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Volume Nr. 23, 26.02.76

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1976, 7. Wahlperiode, Band II, 20.-45. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
23. Sitzung vom 26. Februar 1976 
877 
Man kann also ohne Bewertung methodisch feststellen, 
daß in der Frage von Verfassungsänderungen die CDU 
eine mehr zur Änderung bereite und die Fraktionen der 
Regierungskoalition eine mehr beharrende Haltung ein 
nehmen. Entsprechend verlief die Abstimmung im Justiz 
ausschuß. Der Antrag der CDU wurde mit den Stimmen 
der beiden Fraktionen der Regierungskoalition abgelehnt. 
— Ich danke Ihnen! 
(Beifall bei der CDU) 
Stellv. Präsident Sickert: Eine Berichterstattung für den 
Verfassungsausschuß wird nicht gewünscht. Ich eröffne 
die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Rastem- 
borski. 
Rastcmborski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen 
und Herren! In der Zeit zwischen der I. Lesung dieses von 
uns eingebrachten Initiativantrages und der heutigen 
II. Lesung hat die Wahl des Kammergerichtspräsidenten 
dann nun doch stattgefunden, und der dort Vorgeschlagene 
ist mit einer sehr großen Mehrheit gewählt worden, mit 
einer Mehrheit von mehr als zwei Dritteln dieses Hauses. 
Wir dürfen im Anschluß an diesen Wahlakt wohl mit Ge 
nugtuung feststellen, daß hier ein fähiger und in der Lei 
tung einer wichtigen Behörde erfahrener Jurist gefunden 
wurde. Wir dürfen weiter mit Genugtuung feststellen, daß 
der Vorgeschlagene mit einer sehr breiten Mehrheit dieses 
Hauses in sein Amt berufen wurde, womit, meine ich, 
durchaus dokumentiert ist, daß dieses Parlament in einer 
Situation parteipolitischer Polarisation sich durchaus in 
der Lage findet, in einem solchen Bereich eine gemeinsame 
Verantwortung zu tragen. 
Meine Fraktion glaubt weiter, mit einer gewissen Ge 
nugtuung feststellen zu können, daß der Senat im Verlauf 
dieses zunächst zweifelhaften Auswahlverfahrens einen ge 
wissen Lernprozeß durchlaufen hat, wie man solche Ent 
scheidungsvorgänge handhaben und zu einem guten Ende 
führen soll, daß es nämlich für alle Beteiligten und auch 
für die Sache dienlicher ist, Vorschläge auch der Opposition 
zur Kenntnis zu nehmen und in die Überlegungen mit ein 
zubeziehen. 
Wenn ich Sie, meine Damen und Herren von den Koali 
tionsfraktionen in der Beratung der I. Lesung und auch in 
den Ausschußberatungen richtig verstanden habe — — 
Stellv. Präsident Sickert: Herr Abgeordneter Rastem- 
borski, gestatten Sie eine Zwischenfrage? 
Rastemborskl (CDU): Ja. bitte! 
Stellv. Präsident Sickert: Bitte, Herr Abgeordneter 
Wronski! 
Wronski (CDU): Herr Kollege Rastemborski, haben Sie 
eigentlich bemerkt, daß von der zuständigen Senatsver 
waltung Justiz überhaupt keiner da ist? Haben Sie nicht 
den Eindruck, daß Sie zu leeren Bänken sprechen ? 
(Beifall bei der CDU) 
Rastemborski (CDU): Herr Kollege Wronski, ich danke 
Ihnen für diesen Hinweis. Dies zeigt wohl, daß der von mir 
erhoffte Lernprozeß dann nun doch nicht in der Konse 
quenz bei dem zuständigen Senatsmitglied stattgefunden 
Stellv. Präsident Sickert: Gestatten Sie eine weitere 
Zwischenfrage, Herr Abgeordneter Rastemborski ? 
Rastemborski (CDU): Ja, bitte! 
Stellv. Präsident Sickert: Bitte, Herr Abgeordneter 
Rheinländer! 
Rheinländer (SPD); Herr Kollege Rastemborski, sind 
Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, daß die Senatsdirek 
toren nur während der Fragestunde Platz auf der Regie 
rungsbank nehmen müssen und daß sich der zuständige 
Senatsdirektor im Plenarsaal aufhält. 
(Beifall bei der SPD) 
Rastemborski (CDU); Ich wäre dankbar, wenn dann 
wenigstens ein anderes Senatsmitglied, das hier anwesend 
ist, bereit wäre, diese Ausführungen der antragstellenden 
Fraktion zur Kenntnis zu nehmen. 
(Unruhe bei der SPD) 
Meine Damen und Herren von der 
Stellv. Präsident Sickert: Herr Abgeordneter Rastem 
borski, gestatten Sie eine weitere Zusatzfrage ? 
Rastemborski (CDU); Ach nein, ich möchte jetzt nun 
doch meine Ausführungen zu Ende bringen. 
(Heiterkeit bei der SPD) 
Meine Damen und Herren von den Koalitionsfraktionen, 
Ihr Verhalten bestätigt mir im voraus, 
(Zuruf von der SPD: Ist doch Ihr Verhalten! — 
Weitere Zurufe von der SPD) 
was ich hier darstellen will. 
(Heiterkeit bei der SPD) 
Sie werden sich nach dem Wahlakt, den wir im Dezem 
ber schließlich mit so gutem Ergebnis vollzogen haben, 
wahrscheinlich einreden: Es ist ja eigentlich alles in Ord 
nung, die bisherige gesetzliche Regelung hat sich bewährt 
und sollte so bleiben. — Wir halten eine solche Schluß 
folgerung einfach für naiv, sie ist nicht juristisch konse 
quent, sie ist auch politisch nicht vertretbar. Für jeden, 
dem es ernstlich darum geht, das Ansehen und die Distanz 
der Justiz zu den politischen Entscheidungsprozessen in 
der Legislative zu wahren, kann es, meine ich, aus den 
Vorgängen des vergangenen Sommers einschließlich des 
dann letztendlich gelungenen Wahlaktes nur die Konse 
quenz geben, daß das, was hier dann doch gut gelaufen 
ist, zur gesetzlichen Regel wird. 
(Beifall bei der CDU) 
Ein solches Verfahren — und da lassen Sie mich die we 
sentlichen und tragenden Argumente unserer Seite noch 
einmal zusammenfassen — verhindert künftige Fehlgriffe 
des Senats, und ein solches Verfahren verhindert eine pein 
liche kontroverse Personaldebatte in der Öffentlichkeit. 
Ich möchte ln diesem Zusammenhang noch einmal aus 
drücklich festhalten, daß nicht wir es waren, die diese 
Personaldebatte angefacht und in die Öffentlichkeit — 
peinlicherweise — getragen haben. 
(Abg. Schmitz: So ist es!) 
Das von uns gewünschte Verfahren zwingt die Verant- 
llchen in jedem Fall, eine sorgfältige Auswahl zu treffen 
und eine Auswahl nach rein fachlichen und sachlichen Ent 
scheidungskriterien. Dies ist mit der bisher gültigen so 
genannten kleinen Qualifizierung — nämlich absolute
	        
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