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Volume Nr. 86, 28.11.74

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1974/75, 6. Wahlperiode, Band IV, 66.-93. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
86. Sitzung vom 28. November 1974 
entwurf? Herr Kollege Tromp, er berichtigt nicht nur den 
kleinen Punkt in der Anlage 2 hinsichtlich des Kellers, son 
dern er korrigiert auch den Geltungsbereich des Gesetzes, 
er paßt den Verwaltungsweg bei Streitigkeiten der beste 
henden Rechtslage an, und er schafft eine neue Ordnungs 
widrigkeitenregelung. Also, eine generelle Überarbeitung 
des Aufbaues und die Anpassung dieses Gesetzes an seit 
dem Erlaß — 1953 — veränderte Vorschriften hat der Se 
nat mit seinem Entwurf durchaus geleistet. Er konnte da 
her, ohne irgendeine Systemwidrigkeit zu begehen, auch 
diesen einzelnen Punkt in der Anlage 2, nämlich den Keller, 
korrigieren. 
Nun scheint mir die Haltung der SPD-Fraktion zu un 
serem Änderungsantrag tatsächlich fast eine Tragödie 
der Sozialdemokratischen Partei schlechthin zu sein, Tra 
gödie im Hinblick auf ihr Adjektiv in ihrem Parteinamen, 
nämlich sozial. Herr Kollege Blasek, eines ist richtig: 
Wir haben hier bei unserem heute eingebrachten Ände 
rungsantrag in der Tat die Sätze gegenüber der Ausschuß 
fassung in einzelnen Punkten noch weiter herabgesetzt. 
Und wir haben uns — der Berichterstatter hat darauf 
schon teilweise hingewiesen — wirklich bemüht, durch 
eine Vertagung der Diskussion im Ausschuß zu einer Eini 
gung zu kommen. Ich bin darüber hinaus — als das ab 
gelehnt war — noch einmal an die SPD-Fraktion heran 
getreten und habe gesagt; Es müßte doch eigentlich sinn 
voll und möglich sein, sich bis zur H. Lesung dieses Ge 
setzes über einen neuen Katalog in der Anlage 2 zu 
einigen. Nichts dergleichen war möglich. Man hat alles ab 
gelehnt. 
Der Ihnen vorliegende Änderungsantrag geht davon aus, 
daß bei allen einzelnen Mängeln auf jeden Fall die zivil- 
rechtlich mögliche Minderung unterschritten wird. Die 
Frage der Übermäßigkeit beim Auftreten von mehreren 
Mängeln habe ich schon eingangs in Form des Hinweises 
auf den § 3 des Gesetzes behandelt. Zusätzlich hat eben 
falls Herr Senator Dr. Riebschläger im Ausschuß ganz klar 
darauf hingewiesen — und damit unsere Argumentation 
bestätigt —, daß, obgleich das Gesetz zur Voraussetzung 
hat, daß mindestens drei Monate lang ein bestimmter 
Mangel anhält — erst dann ist eine öffentlich-rechtliche 
Mietsenkung möglich —, mit diesem Katalog nach An 
lage 2 auch ein gewisser zivilrechtlicher Maßstab gegeben 
wird; ein zivilrechtlicher Maßstab in dem Sinne, daß der 
einzelne Mieter, ohne ein erhebliches Prozeßrisiko einzu 
gehen, sich an dieser Tabelle orientieren kann, auch im 
Palle solcher Mängel, die nicht drei Monate anhalten. Ich 
glaube — auch das ist nicht bestritten worden ln der De 
batte im Ausschuß —, wir sparen damit auch einen er 
heblichen Verwaltungsaufwand. Wir geben hier dem Bür 
ger etwas in die Hand, womit er sich praktisch selbst hel 
fen kann. Wir vermeiden Prozesse, wenn wir einen solchen 
Katalog aufstellen, an dem sich der Mieter orientieren 
kann. Und das ist auch keine unangebrachte oder unver 
hältnismäßige Belastung der Hausbesitzer. Ich glaube 
eigentlich eher, daß der anständige und um die Beseitigung 
von Mängeln bemühte Hausbesitzer einen solchen Katalog 
durchaus nicht ablehnen wird. Im Gegenteil, er wird sich 
sagen: Dann bin ich, der ich mich um Korrektheit bemühe, 
nicht benachteiligt gegenüber denjenigen, die das vernach 
lässigen. — Wir meinen daher, daß es durchaus angebracht 
ist, diese Anlage 2 auf den heutigen Stand zu bringen in 
einer Form, die, wie gesagt, immer noch unter der für die 
jeweiligen Mängel zivilrechtlich erreichbaren Minderung 
bleibt und die dadurch den Mietern die Möglichkeit gibt, 
schnell die Beseitigung eines Mangels zu erreichen; denn 
nichts ist so wirksam wie der Griff ans Portemonnaie, viel 
wirksamer als das, was augenblicklich leider dauernd prak 
tiziert wird. Wir wissen es doch, insbesondere wer meinet 
wegen, wie ich, ehrenamtlich im Mieterverein tätig ist: 
Da kommen immer wieder die Anrufe: Der Schaden be 
steht und der Schaden besteht weiter, was mache ich denn 
da? — Die Klage oder eine Mietminderung scheuen die 
Mieter bisher meistens. Man kann sie augenblicklich nur 
auf fordern: Gehen Sie zum Wohnungsaufsichtsamt, be 
schweren Sie sich da. — Aber wie lange dauert das dann ? 
