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Volume Nr. 23, 26.02.76

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1976, 7. Wahlperiode, Band II, 20.-45. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
23. Sitzung vom 20. Februar 1970 
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hü, mal hott hieß —, um die Einrichtungsdarlehen, um die 
Haltung des Rechnungshofes zum Kongreßzentrum — die 
uns ohnehin noch irgendwann beschäftigen wird — und 
wohl auch, wie mir jedenfalls scheint, um die Haltung des 
Regierenden Bürgermeisters, nachdem die sowjetischen 
Bürgermeister einen Besuch in Berlin abgesagt hatten. 
Das ist kein unendlich tröstliches Bild, was hier der Se 
nat bietet, wenn man nur mal einige Zeilen aus einigen 
Zeitungen sieht. — Wenn ich mal zitieren darf: „Reaktion 
der SPD ein starkes Stück“, „Schütz ließ Schwäbl wie 
einen heißen Teller fallen“, „Korber schoß Striek ab“ — 
heute —, „Herz wirkte mit" — nicht dabei, sondern bei 
einer anderen Sache —, 
(Heiterkeit) 
„Ein Fall für die Stadtreinigung“ und einiges mehr. — Es 
gibt vielerlei Überschriften, die es bis zu einem gewissen 
Grade amüsant machen, sie hier zu zitieren. Aber die 
Sache ist zu ernst, als daß man es vielleicht ganz dort 
hinbringen sollte. Es ist so, daß — so meine ich — für 
diese Auseinandersetzungen, die vorhanden sind, diese 
Schwierigkeiten, die immer wieder entstehen auf Grund 
nicht ausreichender Koalitionsbasis und auf Grund von 
Verfilzungen, sehr viel — vielleicht im schlichten Sinne — 
handwerkliche Kraft, Zeit und Kraft aufgewandt werden 
müssen, um diese Probleme zu erledigen, die natürlich alle 
samt dem eigentlichen Regieren für diese Stadt verloren 
gehen. Diese Stadt braucht aber gerade heute eine Regie 
rung, die stabil ist, die eifrig ist und die frei von inneren 
Querelen ist. Diese Regierung ist es nicht. Diese Regierung 
zerreibt sich an dem Sand, den sie selber ln das Getriebe 
befördert hat. 
(Beifall bei der CDU) 
Es sind da alle Zeichen des Verbrauchtseins feststellbar. 
Und darüber sollten die Betroffenen — manche haben es 
ja schon getan — ernsthaft nachdenken und wohl auch 
ernsthafte Konsequenzen ziehen. 
Hier ist also, so scheint mir, ein hohes Maß an Verfilzun : 
im Spiel, und wir müssen versuchen, Licht da hineinzubrin 
gen. Das ist keine einfache Aufgabe, denn wenn man diesen 
Begriff — er kommt ja nicht von ungefähr — schon ver 
wendet, und das ist ja traditionell häufig genug geschehen, 
dann muß man sich vielleicht auch mal erinnern, was das 
denn eigentlich bedeutet, dieser Charakter eines solchen 
Werkstoffes. Er hat ja auch wohl einen bildhaften Bezug 
zu dem, was hier vor sich geht. Und Filzherstellung und 
Herstellung oder Errichtung von Filzokratie ist wohl etwas, 
was vergleichbar ist. Beim Filz jedenfalls geht es aufgrund 
einer lexikalischen Aussage so vor sich: 
Nach systematischer Vorarbeit werden die gekrempel 
ten 
(Zuruf des Abg. Hucklenbroich) 
— Herr Hucklenbroich — 
geschuppten und gekräuselten Fasern — meist vom 
Schaf — 
— meist — 
(Heiterkeit bei der CDU) 
— wenn es ein guter Filz ist — 
in der Filzerei miteinander kräftig verhakt, bis sie 
gleichsam ineinanderkriechen und die jeweils ge 
wünschte außerordentliche Verfestigung erreichen. 
(Allgemeine Heiterkeit — Beifall bei der CDU) 
Nun heißt es im Ergebnis dann so: 
Der so fabrizierte Filz zeichnet sich durch hohe Spalt 
festigkeit und nur geringe Abriebsmöglichkeiten aus. 
Das ist es, worum es geht. 
