Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
15. Sitzung vom 27. November 1975
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Präsident Lorenz: Herr Senator Ristock!
Kistock, Senator für Bau- und Wohnungswesen; Herr
Präsident! Herr Abgeordneter Mertsch! Ich habe ja auch
darauf hingewiesen, daß wir dabei sind, die Zugbrücke nach
Spandau aufzuheben.
Präsident Lorenz: Eine weitere Zusatzfrage, Herr Ab
geordneter Boroffka!
Boroffka (CDU): Herr Senator, ist Ihnen zufällig be
kannt, daß zu Beginn der vorigen Legislaturperiode — also
ziemlich genau vor vier Jahren — der damalige Kollege
Dr. Hennicke eine gleichartige Anfrage an den Senat
richten mußte wegen Gleichartigkeit der Vorgänge, näm
lich einer Verkehrsblockade des Bezirks Zehlendorf? Und
bedeutet diese Duplizität der Ereignisse, daß der Senat
gedenkt, in jeder Legislaturperiode einmal einen Bezirk
von der Außenwelt möglichst weitgehend abzuschneiden?
(Abg. Franke: Mit verfeinerten Methoden!)
Präsident Lorenz: Herr Senator Ristock!
Bistock, Senator für Bau- und Wohnungswesen: Herr
Präsident! Herr Abgeordneter Boroffka! Wir gedenken
zum Beispiel in Zehlendorf im Moment mitnichten, so etwas
oder ähnliches zu tun. Da sind ja mehrere Abgeordnete
dieses Hauses zutiefst betroffen, wie wir durch den Herrn
Präsidenten am Anfang erfahren haben. Nein, wir geden
ken dieses nicht systematisch zu tun, aber es kann sich
manchmal so ergeben.
Präsident Lorenz: Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.
Das Wort hat der Abgeordnete Kaschke zu einer Münd
lichen Anfrage über Beurteilung der Vorgänge in Spanien.
Kaschke (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
Wie beurteilt der Senat die Äußerung im „Polizeispiegel“
in dem Beitrag „Die andere Seite“, derzufolge es eine ge
setzlich normierte Vernichtung von Leben gebe ?
Präsident Lorenz: Das Wort hat Herr Senator Neubauer.
Neubauer, Senator für Inneres: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Der Senat hat zunächst einmal klar
zustellen, daß die Formulierung im Fachorgan der Polizei-
gewerksehaft im Deutschen Beamtenbund, Landesverband
Berlin, „Polizeispiegel" wörtlich lautet: „Und es gibt auch
keine Entschuldigung, außer der gesetzlich normierten für
die Vernichtung eines Lebens“. Der Senat kann nicht das
Recht des Verfassers des Artikels bestreiten, seine Meinung
frei zu äußern. Er sieht sich deshalb auch nicht in der Lage,
auf die Beiträge im „Polizeispiegel“ einzuwirken.
Der Senat bedauert jedoch, daß ein Angehöriger des
öffentlichen Dienstes allem Anschein nach kritiklos staat
liches Handeln hinnimmt, sofern es dafür nur eine gesetz
te Grundlage gibt. Dem Verfasser scheint es leider
gleichgültig zu sein, ob der Inhalt solcher Gesetze stets den
Geboten der Rechtsstaatlichkeit und Menschlichkeit ent
spricht oder diesen Geboten nicht gerecht wird. Der Senat
begrüßt es im übrigen, daß Angehörige der Senatsverwal-
tung für Inneres ln diesem Zusammenhang Ihrerseits von
mrem Recht der freien Meinungsäußerung Gebrauch ge
macht haben und aus eigener Initiative öffentlich dem Bei
trag des „Polizeispiegels" entgegengetreten sind. Er teilt
die in einem Leserbrief in einer Berliner Tageszeitung dar
gelegte rechtliche Einschätzung und Würdigung des Bei
trags im „Polizeispiegel".
(Beifall des Abg. Kaschke)
Präsident Lorenz: Keine Zusatzfragen?
Ich erteile dem Abgeordneten Goldberg das Wort zu einer
Mündlichen Anfrage über Dumping-Maßnahmen der THY.
Goldberg (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Was im einzelnen hat der Senat in Ausführung des
Beschlusses des Abgeordnetenhauses vom 4. Dezember 1974
bisher unternommen, durch administrative Maßnahmen
den Plugkartenverkauf in Berlin (West) für Flüge von
Berlin-Schönefeld in die Türkei zu unterbinden ?
2. Wie wird der Senat den neuerlichen Dumping-Maß
nahmen der THY begegnen ?
Präsident Lorenz: Das Wort zur Beantwortung hat Herr
Senator Liehr.
Llehr, Senator für Verkehr und Betriebe:; Herr Präsi
dent! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Gold
berg! Der Senat hat eingehend geprüft, ob er durch admi
nistrative Maßnahmen den Flugkartenverkauf für Flüge
zwischen Beriin-Schönefeld und der Türkei in Berlin (West)
unterbinden kann. Nach unseren Rechtsvorschriften be
steht dazu jedoch keine Möglichkeit. Der Senat hat aber
in Ausführung des Beschlusses des Hohen Hauses vom
4. Dezember 1974 zusammen mit der Bundesregierung alle
Anstrengungen unternommen, um die Beförderung der in
Berlin tätigen türkischen Arbeitnehmer vom Flughafen
Berlin-Tegel aus sicherzustellen. Die Bundesregierung ist
mit dieser Zielsetzung mehrmals bei der türkischen Regie
rung vorstellig geworden. Darüber hinaus hat der Senat
mit den Fluggesellschaften und den Reiseveranstaltern,
die Flüge für türkische Arbeitnehmer durchführen, inten
siv die damit zusammenhängenden Probleme behandelt.
Dazu gehörte unter anderem die infolge der Sperrung der
Luftstraße G12 über Griechenland notwendig gewordene
Zwischenlandung in Nürnberg im Hinblick auf die dortige
Nachtflugbeschränkung. Trotz dieser schwierigen Bedin
gungen flogen im Zeitraum vom 1. Januar bis 31. Oktober
1975 insgesamt zirka 48 000 türkische Arbeitnehmer über
den Flughafen Berlin-Tegel, über den Flughafen Berlin-
Schönefeld flogen im gleichen Zeitraum zirka 20 800 tür
kische Arbeitnehmer. In den ersten beiden Novemberwochen
1975 — das heißt nach Einführung des Linienflugdienstes
der THY zwischen Berlin-Schönefeld und der Türkei —
benutzten 2 323 türkische Arbeitnehmer den Flughafen
Berlin-Tegel und 585 türkische Arbeitnehmer den Flug
hafen Berlin-Schönefeld.
Der Senat wird die weitere Entwicklung dieser Fluggast
zahlen aufmerksam beobachten.
Zu 2: Der Senat ist in ständiger Verbindung mit der
Bundesregierung und hat diese bereits gebeten, mit der
türkischen Regierung über die Tarife für türkische Arbeit
nehmer im Linienflugverkehr der THY zwischen Berlin-
Schönefeld und der Türkei zu sprechen.
Präsident Lorenz: Zusatzfrage — Herr Abgeordneter
Goldberg!
Goldberg (CDU): Herr Senator, ist Ihre Antwort so zu
verstehen, daß die Ankündigung des Senators für Wirt
schaft am 27. November in der Senatssitzung über even-