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Volume Nr. 86, 28.11.74

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1974/75, 6. Wahlperiode, Band IV, 66.-93. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - ß. Wahlperiode 
86. Sitzung vom 28. November 1974 
die dreifache Menge! Das heißt aber auch, daß entsprechend 
die dreifache Menge zufiießen müßte, oder der Grund 
wasserspiegel sinkt noch wesentlich mehr. Es sind aber 
nicht mehr Flächen zur Verfügung, um versickern zu lassen, 
und deshalb fragen wir; Wie stellt sich der Senat eigentlich 
die weitere Entwicklung vor ? 
Natürlich gibt es technische Möglichkeiten, die Wasser 
versorgung Berlins dennoch zu sichern. Wir verstehen 
unsere Anfrage von da her auch nicht so sehr als Kritik an 
den bisherigen Handlungen, sondern aus der Vorsorge her 
aus. rechtzeitig das Notwendige zu tun und über die Pla 
nungen informiert zu werden. Es gibt z. B. die Möglichkeit, 
Oberflächenwasser zu Trink- und Brauchwasser aufzuberei 
ten. Nur wer das will, muß dafür sorgen, daß möglichst 
sofort eine weitere Verschmutzung des Oberflächenwassers 
beseitigt wird, denn es wäre ja ein Unsinn, hier auf der einen 
Seite zu sparen — die Schmutzfracht erst mal in die Ober 
flächenwasser hineinzuschicken —, um sie dann hinterher 
wieder rauszuholen, damit man das als Trink- und Brauch 
wasser verwenden kann. 
Es gibt auch die Möglichkeit, daß man die vorgeklärten 
Abwässer der Klärwerke Marienfelde und Ruhleben zur 
Trinkwasserbereitung benutzt und dieses Wasser aufberei 
tet. Nur müßte man hier vermutlich mit Kosten von einigen 
100 Millionen Mark rechnen, und da wir bereits etwa 1980/ 
85 — spätestens 1990 — in ausgesprochene Schwierigkeiten 
kommen werden, müßte diese Planung spätestens jetzt be 
ginnen. 
Es gibt auch noch — um das anzuführen — eine dritte 
Möglichkeit; nämlich den Zuwachs z. B. durch die Maß 
nahme einfach zu stoppen, daß man von der bisher weit 
gehend praktizierten Pauschalabrechnung zur Einzelabrech 
nung übergeht, was die einzelnen vermutlich anhalten wird, 
ein wenig sparsamer mit Wasser umzugehen. Man hat das 
in anderen Bereichen, z. B. bei der Wärmeversorgung, prak 
tiziert, dort geht es. Nur müßte dann auch hier möglichst 
umgehend eine Umstellung vorgenommen werden, das kann 
man nicht von heut auf morgen tun, dies muß ein länger 
fristiges Programm sein, und es muß — ich wiederhole das 
noch einmal — etwa 1985, spätestens 1990 abgeschlossen 
sein. Da ist nicht mehr viel Zeit. 
Lassen Sie mich zusammenfassen: So, wie bislang mit dem 
Wasser hier in Berlin gewirtschaftet wurde, kann man auf 
Dauer nicht fortfahren; so geht es nicht weiter. Dabei darf 
ich mir wohl die Anmerkung erlauben, daß ich mich sehr 
sonderbar berührt fühle, wenn bei den Geschäftsberichten 
der Berliner Wasserwerke immer noch über jede Million 
Kubikmeter Wasser, die man mehr verkauft hat, Jubel 
geschrei erhoben wird. Ich meine, das Umgekehrte wäre 
eigentlich richtiger angesichts der Situation, in der wir 
stehen. Und damit darf ich abschließen und sagen: Wir 
müssen vorausplanen. Ich glaube, es wäre unpolitisch, auf 
die Hilfe des Himmels zu warten. 
(Beifall bei der CDU) 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort zur Beantwor 
tung der Großen Anfrage hat Herr Senator Dr. Riebschlä- 
ger. 
Dr. Riebschläger, Senator für Bau- und Wohnungswesen; 
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich 
diese Große Anfrage, die in vielfältige Unterfragen geglie 
dert ist, in einem Satz zusammen beantworten ließe, dann 
würde ich sagen: Die Wasserversorgung Berlins auf der 
Basis der Qualität, die wir heute in der Stadt vorzeigen 
können, ist auch auf die Fristen hin, für die hier der Bezug 
in der Großen Anfrage hergestellt worden ist, nicht gefähr 
det. Und dies soll im einzelnen wie folgt erläutert werden; 
Wir haben es ja, was die Fragestellung zu 1 angeht, mit 
einer erst jetzt in der Erläuterung der Großen Anfrage 
differenzierten Aufteilung zu tun, was der Tatsache Rech 
nung trägt, daß wir mehrere völlig unterschiedlich wirkende 
Faktoren bei der Beeinflussung des Grundwassers unter 
scheiden müssen. Zunächst einmal haben wir die erhöhte 
Wasserförderung aller Bedarfsträger; hier können sowohl 
bleibende als auch vorübergehende Grundwasserabsenkun 
gen entstehen, die dann ein Absinken des Grundwasser 
standes zur Folge haben. Daneben haben wir es mit vor 
übergehenden, in ihrem Standort und ihrer Intensität wech 
selnden Grundwasserabsenkungen zu tun, die insbesondere 
bei Baumaßnahmen aller Art durch Grundwasserhaltung 
hervorgerufen werden, um die wichtigsten Elemente zu er 
wähnen. Nun ist es ohne Zweifel so, daß durch den Fort 
schritt, der sich einerseits in Baumaßnahmen und anderer 
seits in erhöhter Wasserförderung als Grundelement für 
viele Weiterverarbeitungs- oder Nutzungsmaßnahmen aus 
drückt, im Grundwasserstand Schäden hervorgerufen wer 
den können, die echt zu einer Fragestellung dieser Art her 
ausfordern. Deswegen soll im einzelnen belegt werden, daß 
hier Vorsorge im Lande Berlin getroffen ist, daß solche 
Dauerschädigungen für uns nicht in Sicht stehen. 
