Path:
Volume Nr. 86, 28.11.74

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1974/75, 6. Wahlperiode, Band IV, 66.-93. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
86. Sitzung vom 28. November 1974 
Was die Hinweise der CDU-Fraktion angeht, so möchte 
ich mich im wesentlichen auf die vier Anträge beschränken, 
die als Änderungsanträge hier vorgetragen worden sind und 
die eine Wiederholung dessen darstellen, was im Ausschuß 
schon intensiv erörtert und danach für meine Begriffe im 
Ausschuß zu Recht abgelehnt worden ist. Und da möchte 
ich — wenn Sie gestatten, Herr Abgeordneter Dr. Hasen 
clever — Herrn Mertsch hier gern interpretieren dürfen. 
Wenn er davon sprach, daß es gut wäre, auch in der 
Zukunft darüber nachzudenken, das Gesetz zu verbessern, 
dann hat er mit Sicherheit gerade nicht an diese Anträge 
gedacht, 
(Abg. Dr. Hasenclever: Schade!) 
denn in diesen Anträgen würde ich eine Verbesserung des 
Gesetzes nicht sehen. 
Ich darf noch einmal auf den Vorgang zurückkommen, 
daß im Gesetz vorgesehen ist, daß derjenige, der eine 
besondere ärztliche Leistung gegen besonderes Entgelt in 
Anspruch nehmen will, auch gehalten ist, dann eine beson 
dere Unterkunft zu nehmen. Ich räume gern ein, daß auf 
den ersten Blick die Vorstellung, man sollte dies besser 
streichen, auch mir einleuchtend erschien, aber das lag nur 
daran, daß ich da so kurz im Amt war. Nachdem ich mich 
intensiver mit den Dingen vertraut gemacht hatte, meine 
ich bis heute, daß die jetzt vorgesehene Regelung die 
bessere ist, auch wenn es auf den ersten Anschein nicht so 
wirkt, und ich will das hier auch noch einmal kurz be 
gründen: Denn wir wollten — das ist vielleicht nicht das 
wichtigste Argument — zunächst vermeiden, daß in einem 
Krankenzimmer die Situation entsteht, daß der Arzt zu 
einem der Patienten kommt, weil der ihn besonders bezahlt, 
und die anderen Patienten daneben liegen und das sichere 
Gefühl haben, daß sie im Verhältnis zu dem ersten Pa 
tienten minderer Klasse sind. Dies darf im Grunde genom 
men nicht sein. Aber wir möchten auch Menschen, die Ge 
sundung im Krankenhaus suchen, davor bewahren, daß, 
wenn der Chefarzt ihnen ohnehin nach Art und Schwere 
der Erkrankung uneingeschränkt zur Verfügung stehen 
muß, sie glauben, daß sie ihre letzten Ersparnisse zusam 
mennehmen sollen und nun über ein besonderes Honorar 
sich eine noch intensivere Versorgung im Krankenhaus da 
sichern können, wo sie ohnehin nach den Pflichten des 
Krankenhausträgers von vornherein angeboten werden 
sollte. Denn das könnte in der Tat dazu führen, daß die 
Menschen mehr oder weniger in Wettstreit darüber ein- 
treten, ob sie sich auf diese Art und Weise eine zusätzliche 
bessere Versorgung durch den Chefarzt erkaufen, obwohl 
sie ihnen von vornherein gewährleistet sein müßte. Daß wir 
einen Beitrag dazu leisten, ist ja auch daraus ersichtlich, 
daß eine größere Zahl von erfahrenen Chef- und Ober 
ärzten in kleineren Abteilungen für eine geringere Zahl von 
Betten und damit auch von Patienten zur Verfügung stehen 
soll. Der Abgeordnete Dr. Drogula hatte da sogar noch 
das Argument in die Debatte eingeführt, daß es nicht 
einmal gut wäre, wenn eine Patientin, die Kummer mit 
dem Nagel ihrer großen Zehe hat, meinte, auch dies wäre 
ein so wichtiger Vorgang, daß sie sich damit einen Chef 
arzt besonders erkaufen sollte und der Chefarzt dann von 
wichtigeren Verrichtungen bei Patienten mit ernsthafteren 
Erkrankungen abgehalten würde. Es spricht also eine 
ganze Menge dafür, es bei der vom Ausschuß vorgeschla 
genen Regelung zu belassen. 
Die beiden anderen Punkte kann ich kürzer abhandeln. 
Was die Frage der Bildung von Krankenhausbetrieben 
angeht, würde ich nach wie vor meinen, wir wären gut 
beraten, wenn man über den Gesetzgeber eine klare Ent 
scheidung dahin trifft, daß alle Krankenanstalten eines 
Bezirks zu einem Krankenhausbetrieb zusammengefaßt 
werden — mit Ausnahme der beiden großen psychia 
trischen Fachkliniken. Und was die Frage der Amtszeit 
von Mitgliedern der Krankenhausleitung angeht, möchte 
ich noch einmal in aller Form darauf hinweisen, daß ich 
nichts davon halte, daß beispielsweise die Vertreter der 
Verwaltungsleiter einerseits die volle Verselbständigung 
der Krankenhäuser fordern, auch eine weitgehende Mana 
gementausrichtung, dann aber auf der anderen Seite wieder 
das Sicherheitsdenken des Beamten einfließen lassen wollen. 