(Heiterkeit bei der CDU) 
Ich sage, unter solchen Voraussetzungen ist es natürlich 
schwierig, Klarheit hineinzubringen in die Situation. Aber 
genau darum geht es, wenn man ernsthaft den Versuch 
machen will, einige Probleme zu lösen, vor denen wir 
stehen. Und es ist noch eine Reihe von Dingen hier einfach 
politisch zu bewerten und auch bezogen auf das Handeln 
der Personen zu bewerten. — Stichworte wieder: Da war 
die GFö, ein Kind, das in den Brunnen fiel, aber nicht ohne 
Kosten für das Land Berlin. Da wurden zwei — wie mir 
schien, von vornherein aussichtslose — Prozesse in Szene 
gesetzt, um sein Prestige zu wahren, jedenfalls war das der 
Versuch. Aber man scheiterte. — Da bleibt doch die Frage 
einfach, wie sich denn der Senat verhalten hat bei dieser 
Entscheidung, solche Prozesse zu führen. Gibt es denn da 
keine Juristen im Senat? Vielleicht hat der Justizsenator 
sich dazu geäußert ? Ich würde gern wissen, wie er sich 
dazu geäußert hat. Es wäre mal interessant zu wissen, 
denn ein relativer Laie konnte schon ohne prophetische 
Begabung sagen, daß diese Prozesse in die Hose gehen. 
Einen haben Sie zurückgezogen, im andern ist das Ergebnis 
seit gestern bekannt. Es konnte gar nicht anders sein. 
Und es gibt eine Reihe widersprüchlicher Aussagen, die wir 
klären müssen. 
Ich sage das auch hier in aller Deutlichkeit: Man kann 
zu Personalentscheidungen diese oder jene Meinung haben. 
Es kann auch sein, daß man aus bestimmten internen 
Gründen den Direktor einer Porzellanmanufaktur aus 
wechseln muß. Das kann alles Vorkommen. Aber mit faden 
scheinigen Vorwänden eine Begründung für eine Kündi 
gung herbeizuzaubem, herbeizureden, dies ist mehr als 
peinlich. Und genau das aber ist hier geschehen, und das 
nicht einmal zum Schaden des Betroffenen, sondern zum 
Schaden der Porzellanmanufaktur. Wenn man dabei mit 
bedruckten Rändern und so einem Zeug operiert: Da gibt 
es doch genug Hinweise, Gutachten, Informationen, was man 
da tun kann, um den Begriff „Manufaktur“ zu erhalten. 
Wenn man gerade einen Prozeß gewonnen hat, warum 
sollen wir dann ohne Not unsere eigene Manufaktur in die 
Pfanne hauen, bloß weil jemandem eine Visage nicht paßt 
oder weil man da jemanden los werden will ? 
(Beifall bei der CDU) 
Das kann doch nicht der Sinn der Sache sein. 
Das sind die Dinge, um die es hier geht. Es geht also, 
wenn ich das mal so zusammenfassend sagen darf, um die 
Rollenverteilung, es geht um die rechte Zuordnung zwi 
schen Verfehlungen auf der einen und den Personen auf 
der anderen Seite, die sie möglicherweise begangen haben 
und die in diesem oder jenem Umfang Verantwortung 
tragen. Und es geht generell darum, daß wir diesen Geruch 
und Beigeschmack von Verfilzung los werden im Interesse 
nicht nur einer Partei, aber auch in deren Interesse, denn 
ein Staat, eine Demokratie, eine parlamentarische Demo 
kratie, ist immer so gut wie die Parteien. Es geht also auch 
um den Staat und um die Parteien. Ich darf noch einmal 
abschließend hier erinnern an das Wort, das damals offen 
bar viele in den Wind geschlagen haben, und wir haben ja 
hier darüber geredet im Parlament, und „das hat der Bun 
deskanzler gar nicht so gemeint", hat Herr Neubauer 
damals gesagt. Aber der Bundeskanzler hat eben gesagt 
und es auch wohl so gemeint, jedenfalls die Wirklichkeit 
hat ihn in diesem Punkte — nicht ln allem, worüber er 
gesprochen hat — bestätigt. Er sagte damals — ich zi 
tiere —: 
Ebenso, denke ich, muß man deutlich erkennen, daß 
das, was hier mit dem Stichwort „Verfilzung“ oder mit 
Skandalen angedeutet wurde, Ämterpatronage, eine 
schreckliche Rolle spielt. Hier in Berlin, bei mir zu 
Hause in Hamburg, in Hessen, das ganze Ruhrgebiet 
ist eine Brutstätte für kommunale Ämterpatronage. 
Dies ist sehr abträglich. Das hat mit Sauberkeit, die 
uns früher einmal nachgesagt wurde, nicht mehr viel 
zu tun. 
— Das ist das Zitat. Damit sind wir beim Thema — im 
doppelten Sinn des Wortes, versteht sich — „Reinigung der 
Stadt" oder „Stadtreinigung“. Mit diesem Thema sollten
	        
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