Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
45. Sitzung vom 10. Dezember 1976
macht auch Fehler, und die dürfen kritisiert werden, aber
nicht in der Form, die Sie hier gewählt haben,
(Beifall bei der SPD)
daß sie grundsätzlich die Fähigkeit dieser Regierung und
der sie tragenden Parteien in Frage stellen, eine ordnungs
gemäße Verwaltung dieses Landes sicherzustellen. Um
das in aller Klarheit hier auszuführen: Das überschrei
tet — um es noch einmal zu betonen — die Grenzen.
Ich sagte, wir stehen vor einem schwierigen Etatjahr.
Sie haben die Kritik der Opposition im wesentlichen auf die
Kritik der Einnahmenseite gelegt.
(Abg. Feilcke; Wie hätten Sie denn die Kritik gern?)
Das müßte eigentlich für eine Regierung beruhigend sein;
denn wenn die Ausgabenseite nicht mehr kritisiert wird
— und sie ist hier nur sehr mager kritisiert worden —,
zeigt dies, daß Sie hinsichtlich der Ausgabenseite kein
politisches Altemativprogramm anzudienen haben; das
war bei vielen Einzelhaushalten feststellbar. Wenn wir
heute zu günstiger Zeit abzukommen vermögen, hat es
auch etwas damit zu tun, daß wir
(Abg. Diepgen: Daß die Senatoren keine Möglichkeit
hatten, auf die Kritik etwas zu erwidern!)
— Nein, daß sie häufig keine Veranlassung hatten, darauf
zu reagieren; so wird ein Schuh draus, Herr Abgeordneter
Diepgen!
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Denn es gibt ja genau das, was Herr Abgeordneter Lorenz
soeben gesagt hat; es gibt eine Schwelle der Kritik, die so
über die Hutschnur geht, daß man sich pflichtgemäß
äußern muß, und es gibt eine Art von Kritik, wo man sagt:
Das haben sie umsonst, das müssen sie tun, damit jeder
zu seinem Recht kommt, aber in der Sache bringt es nichts
Neues. Und deshalb wollen wir Sie nicht auf halten in Ihrer
Zeitplanung mit längeren Redebeiträgen von Senatoren,
(Abg. Diepgen: Und da fühlen Sie sich
als Hochspringer!)
wenn sie nur anmerken könnten, daß sie der pflichtgemä
ßen Kritik der Opposition gar nichts kommentierend ent
gegensetzen wollen.
(Abg. Luster; Jetzt halten Sie uns wirklich auf!)
— Herr Abgeordneter Luster, Sie haben doch bald den Zug
nach Bonn, den Augenblick werden Sie sich doch noch in
Berlin gedulden. Sie können doch dann die große Politik
für unsere Stadt dort
(Abg. Luster: Bieten Sie mir doch noch was Niveau
volleres zum Schluß! — Heiterkeit und Beifall
bei der CDU)
— Darf ich das sagen; Warum sollte ich Ihnen mehr bieten
als Sie erwartet, Herr Luster ?
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Sie müßten ja eine Klimaveränderung hinnehmen, die
geradezu Nein, das würde ich nie für Sie wünschen.
So, wie wir Sie in Erinnerung haben, als einen der nette
sten Unterstützer der Regierung durch Zwischenrufe, die
uns immer Gelegenheit gaben, uns anständig zu revanchie
ren, verdienen Sie es nicht, hier unanständig zum Abschluß
verabschiedet zu werden. Das muß gesagt werden, Herr
Luster. Wir können nicht jeden auf diese Weise so persön
lich ehren — das werden Sie zugeben —, aber es war mir
wirklich ein Bedürfnis, das wenigstens für Sie zu tun.
