Abgeordnetenhaus von Berlin - 7. Wahlperiode
12. Sitzung vom 9. Oktober 1975
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Franke (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Verehrter Herr Kollege Hucklenbroich! Sie haben
allerdings in der Tat heute endlich einmal etwas Neues
gesagt. Nachdem Ihre Fraktion bisher davon gesprochen
hatte, daß 200 Millionen über den Deich sind, sind es nun
neuerdings 300 Millionen. Nachdem Sie uns aber schon die
200 Millionen nicht erklären konnten, wäre es ganz schön
gewese, wenn Sie jetzt einmal die 300 Millionen erklärt
hätten. Und dann ist natürlich für einen guten Kaufmann
auch zumindest einmal die Frage zu überlegen, ob er nicht
vielleicht auch mal falsch investiert hat und dann lieber
rechtzeitig abbricht, ehe er vollends pleite geht. Und in
dieser Gefahr sind wir natürlich jetzt hier.
(Beifall bei der CDU)
Wenn nun der verehrte Kolle Blume hier wieder einmal
erzählt hat — das hat vorher schon der Herr Ehrke ge
macht, der Herr Brinckmeier und viele andere hervor
ragende Mitglieder dieser Fraktion —, wir hätten ja noch
nie gesagt, wie wir es denn gerne hätten, dann ist dieses
natürlich falsch! Ich würde Ihnen allen empfehlen, einmal
nachzulesen, was wir in dieser Beziehung gesagt haben.
Und Herr Blume hat vollkommen recht gehabt, daß ich
beim vorigen Mal wieder für unsere Fraktion erklärt habe:
Eine unserer Auffassungen war, ein bestehendes Kongreß
zentrum auszubauen und im Verbund mit anderen Einrich
tungen dieser Stadt in diesem Lande zu nutzen. Da ist uns
erklärt worden: Das geht nicht! -— Und da habe ich ge
sagt: Dieses „Das geht nicht!“ ist keine überzeugende
Erklärung; und ich habe den Senator aufgefordert, uns
die Unterlagen über diese Untersuchungen endlich einmal
auf den Tisch zu legen. Dieses hätte er spätestens in der
Beratung vor dem Bauausschuß tun können.
Nun zum Gang dieser Beratungen, und dieses, meine
Damen und Herren, ist auch wiederum sehr interessant.
Die Vorlage ist kurz vor der Sommerpause in das Haus
eingebracht worden mit einer unzulässigen und unzumut
baren Verzögerung und sicherlich mit dem Ziel, uns unter
Druck zu setzten, entweder ohne ausreichende Beratung
vor der Sommerpause noch zu verabschieden oder über die
Sommerpause das alles wieder ein bißchen einschlafen zu
lassen. Parallel dazu lief der Druck auf uns, die Not
ermächtigung über 165 Millionen und noch eine andere
Summe — ich glaube, es waren 50 Millionen — zu be
willigen. Dieses mußte ohne ausreichende Beratung ge
schehen. Nach der Sommerpause war die Situation fol
gende: In der Zwischenzeit war der Bericht des Rechnungs
hofes eingegangen. Aus diesem Grunde sahen wir uns
außerstande, in der ersten Sitzung des Bauausschusses
nach der Sommerpause über dieses Thema zu beraten, und
haben das auch im Ausschuß erklärt. Eine Beratung hat
insofern stattgefunden, als die Sozialdemokraten — und
vielleicht sogar ganz aus Versehen auch ein Mitglied der
Freien Demokraten — im Bauausschuß eine Frage zu
diesem Thema gestellt haben; die ist natürlich zur Zu
friedenheit der Sozialdemokraten beantwortet worden. Als
wir dann in der Woche darauf über die Vorlage beraten
haben und die CDU-Fraktion ihre Fragen gestellt hat,
mußte zunächst einmal festgestellt werden, daß kein aus
reichendes Beratungsmaterial vorlag, zum Beispiel über
diese Untersuchungen, warum es mit den vorhandenen
Mitteln Kongreßhalle, Ausbau Messegelände usw. nicht
geht. Auch der Senator mußte selber zugeben, daß das,
was uns vorgelegt war, reichlich dünn gewesen ist. Und
ich gehe sogar so weit, auch den Kollegen der Sozialdemo
kratie zuzugestehen, daß man nach Beginn einer neuen
Legislaturperiode nicht sämtliche Beratungen wieder von
vorn anfangen und alle möglichen Unterlagen für die
jenigen, die neu in den Ausschuß gekommen sind, auf
bereiten kann. Aber ein Mindestmaß hätte man bringen
können. Wenn wir über die kleinste Baumaßnahme im
Bauausschuß beraten, dann sind da Pläne, Zeichnungen,
Modelle, und dann kommt die halbe Verwaltung an und
hält uns große Vorträge. Für ein Objekt in Höhe von
Ihrer Ansicht nach 755 Millionen — natürlich mindestens
1 Milliarde — hat man es nicht für notwendig befunden,
vernünftige Unterlagen zu bringen; und dieses hat auch
der Bausenator zugegeben!
