Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
87. Sitzung vom 4. Dezember 1974
Sie auf den geplanten Energieverbund eingehen, gestehen
Sie ein, daß heute, 1974, ein derartiger Energieverbund aus
dem Bereich der Illusion in den Bereich des Möglichen
getreten ist.
In Ihrer Frage 9, ob der vollautomatische Fernsprech
verkehr Ende 1974 zwischen beiden Teilen unserer Stadt
aufgenommen wird, gestehen Sie doch immerhin unausge
sprochen zu, daß die Vertragspolitik unserer Regierung es
möglich gemacht hat, sie jetzt auf den Vertragsbruch fest
zunageln und dann jedenfalls alsbald dafür zu sorgen, daß
dort Erfüllung eintritt.
(Zuruf des Abg. Wronski)
Wenn Sie Ihre ganze berlinpolitische Aussage weiterhin
immer und immer wieder hier an Details aufhängen, dann
müssen Sie sich nicht wundern, wenn man Ihnen mal mit
dem Gesamtbild kommt und Sie sich daran mit Ihrer
Detailkritik messen lassen müssen.
(Zuruf des Abg. vonKekule)
Gerade wir, die wir diese Berlin- und Deutschlandpolitik
stets wohlüberlegt, und, wo es nötig war, auch kritisch ver
treten und die wir uns dafür eingesetzt haben zum Nutzen
unserer Bevölkerung — ich betone das hier ja immer
wieder erneut —, sind dafür, daß die andere Seite Punkt
für Punkt und Komma für Komma die Verträge erfüllt.
(Abg. Luster: Aha!)
Und insofern sind wir am stärksten daran interessiert, daß
jene Zusagen auch von 1973 mit diesem festen Wort von
der strikten Einhaltung und vollen Anwendung wirklich
wahr werden.
(Abg. Wronski: Na bitte!)
Ihre Frage 3 — um darauf noch einmal zurückzukom
men, man kann wirklich bei dem Durcheinander nicht
anders als immer wieder
(Abg. Tromp: So sind wir mal!)
— So sind Sie nun eben! Ihre Frage 3 verrät auch wieder
Ihre teilweise demagogische Art, die der CDU-Politik hier in
diesen Sachen nun im einzelnen zugrunde gelegt wird. Wenn
Sic emigermaßen aufmerksam und nicht nur m't Aversion
die Berichte über den Kanzlerbesuch in Moskau verfolgt
hätten, dann wüßten Sie, daß zur Zeit keine zusätzlichen
deutsch-sowjetischen Abkommen dort geschlossen werden,
weil die Sowjetunion nicht bereit gewesen ist, eine volle
Serin-Einbeziehung in den weiteren Dingen im Augenblick
schon zu garantieren. Aber in Ihrer Frage muß es natürlich
unterschwellig heißen, die Bundesregierung sei ja hier
irgendwie bereit, etwas anderes abzuschließen.
Und ebenso kennzeichnend für Ihren Stil ist Ihre Frage 7,
schauen Sie sie sich mal an, um es vorwegzusagen. Wir
hätten wohl überhaupt keinen Anlaß, hier über Mindest
umtauschsätze zu reden; wenn Sie damals die Richtlinien
der Politik von Bonn oder Berlin her bestimmt hätten, dann
würden wir nämlich kein Hin und Her zwischen den Gren
zen haben, sondern wären bei einer sehr harten, einseitigen
Linie, und das wäre es.
(Beifall bei der SPD)
Gerade an dieser Stelle noch einmal eindeutig, meine
Damen und Herren — und da sind wir einig: Diese ein
seitig verfügten Umtauschbestimmungen der DDR und die
Minderungen bisher sind keine Rückkehr zur Geschäfts
grundlage; die DDR bleibt hier in der Schuld.
