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Volume Nr. 5, 15.05.75

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1975, 7. Wahlperiode, Band I, 1.-19. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode 
5. Sitzung vom 15. Mai 1975 
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genen Legislaturperiode in seinen Beiträgen - damals noch 
mehr zur Schulpolitik als heute zur Finanz- und Haushalts 
politik - immer den Anspruch erhoben, der Schulmeister 
der anderen Fraktionen zu sein. Vielleicht können wir uns 
am Beginn einer neuen Legislaturperiode, Herr Kollege 
Diepgen, darauf verständigen, daß es vielleicht besser wäre, 
daß Sie Ihre Zensurenerteilung nur in der eigenen Fraktion 
vornehmen und uns davon bitte ausnehmen. 
(Beifall bei der SPD - Zurufe der 
Abgn. Boehm und Lummer - 
Abg. Diepgen: Bei Ihnen ist das viel wichtiger!) 
Herr Kollege Diepgen hat am Schluß seiner Rede von den 
Gefahren des Versorgungsstaates gesprochen, und dieser 
Koalition glaubt er den Vorwurf einer kollektivistischen 
Geschlossenheit machen zu müssen. Herr Kollege Diepgen, 
mit Schlagworten kann man keine Alternativpositionen 
darstellen. Mir ist eigentlich unklar geblieben bei Ihren 
Darlegungen, wo Sie denn die finanzpolitischen Alternati 
ven setzen wollen. Sie sind stärkste Fraktion dieses Hauses, 
dieses wird von keinem bestritten. Aber dieses - so würde 
ich es jedenfalls verstehen - wird wohl auch die Pflicht 
bringen, daß man ein bißchen mehr in der Sache jetzt 
sagen muß. Denn nur Nein zu sagen, ist noch keine Politik, 
auch wenn sie von Herrn Kollegen Diepgen vorgetragen 
wird. 
(Abg. Hauff; Sehr gut! - Beifall bei der SPD) 
Sie haben sich bei der Zweiten Lesung des vergangenen 
Haushalts damals - ich habe das nochmal nachgelesen für 
die Vorbereitung dieser Debatte - sehr eingehend mit der 
konjunkturellen Situation in der Bundesrepublik Deutsch 
land beschäftigt und damals auch wirtschaftswissenschaft 
liche Institute zitiert. Sie haben damals - wie viele aus 
Ihrem Lager - geglaubt, daß das mit der Konjunktur und 
dem Konjunkturaufschwung bzw. mit bestimmten Besse 
rungstendenzen noch nicht soweit sei, und haben — 
(Zuruf von der CDU: Ist ja auch nicht!) 
- Moment! Ich bitte Sie, die beiden Punkte werden wohl 
noch gesondert angesprochen werden. Wir sind doch wohl 
hoffentlich einig in der Beurteilung der Berliner Wirt 
schaftssituation, so wie sie im Jahresbericht 1974 von der 
Industrie- und Handelskammer gegeben wird. 
(Zuruf des Abg. Matthes) 
- Ja, da müssen Sie mal nachlesen. Ich hoffe, Sie werden 
diesem Institut wohl den Sachverstand nicht absprechen. 
Und dort wird genau festgestellt, daß eben in bestimmten 
wirtschaftspolitischen Daten Berlin tatsächlich noch besser 
dran ist als vergleichbare Gebiete im Bundesgebiet. Das 
kann man doch wohl mal feststellen. Die Schwarzmalerei, 
die bewußt vor bestimmten Wahlterminen im Bundesgebiet 
- besonders aus Bayern - gemacht worden ist, hatte ja 
einen bestimmten Zweck. Er ist eben nicht aufgegangen in 
Nordrhein-Westfalen, denn die Leute sind in der Zwischen 
zeit klüger geworden, als man vielleicht besonders in 
Bayern annahm. 
Diese Materialien und die Regierungserklärung stehen 
- und das hat auch Kollege Diepgen festgestellt - natürlich 
unter dem Gesamtvorbehalt der künftigen finanzpolitischen 
Entwicklung. Diese Entwicklung ist nicht allein von Berlin 
beeinflußbar. Wir haben die drei wesentlichen Daten der 
Einnahmeseite des Haushalts, nämlich Steuereinnahmen auf 
der einen Seite, Bundeszuschuß, und dann in Berlin auch 
die Mindereinnahmen aufgrund der Steuerreform, Daten, 
die wir natürlich hier noch im Abgeordnetenhaus mit einem 
Zweiten Nachtragshaushaltsplan auf den Tisch bekommen 
müssen, nach denen Sie, Herr Kollege Diepgen, gefragt 
haben. Aber alle wissen, daß in der gegenwärtigen Zeit es 
wirklich noch zu früh ist, zum Beispiel zu entscheiden, ob 
Steuererhöhungen nötig sind oder nicht. Darin sind sich 
alle wirtschaftspolitischen Experten einig - wie ich sehe, 
auch im Bundestag -, daß die Frage, zu welchem Zeitpunkt 
Steuererhöhungen im Bund eingreifen können, entschei 
dend davon abhängig ist, wie die weitere konjunkturelle 
Situation sich entwickelt. Diese Fragen also vorher beant 
worten zu wollen und hier schon Daten zu fordern, ist eben 
nur vordergründig als politisch zu begründen und muß 
- von unserer Seite jedenfalls - zurückgewiesen werden. 