Aber damit nicht genug, meine Damen und Herren!
Als unsere Fragen immer drängender wurden und wir
sagten: Wir erwarten die Vorlage von vernünftigen Unter
lagen, und wir wollen in der nächsten Woche weiterberaten,
da wurde die Katze aus dem Sack gelassen, da kam wieder
das Argument: Wir müssen sofort entscheiden, um Ver
zögerungen und unnötige Kostensteigerungen zu vermeiden
und um Fristen einhalten zu können. Der Herr Senator
hat gesagt — so steht es unwidersprochen im Protokoll —,
um Kostensteigerungen zu vermeiden und Fristen ein
halten zu können, müsse er aber heute um eine Entschei
dung über die Vorlage bitten; und der Senatsdirektor hat
gesagt, der Hauptunternehmer müsse noch im Oktober
1975 in den Stand gesetzt werden, auch in noch größere
und weitere Aufträge hineinzugehen; hierfür brauche man
die Zustimmung des Plenums. Also wiederum eine unzu
lässige Methode dem Parlament gegenüber. Hier wurde
zunächst einmal der Bauausschuß und hier wird auch
dieses Plenum wieder zeitlich unter Druck gesetzt. Sie
sind einfach gar nicht bereit, mit uns über unsere Argu
mente zu diskutieren, sondern sie wollen einfach nur hier
die Zustimmung haben, denn es ist für sie ja sehr unerfreu
lich, immer wieder hierüber reden zu müssen. Aber keine
Sorge, Sie werden wieder zu uns kommen müssen, wenn
Sie zugeben müssen, daß eine Verteuerung um mindestens
250 Millionen eingetreten ist;
(Beifall bei der CDU)
und Sie werden zu uns kommen müssen, wenn sie zugeben
müssen, daß Sie die Bauzeiten nicht einhalten können. Nun
sagen Sie mir so etwas wie: Die Planung ist zu groß, so
kann man das nicht im voraus machen! — Warum ist es
denn in Hamburg gegangen? Und für diejenigen, die es
nicht wissen: Im August 1969 gab es eine Vorlage des
Senats, Gesamtsumme: 131,8 Mio DM; am 14. Oktober 1969
endgültige Fassung: 135,1 Mio DM; Kosten bei Fertig
stellung; ca. 145 Mio DM. Und nun will ich sogar noch
zugeben, daß vielleicht die CDU in Hamburg recht hat,
die sagt: Der ganze Spaß kostet endgültig 200 Mio DM. —
Dieses, meine Damen und Herren, ist dann immer nur noch
eine Steigerung um ein Drittel und nicht eine dreifache
Steigerung, wie es bei Ihnen ist. Hieran sehen Sie ganz
deutlich, wie schludrig in Ihrer Verwaltung gearbeitet
worden ist, und wie Sie bereit sind, dieses zu akzeptieren.
(Beifall bei der CDU)
Und dann laufen noch einige Mitglieder Ihrer Fraktion
und auch Senatoren mit einer Meldung herum: Das Kon
greßzentrum 1976 voll ausgebucht, Hamburg Messestadt!
Da das Thema ja kommen würde, gehe ich auch gleich
darauf ein.
(Abg. Blume: Die bauen an!)
— Aber dann lesen Sie doch wenigsten einmal im Leben
richtig, Herr Blume, die bauen keinen neuen Sitzungssaal,
die bauen eine Messehalle an. Die machen genau das, was
wir gefordert haben, ein Kongreßzentrum für 3 000 Leute
und, wenn dieses Kongreßzentrum nicht ausreicht, im
Verbund dazu — das wäre über die Jaffestraße möglich
gewesen — weitere Sitzungssäle.
(Abg. Königstein: Sie kennen doch unsere Konzeption!
Was wollen Sie denn? Ist doch lächerlich!)
— Herr Königstein, Sie haben doch nie eine eigene Vor
stellung dazu entwickelt; nun kommen Sie schon wieder
damit an. Seien Sie doch endlich einmal ruhig. Sie müssen
es nicht immer wieder mit mir versuchen. — Die Ham
burger haben es genau richtig gemacht.
(Bravo-Rufe und Beifall der CDU)
Die Hamburger haben die Bauzeiten eingehalten, die Ham
burger haben die Preise eingehalten, und die Hamburger
haben ein vernünftiges Kongreßzentrum gebaut, das sie
voll ausbuchen, das sie nutzen können
(Zuruf von der SPD: Wir sind hier nicht in
Hamburg!)