Zum Antrag der CDU in Sachen Koordination der Ber
liner Wu tschaftsförderung wird noch von einem Kollegen
meiner Fraktion gesprochen werden. Hier nur eine Be
merkung: Auch das ist, wie es da geschrieben ist, ein
etwas schütteres Vorweggehen
(Abg. Wronski: Wie alles!)
hinsichtlich der Einzelpunkte, nämlich ein Vorweggehen zu
jener ohnehin auch in ihren Zielsetzungen feststehenden
Konferenz Mitte Dezember mit Bundeskanzler Schmidt.
Man weiß übrigens, daß auch die Berliner Industrie- und
Handelskammer diesen Ihren Antrag sehr unglücklich und
gar nicht hilfreich findet;
(Abg. Wronski; Wer ist man?)
aber das ist Ihr Problem.
Lassen Sie sich in Zusammenfassung noch drei Gedanken
vortragen. 1. Ihre Große Anfrage zeigt, daß die CDU in
Berlin weiterhin nicht auf dem Boden der Berlin- und
Deutschlandpolitik steht, die zu den Besuchsmöglichkeiten,
zum verbesserten Transit und zur Sicherung des Status
von Berlin (West) geführt hat.
(Abg. Thomas; Sehr richtig! — Beifall bei der SPD)
Die CDU traut sich nur nicht, dies zuzugeben, und verfällt
daher in Detailkritik.
(Abg. Tromp: Ah ja!)
Wir stellen fest: Die Zwischenbilanz ist und bleibt bei allem
notwendigen Kritischen, das anzumerken ist, positiv.
Und ich sage zweitens: Die DDR bleibt gerade von uns,
weil wir zu dieser Deutschland- und Berlinpolitik voll ja
sagen — und daher wiegt das auch schwerer, wenn wir es
sagen —, energisch aufgefordert, in Sachen des Zwangs
umtausches in der Tat noch vor Weihnachten insbesondere
die Rentner herauszunehmen und einen weiteren Schritt
der Rückkehr zur Geschäftsgrundlage zu vollziehen.
(Beifall bei der SPD)
Drittens; Wir wissen, daß die Interessen unserer Stadt —
und ich habe auch den Eindruck, daß das mehr von Ihnen
wissen, als Sie es hier durch Ihre offiziellen Redner zugeben
wollen — von der Bundesregierung und vom Senat — von
Helmut Schmidt und von Klaus Schütz — gut und über
zeugend vertreten werden.
(Beifall bei der SPD — Abg. Luster; Und von
Herrn Wehner! — Weitere Zurufe von der CDU:
Und Herrn Wienand und Herrn Jannlcke!)
Nicht zuletzt haben wir wieder bei dem London-Besuch des
Regierenden Bürgermeisters ein solches Beispiel konkreter
Interessen Wahrnehmung für Berlin gehabt. Mit uns weiß
das auch die Mehrheit der Berliner Bevölkerung. Das Er
innerungsvermögen, meine Damen und Herren, da täuschen
Sie sich nicht, in der Stadt ist besser, als die CDU meint.
(Abg. Tromp: Ihre Versprechungen 1971 haben
wir nicht vergessen!)
Die Berliner wissen, wie es vor vier Jahren auf Transit
wegen und bei Besuchen stand, und wir wiesen, um wieviel
sicherer der Status der Stadt heute ist. Wir begrüßen daher
ausdrücklich auch die Antwort des Regierenden Bürger
meisters heute auf die Große Anfrage.
Und ein allerletztes Wort: Herr Lorenz hat schon vor
drei/vier Monaten hier einmal so eine Art Waterloo erlebt,
als er in so einer berlinpolitischen Frage antrat, nachher
allein stand und auch in der Fraktion der CDU die Ko
ordination nicht so ganz klappte. Wenn man den Berliner
heute nach der Debatte, wenn er hier dabeigesessen hätte,
fragen würde; Wie war das? — dann würde er so berline
risch sagen: Na, et war wohl wieder mal nischt! Oder er
würde sagen: Großen Hammer jeschwungen, auf dis
eigenen Beine jekloppt! — Das war Ihre Situation.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete
Oxfort.
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