Ich hatte gesagt: von der Einnahmeseite her. Und da
fällt ein Argument auf — zur Bundeshilfe haben wir uns
ausreichend und abschließend geäußert —, daß Sie sagen:
Was wir noch nicht in der Tasche haben, das können wir
hier auch nicht verplanen. — Das ist ein merkwürdiges
Haushaltsverständnis. Wer so argumentiert — und das sei
für die gesagt. Herr Diepgen, die so aus der zweiten Reihe
dann mithalfen, hier Haushaltsdebatten zu führen —, dürfte
uns eigentlich nicht zumuten, überhaupt einen Haushalt am
Anfang eines Jahres zu verabschieden, denn weder haben
wir zu diesem Zeitpunkt die Kreditmarktmittel aufgenom
men noch haben wir die Bundeshilfe kassenmäßig verein
nahmen können; und das Wichtigste: Die Steuerzahler ha
ben auch noch nicht gezahlt. Und da wird es nämlich
merkwürdig, denn das sind alles Erwartungshaltungen, die
wir zugrunde legen. Beim Kreditmarkt legen wir zugrunde,
daß er weiter so flüssig bleibt wie bisher, bei der Bundes
hilfe, daß die Bundesregierung weiter so freundlich ist wie
bisher, bei den Steuern, daß die Steuerzahler in genügen
der Großzügigkeit uns das — gemessen an den Erwartun
gen — in die Kassen zahlen. Mit solch einem Einnahme-
und Deckungsverständnis für den Haushalt — um Ihnen
dies zu sagen — können wir uns auch in Zukunft nicht
ernsthaft auseinandersetzen.
Was die Einzelpunkte der Kritik angeht, so steht es
sicher dem Senator für Finanzen nicht zu, das noch einmal
Revue passieren zu lassen. Wir haben uns an vielen Stel
len in diesem Hause auseinandergesetzt.
Am Schluß muß gesagt werden: Für Harmonie besteht
nach dieser Debatte gewiß kein Anlaß. Aber der Senator
für Finanzen hat Dank zu sagen für die konstruktive Auf
nahme des Haushaltsanschlages, wie sie seitens des Hau
ses in vielen Debatten, unter vielfältiger Bereitschaft aller
Angehörigen aller Fraktionen, sich dort einer immensen
Anstrengung und Arbeitsleistung zu unterwerfen, erbracht
worden ist. Ich habe zu danken für die freundliche Auf
nahme, die der Haushaltsanschlag des Senats, trotz der
politischen Kontroversen, wie sie hier — und fast abseitig
davon — geführt worden sind, gefunden hat. Ich habe
meinerseits auch dafür zu danken, daß manche Schwierig
keiten, die der Senat bei der Haushaltswirtschaft dieses
Jahres nur mit dem wohlwollenden Verständnis des Hauses
hat überbrücken können, von seiten des Hauses, und wieder
übergreifend von allen Fraktionen, gemeistert worden
sind. Und das gibt mir zum Abschluß die Hoffnung, sagen
zu können, daß wir wahrscheinlich nicht immer in Zukunft
mit solchen Debatten konfrontiert werden, sondern daß ein
Teil des Geistes, der in den Hauptausschußberatungen im
mer wieder deutlich geworden ist, nämlich daß alle im
Rahmen dieser Beratung und sicher auch im Rahmen der
Beratung in den Fachausschüssen das Wohl dieses Landes
und seiner Bürger im Auge haben, auch ausstrahlen möge
auf die Plenardebatten, die dem Abschluß des Haushalts
dienen, und die Plenardebatten, die der Erörterung einzel
ner Sachverhalte dienen. Ich hoffe, Sie verargen dem Fi
nanzsenator nicht diesen Wunsch an dieser Stelle. Dann
braucht uns nämlich nicht nur um den Haushalt des
Landes Berlin nicht bange zu sein, sondern auch nicht um
ein Klima, mit dem sich dann Politik über die Grenzen der
Fraktionen hinweg in diesem Lande zum Wohl dieser Stadt
machen läßt. — Danke schön!
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Stellv. Präsident Baetge: Das Wort hat der Abgeordnete
Lummer.
Lummer (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Wir hätten gern dem Herrn Senator das Schluß
wort zum Haushalt überlassen, aber es gab bei ihm wohl
einen Punkt, der eine kurze Erwiderung verdient. Er hatte
gefragt, ob es beim Haushalt, wenn man ihn diskutiert,
gelegentlich um mehr gehe, als nur um den Haushalt 1977.
Dies kann man gewiß bestätigen. Bei einer solchen Dis
kussion steht immer auch Politik in ihrer Gesamtheit zur
Diskussion, wie es der Kollege Lorenz gesagt hat, was mit
dem Geld geschieht, für welche Zwecke und mit welchen
Methoden es verwendet wird. Das ist doch eben die Frage,
die sich hier zum Schluß stellt.
Sie haben gewünscht, vielleicht ein wenig gebeten darum
— weil Sie an einer bestimmten Stelle verletzt sind, das
verstehe ich —, wir möchten Ihnen doch wenigstens den
1978