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Volume Nr. 18, 12.12.75

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1975, 7. Wahlperiode, Band I, 1.-19. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
18. Sitzung vom 12. Dezember 1975 
710 
Ich glaube, alle Parteien in diesem Hause werden sich 
darin einig sein, wenn wir dem Herrn Bausenator - und er 
weiß, daß das ein Vertrauensvorschuß ist und keine Kritik - 
in diesem Zusammenhang - noch einmal Denkanstöße 
geben, damit er nicht nur andenken läßt, das ist hoffentlich 
schon geschehen, sondern nachdenken läßt in seinem Hause, 
ob das nicht künftig geändert werden kann. Ich beschränke 
mich bewußt auf diese kleineren Projekte, die wir in der 
letzten Runde vorhatten. Wir könnten in der mittleren 
Preislage Projekte, die wir gemeinsam zurückgestellt hat 
ten - vielleicht geht Herr Diepgen noch darauf ein -, hier 
auch in die Diskussion einführen. 
Um das einmal ganz deutlich zu sagen: die Frage, ob 
der Haushalt von Berlin ausgeglichen werden kann - und 
ob wir den einschlägigen Bestimmungen der Landeshaus 
haltsordnung Rechnung tragen können, darf nicht davon 
abhängen, ob einige gut dotierte und verantwortliche Mit 
arbeiter in der Bauverwaltung ihre Schularbeiten gründlich 
machen. Ich möchte hier sagen - wir waren uns im Aus 
schuß darüber einig -, daß es eine solche Politik, nach 
dem Motto „Wenn wir den Fuß in der Tür haben und nach 
her irgendeine Begründung liefern, dann ziehen wir die 
Parlamentarier schon über den Tisch“, nicht geben darf, 
sondern daß das, was wir beim Bauvorhaben Tegel an 
gefangen haben, künftig mit noch größerer Konsequenz 
und Härte durchexerziert werden muß. 
Es sind aber nicht nur die Mehrkosten, die hier eine Rolle 
spielen, wenn wir uns über das Volumen des Haushalts 
unterhalten, es sind auch die Folgekosten, die hier in die 
Schelte einbezogen werden müssen. Mir ist unklar - um 
das Projekt der Mittelstufenzentren, das hier in die Debatte 
eingeführt war, noch einmal zu zitieren -, daß man unter 
dem Gesichtspunkt der Nutzen-Kosten-Analyse - die ist 
ja vorgeschrieben in der Landeshaushaltsordnung bei allen 
Projekten von größerer finanzieller Bedeutung - jetzt er 
schreckt vor der Erkenntnis steht, daß da 400 000 Mark 
allein für Strom anfallen; neben dem, was da an Wartungs 
kosten auf uns zukommt. Wenn man das im Stadium der 
Aufstellung der Unterlagen richtig durchspielt, wenn man 
da den § 19 beachtet, dann muß man so etwas abfangen 
können, dann muß man so etwas voraussehen können; - 
denn daß Gebäudeteile, die kein natürliches Licht erreicht, 
einen übermäßigen Aufwand an Strom erfordern, das liegt 
auf der Hand. Ich spreche dieses Beispiel deshalb an - 
andere will ich gar nicht durchrochnen, wie Lüftungsein 
richtungen und all das, was da noch auf uns zukommt 
weil ich sehe, daß das in Größenordnungen geht, bei denen, 
wenn das Licht bei diesen Prachtobjekten so weiterleuchtet, 
dann höchstwahrscheinlich woanders finanziell die Lichter 
ausgehen. 
Abschließend möchte ich sagen: Ich bin auch wegen der 
Folgekosten besorgt um die Bezirke, die diese Projekte 
bewirtschaften werden. Ich habe jahrelang miterlebt, wie 
wir im Haushaltsvollzug Sperren und Verfügungsbeschrän 
kungen realisieren mußten, die gerade auf diese Ausgabe- 
blöckc gelegt worden. Die gehen kaputt bei den nächsten 
Verfügungsbeschränkungen wegen der Mehrausgaben für 
diese Projekte. Ich glaube also, hier ist der dringende Appell 
am Platze, daß Investitionen, auch wenn es konjunktur- 
politisch notwendig ist, nicht einfach abgesegnet werden, 
sondern daß gerade im Bereich der Investitionen ange 
sichts der Erfahrungen der letzten Jahre genau darauf 
gesehen wird, daß sparsame Wirtschaftsführung Platz 
greift; denn hier geht es um Millionenbeträge von einer 
Größenordnung, die als Deckungslücke in diesem Haushalt 
offen bleibt. 
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD) 
Stellv. Präsident Baetge: Das Wort hat der Abgeordnete 
Franke. 
Franke (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her 
ren! Der Herr Kollege Boehm wird sich nachher mit den 
leider sehr unsachlichen und weitgehend auch unqualifizier 
ten Ausführungen des Finanzsenators zum Thema Woh 
nungsbaufinanzierung zu befassen haben. Insofern hoffe 
ich, daß er hierbleibt. 
(Beifall bei der CDU) 
Denn wir haben ja leider zu verzeichnen, daß er zu diesem 
Thema bisher immer nur mit Polemik antworten konnte. 