Herr Kollege Diepgen! Wir von der SPD-Fraktion be 
grüßen es, daß der Senat eben nicht mit seinen Materia 
lien und mit seiner Regierungserklärung unrealistische Er 
wartungshorizonte schafft. Nicht nach dem Motto, wie das 
teilweise im Wahlkampf auch von der CDU-Fraktion ge 
fordert worden ist, mit „mehr, größer, schöner“, gegenüber 
der Öffentlichkeit zu operieren, sondern eben nur — 
(Abg. Wronski: In welchem Programm?) 
- Sehen Sie sich mal Ihr Wahlprogramm an, Herr Kollege 
Wronski, eine wunderbare Lektüre, was alles in dieser 
Stadt passieren soll, wo Sie genau nicht antworten, wie das 
eigentlich finanziert werden soll. 
(Abg. Wronski: Konkret!) 
- Im Wahlprogramm der CDU. 
(Abg. Diepgen: Welcher Punkt? - Abg. Lummer: 
Lesen Sie doch Ihr eigenes!) 
- Aber bitte, sehen Sie doch in Ihre Programme; in der 
„Berliner Rundschau“ war doch dargestellt, was in den 
einzelnen Punkten passieren soll. Das ist doch der Punkt. 
(Zurufe von der CDU und der SPD) 
- Herr Kollege Diepgen! Ja, ja, schauen Sie rein! Unver 
bindlichkeit kann man schwer zitieren, da haben Sie aller 
dings recht. 
(Abg. Wronski: Welche Nummer meinen Sie denn? 
Konkret, Genosse!) 
Herr Kollege Diepgen, ich bin sehr gespannt - wir haben 
ja schon zweieinhalb Jahre im Hauptausschuß gemeinsam 
verbracht -, bei welchen Positionen Sie denn nun tatsäch 
lich durch Sparanträge andere Maßstäbe setzen wollen. 
Das war ja wohl in den letzten Jahren nicht sehr toll. Zwei 
Millionen DM mehr im Universitätsbereich ist ja wohl noch 
keine Alternative zur Gesamthaushaltspolitik des Senats. 
Das muß man doch in einem Gesamtzusammenhang sehen. 
Bei den meisten Punkten waren Sie ja mit einverstanden. 
Ich hoffe, wir sind uns in einem Punkt einig - und das 
möchte ich an etwas anknüpfen, was wir hier in der Zwei 
ten Lesung des Haushalts von allen drei Fraktionen ange 
regt haben -, einen gemeinsamen Unterausschuß „Stellen 
plan“ des Hauptausschusses zu gründen, denn die Personal 
wirtschaft verdient eine besondere Aufmerksamkeit auch 
dieses Abgeordnetenhauses. Und wir begrüßen aus unserer 
Sicht sehr nachdrücklich die Absicht des Senats, 1976 einen 
Null-Stellenplanzuwachs hier einzuführen. 
Ein weiterer Punkt - und ich hoffe, auch hier werden 
wir zu gemeinsamen Beschlüssen kommen - steht vor die 
sem Parlament bei der Überprüfung der Subventionen. Der 
Senat muß in diesem Jahr turnusgemäß - so wie wir uns 
damals verständigt hatten - seinen Subventionsbericht wie 
der vorlegen, und angesichts der Tatsache, daß drei Milli 
arden der gegenwärtigen Haushaltssumme Subventionen 
sind, müssen wir bei diesem Bericht dann wirklich sehr 
eingehend überprüfen, wo hier in der zukünftigen Zeit ge 
spart werden kann. 
Der dritte Punkt, den ich sehe, der uns beschäftigen wird, 
ist die Tarifgestaltung der Eigenbetriebe, die überprüft 
werden muß. Hier erwarten wir vom Senat, wie in der 
letzten Haushaltsrede angekündigt, daß ein Vorschlag für 
ein Instrumentarium uns vorgelegt wird, wie man zu sinn 
vollen Bemessungsgrundsätzen für die Eigenbetriebe kom 
men kann, wobei aber auch die soziale Komponente nicht 
außer acht bleibt. 
Wir hoffen auf eine weiterhin großzügige Bemessung 
der Bundeshilfe. Nur diese wird nämlich die Voraussetzung 
schaffen, daß die Einnahmepositionen dieses Haushaltes
	        
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