Wenn wir verselbständigte Unternehmungen schaffen wol 
len, dann gehört dazu auch, daß man eine besondere 
Verantwortung — etwa wie bei den Eigenbetrieben — trägt 
und daß man nach Ablauf einer bestimmten Frist sich der 
Wiederwahl zu stellen hat, je nach der Leistung, die man 
erbracht hat. Dies war die Grundlage dafür, daß der Senat 
hier fünf Jahre vorgeschlagen hat und daß der Ausschuß es 
mit Mehrheit dabei belassen hat. 
Was den Beitrag des Abgeordneten Dr. Drogula angeht, 
kann ich mich auf einen einzigen Hinweis beschränken. 
Ich kann nur sagen, daß er in den Vorberatungen allen 
hier vorliegenden Regelungen zugestimmt hat, wie sie zum 
Schluß vom Ausschuß beschlossen worden sind, daß er 
dies auch deshalb getan hat, weil eine ganze Reihe seiner 
Anregungen vom zuständigen Senator bei der endgültigen 
Abfassung des Gesetzestextes berücksichtigt worden sind. 
Insofern kann ich die Kritik, die hier vo ihm so generell 
geäußert wird, nicht teilen, um so mehr, als ich noch einmal 
sage, daß viele Fragen Punkte betreffen, die durch Gesetz 
überhaupt nicht regelbar sind, sondern in der Praxis der 
Verwaltung geregelt werden müssen. 
(Abg. Diepgen: Da sehen Sie es einmal: Das war 
Ihre innerparteiliche Demokratie!) 
Ich fasse für meinen Teil zusammen: Dieser Gesetzent- 
w’urf, wenn er Gesetz wird, wird eine Reihe von durch 
greifenden Verbesserungen für unsere Patienten bringen 
und dies mit konkreten Einzelschritten. Darauf kommt es 
an. Es hat keinen Zweck, allerhand zu postulieren, sondern 
wir haben dafür zu sorgen, daß wir konkrete Reformen mit 
Augenmaß und in genau und wohl kalkulierten Schritten 
durchsetzen. Sollten sich diese hier angestrebten Reformen 
in der Wirklichkeit bewähren, dann — das habe ich schon 
bei der Einbringung des Gesetzentwurfs für den Senat 
erklärt — sind wir bereit, für einen weiteren Ausbau der 
Reform zu sorgen. Aber erst muß die Bewährung unter 
Beweis gestellt sein. Dann kann man an einen Ausbau 
denken. Ich warne manche, die das Ganze betrachten, davor 
zu glauben, daß das nur ein relativ kleiner Umstellungs 
prozeß sein wird. Hier wird uns allerhand abverlangt 
werden mit dem, was neue gesetzliche Grundlage werden 
wird. Ich bin voller Hoffnung und auch sicher, daß die 
Kollegen in der Hauptverwaltung und in den Bezirken und 
die Kollegen in den Krankenhäusern diese Leistung er 
bringen werden, die wir insbesondere bei den städtischen 
Krankenhäusern über die neue Betriebsform in die Wirk 
lichkeit umsetzen müssen. 
In diesem Sinne darf ich Sie bitten, dem Gesetzentwurf 
in der Fassung des Ausschußvorschlags Ihre Zustimmung 
zu geben. 
(Beifall bei der SPD) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete 
Dr. Bodin! 
Dr. Bodin (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich möchte zu dem Antrag der CDU sprechen. 
Nachdem der Kollege Dr. Hasenclever ja schon auf die gute 
Arbeit und die gute Atmosphäre im Ausschuß hingewiesen 
hat, brauchen wir da nicht noch einmal auf Einzelheiten 
einzugehen. Ich möchte aber sagen: Er hat darauf hinge 
wiesen, daß das Gesetz jetzt nichts absolut Neues bietet 
und vor allen Dingen verbesserungsfähig und -nötig sei. 
Es ist ganz klar: Dieses Gesetz ist überhaupt erstmalig 
eine Kodiflzierung vorhandener Bestimmungen und vor 
handener Regeln, die sich im Lauf der Entwicklung des 
Krankenhauswesens ergeben haben. Diese sind nun in 
einem Gesetz zusammengefaßt, um eine Vereinheitlichung 
entsprechend dem Anliegen des § 1 zu erzielen. Insofern 
ist auch im Ausschuß alles das, was sich an Anregungen 
schon während der Beratungen als Verbesserung erkennbar 
zeigte, mit in den Entwurf eingearbeitet worden, so daß 
ich sagen kann, daß, wenn wir diese schon im Ausschuß 
behandelten Anträge der CDU jetzt noch einmal kritisch 
würdigen wollen, wir der Meinung sind, daß sie zunächst 
keine Verbesserung darstellen. 
3168
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.