Ich fürchte jetzt mit der Zeit beinahe, daß es ihm an Sach 
kenntnis fehlt, obwohl ich meine, er müßte sie eigentlich 
haben, auf Grund seiner Vorbildung. 
Aber, Herr Senator Ristock, Sie haben hier den untaug 
lichen Versuch gemacht, so gewissermaßen einen Kei! zu 
treiben zwischen den Flügel Bauausschußmitglieder der 
CDU und Bezirksverordnete der CDU. Das klappt bei uns 
nicht. Das mag in Ihrer Partei möglich sein, bei uns funktio 
niert das nicht, und ich werde Ihnen auch sagen, weshalb. 
Wenn Sie anschneiden Vierter Ring, wenn Sie anschneiden 
Bienwaldring, wenn Sie anschneiden Düppel-Nord und ähn 
liches: Wir haben in der Tat im Bauausschuß zunächst 
einmal dafür gesorgt, daß da nicht angedacht wurde, son 
dern daß nicht weitergebaut wurde. Und wir haben im 
Bauausschuß - und dazu stehen wir vom Bauausschuß 
auch heute noch - die Auffassung vertreten - nach den 
Änderungsvorschlägen -, daß diese akzeptabel seien. Aber 
es ist das gute Recht der Bezirksverordneten - und ins 
besondere, solange sie noch über die Bebauungspläne zu 
bestimmen haben, und das wird hoffentlich auch in Zukunft 
so bleiben -, sich ihre eigenen Gedanken zu machen und 
selber zu fordern, daß hier neue Lösungsvorschläge erarbei 
tet werden sollen. Dies und nichts anderes haben die Be 
zirksverordneten, die für den Bienwaldring zuständig sind, 
getan. Ähnlich hat es sich in Zehlendorf verhalten. Auch 
da ist erklärt worden, Sie müssen endlich einmal klare 
Prioritäten setzen. Und aus der Priorität Ihres Vorgängers 
sah es anders aus, als es möglicherweise jetzt aussieht. Und 
zum Vierten Ring haben Sie sogar schon einmal im Aus 
schuß für Planung und Stadtentwicklung behauptet, das sei 
ja schon alles besprochen und vorgetragen worden. Das ist 
mitnichten so, Herr Senator. Das ist das Problem, das wir 
insoweit mit Ihnen haben. Auf Grund der relativ kurzen 
Zeit, die Sie im Amt sind, können wir uns natürlich noch 
nicht - das soll kein Vorwurf sein, das ist eben so - über 
Ihre Taten unterhalten, sondern wir müssen uns über das 
unterhalten, was Sie uns sagen, was Sie andenken, und über 
die Andacht, die wir heute hier von Ihnen bekommen haben. 
Dazu meine ich auch folgendes, und das gilt auch für Sie, 
Herr Kollege Wartenberg. Sie müssen vielleicht mal Ihr 
eigenes Regierungsprogramm richtig lesen. Wir sind es 
gewesen, die endlich erreicht haben, daß der Senat in der 
Diskussion im Juni gesagt hat, wieviel Wohnungen er denn 
nun bauen will in dieser Legislaturpeiode. Weder der Regie 
rende Bürgermeister noch der Senat in seiner Regierungs 
erklärung haben auch nur ein Wort darüber verloren. Lesen 
Sie nach in Ihrem Regierungsprogramm, lesen Sie nach im 
Protokoll der Plenardebatte. 
(Abg. Glasow: Lesen Sie die Materialien!) 
- Da stehen auch nicht 43 000 Wohnungen drin. - Und 
genau dieses ist das Problem, das wir haben. Sie halten 
uns sehr schöne Vorträge, die Sie in gar zierliche Worte 
kleiden können; das ist alles anerkannt, und wir hören 
Ihnen sehr gern zu, und die Vorstellungen, die Sie da ent 
wickeln, das gestehe ich Ihnen auch zu, treffen sogar weit 
gehend und in vielen Fällen mit unseren Vorstellungen 
überein. Aber all das ist von Ihnen eben immer nur an 
gedacht. Und wenn es einmal zur Sache geht, wenn Sie 
erklären müssen, wo bauen Sie zuerst, welche Wohnungen 
und wieviel Wohnungen, dann fehlt es an den Ausführungen. 
Sie haben heute versucht, etwas deutlicher zu werden. Sic 
haben sich heute vor dem Plenum, nachdem Sie es zu 
nächst im „Tagesspiegel“ getan haben, auch endlich einmal 
zu der Zahl von 80 000 Wohnungen bekannt. Darüber kann 
man dann ja diskutieren. Aber wir müssen von Ihnen prä 
zise wissen, was los ist. 
Und genauso problematisch ist es für uns natürlich in 
Zukunft vermutlich - oder so schwierig -, mit Ihnen über 
die Bundesgartenschau zu reden. Sic haben uns im Aus 
schuß davon informiert, daß die Bundesgartenschau nach 
Berlin kommt. Aber Sie haben sich offensichtlich der 
Presse gegenüber schon festgelegt, w o sie hinsoll. Die Vor 
lage zur Kenntnisnahme ist in den zuständigen Ausschüs 
sen bisher noch nicht behandelt worden. Nun können Sie 
natürlich sagen: „Bestimmen tun wir. Das ist nur eine Vor 
lage zur Kenntnisnahme und nicht zur Beschlußfassung“
	        
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