Was selbstverständlich nur aufgehalten werden kann, ist 
— nachdem eine so vielfältige Inanspruchnahme des Grund 
wasserhaushalts vorliegt — das ständige und hier in Bezug 
genommene und fortgeschriebene Absinken des Grund 
wasserstandes, wie es dann zu erwarten wäre, wenn der 
Grundwasserhaushalt in Einnahme und Ausgabe — also in 
Neubildung und Verbrauch — ständig unausgeglichen ist. 
Wie der Grundwasserhaushalt ausgeglichen werden kann 
und welche Maßnahmen hierzu erforderlich sind, hat der 
Senat ja bereits, wie Abgeordneter Boroffka erwähnt hat, 
in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage Nr. 2018 des Ab 
geordneten Boroffka über die Wasserversorgung vom 4. Juni 
1974 auf gezeigt. Er hat dort auch Zeitvorstellungen ent 
wickelt, insofern möchte ich, auch der Verkürzung der 
Debatte wegen, heute hier auf diese Antwort verweisen. 
(Abg. Boroffka; Es bleibt aber beim Defizit, 
trotzdem. Das steht da drin!) 
Ich wollte die Beantwortung nicht an der Stelle abbrechen, 
Herr Abgeordneter Boroffka, sondern, wie es selbstver 
ständlich dem Respekt gegenüber einer Fraktion, die eine 
Anfrage stellt, gebührt, soll hier im einzelnen Stellung ge 
nommen werden. Nur möchte ich nicht das wiederholen, was 
sicher die Interessierten dieses Hauses der Antwort auf ihre 
Kleine Anfrage längst entnommen haben. 
Hier sei darauf hingewiesen, daß sich der durchschnitt 
liche Absenkungszuwachs von rd. 7 cm pro Jahr als Mittel 
wert auf die gesamte Fläche von Berlin-West bezieht. Das 
ist eine wichtige Feststellung, weil die differenzierte In 
anspruchnahme selbstverständlich auch differenzierte Aus 
wirkungen auf den Grundwasserspiegel hat; er ist in den 
einzelnen Gebietsteilen äußerst unterschiedlich zu bewerten. 
Es gibt zunächst einmal Gebietsteile, in denen der Grund 
wasserstand im wesentlichen — ich gebe ja zu, es ist eine 
schwierige Materie, meine Herren, nicht nur für Sie — nur 
den klimatischen Gegebenheiten folgt. Es gibt solche, die 
wegen des großen Flurabstandes zwischen Gelände und 
Grundwasseroberfläche in ökologischer Hinsicht keine Ge 
fahren befürchten lassen, und es gibt schließlich andere 
Gebietsteile, deren Untergrund aus starken Geschiebe 
mergelauflagen besteht, wo erst in größerer Tiefe gespann 
tes Grundwasser anzutreffen ist. Damit sollen die Gefahren 
für die Ökologie, denen wiederum andere Gebietsteile aus 
gesetzt sind, keineswegs verharmlost oder geringfügiger als 
sie sind dargestellt werden. Der Senat kann bei Zielkon 
flikten dieser Art nicht eine Vollbefriedigung aller Bereiche 
herbeiführen, sondern kann lediglich sicherstellen, daß allen 
Bereichen im notwendigen Umfang Rechnung getragen 
wird, wobei der Bewußtheit dafür, daß die natürlichen 
Hilfsquellen auch in dieser Stadt nicht unerschöpflich sind, 
ein großes Maß an Aufmerksamkeit geschenkt werden 
sollte. Insofern bin ich mit Ihnen, Herr Abgeordneter 
Boroffka, in den Feststellungen vollends einig. Man wird 
Wasser in Zukunft selbst aufgrund der guten Situation, die 
wir hier haben, nicht so sorglos verschwenden dürfen, wie 
das gelegentlich geschieht. Damit komme ich zu den Einzel 
fragen, wie sie unter 2.1, 2.2 und 2.3 von Ihnen anspro- 
chen worden sind. 
Zu 2.1: Die Berliner Wasserwerke erzielen die derzeitige 
Versickerungsleistung durch Einleitung von Oberflächen- 
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