natürlich zu fordern und sollte beachtet werden, das heißt,
um die Grundübereinstimmung herzustellen: Sie müssen
bekleidet sein, wenn sie zur Prüfung kommen.
(Heiterkeit und Beifall)
Darüber gibt es auf keinen Fall Streit, und da fängt es
schon an, schwieriger zu werden.
(Zuruf: Badehose genügt!)
Denn die Beanstandung bestand unter anderem darin, daß
einer der Prüfenden eine Hose — gegen diese korrekte
Hose ist nicht Einspruch erhoben worden — und einen
Pullover anhatte.
(Abg. Boehm: War der gewaschen?)
Nun, da fängt man eben an, darüber nachzudenken:
Reicht das aus für eine Prüfung? Oder müßten dem noch
andere Kleidungsstücke hinzugefügt werden? Weil das
eben so schwierig ist — das können weder Juristen klären,
noch kann das durch Geschmacksabstimmungen festge
stellt werden —, kommt die Kleiderordnung also nicht in
Frage. Ich werde trotzdem darauf achten — um das noch
einmal abschließend zu sagen —, daß das Benehmen dort
auch bei Prüfungen so ist, daß man davon ausgehen kann,