Sie rennen ein paar Mal hin, bis dann schließlich jemand 
kommt. Warum wollen Sie denn nicht auch eine Erleichte 
rung in der verwaltungsmäßigen Abwicklung, in der per 
sonalmäßigen Belastung und eine damit vergrößerte Effek 
tivität der Wohnungsaufsichtsämter erreichen, wenn dies 
durch eine einfache Korrektur der Anlage 2 möglich ist ? 
Wenn Sie hier sagen — ich darf das hier aus dem Brief 
des Kollegen Brinckmeier zitieren —; „Wir wollen viel 
mehr eine Einarbeitung in eine generelle Überarbeitung 
des Gesetzes, was wir für notwendig erachten.“ Das wider 
spricht dem ganzen Aufbau des Senatsentwurfs. Wenn der 
Senat vorschlägt, dieses in Anpassung an die heutige 
Rechtslage in verschiedenen Punkten geänderte Mietsen 
kungsgesetz zu verabschieden, und wenn er dann selbst 
glaubt, ohne daß dadurch irgendwelche Implikationen für 
andere Teile des Gesetzes oder andere Rechtszusammen 
hänge gegeben sind, eine Position aus der Anlage 2 ändern 
zu können, dann körmen Sie auch die gesamte Anlage 
ändern. Dann gibt es kein sachliches Argument, sich diesen 
Dingen zu verschließen. Ich kann mir eigentlich nicht — 
und mit diesem Appell darf ich schließen — vorstellen, wie 
die SPD die Ablehnung unseres hier erneut gestellten 
Änderungsantrag mit ihrer eigenen Parteibezeichnung, 
nämlich eine sozialdemokratische Partei zu sein, verein 
baren will. — Danke schön! 
(Beifall bei der F.D.P.) 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Senator Rieb 
schläger. 
Dr. Riebschläger, Senator für Bau- und Wohnungswesen: 
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Senat be 
kennt sich weiterhin zur Notwendigkeit des Mietsenkungs 
gesetzes. Zu der Anregung ist hier schon das Notwendige 
von Herrn Abgeordneten Liebig gesagt worden, sie stammt 
aus dem parlamentarischen Raum. Im Bemühen, dieser 
Anregung möglichst schnell Rechnung zu tragen, haben 
wir uns darauf beschränkt, einen Einzelpunkt zur Gesetzes 
änderung vorzuschlagen, wohl wissend, daß das Fragen 
auslösen muß, ob insgesamt der Aufwand der Gesetzes 
änderung den politischen Erfolg, der damit erreicht wird, 
rechtfertigt. Ich hoffe, die Debatte darüber abzukürzen, 
wenn ich sage, daß der Senat im Augenblick dabei ist, den 
umfangreichen Änderungskatalog, der hier seitens des 
Abgeordneten Liebig für die F.D.P.-Praktion begründet 
worden ist, einer Gesamtprüfung zu unterziehen mit der 
Maßgabe, daß der Abzug der Miete nur ein Äquivalent sein 
darf für das Entgehen wirtschaftlicher Vorteile aus der 
Nutzung der Mietsache und daß an keinem Punkt die 
Grenze zu einer Strafe für den Vermieter hin überschritten 
sein darf. Um dem Rechnung zu tragen, bedarf es einiger 
Zeit der Prüfung, bedarf es auch der Einschaltung der zu 
ständigen Verbände. Es wäre aber nicht möglich gewesen, 
dem Abgeordnetenhaus in dieser Legislaturperiode noch 
eine Änderung vorzulegen, wenn wir den Gesamtkatalog 
einer Prüfung unterworfen hätten. 
Ich kann für den Senat Zusagen, daß wir um diese Prü 
fung bemüht sind, daß wir die darin für den Mieter zwei 
felsohne vorliegenden Vorteile erkennen, daß wir aber um 
der Rechtssicherheit auch auf diesem Sektor willen sicher 
stellen müssen, daß an keiner Stelle überzogen wird mit 
Abzügen, die nachher nicht mehr in einer Angemessenheit 
zu dem wirtschaftlichen Nachteil, der aus der Nicht 
nutzung eines Teils der Wohnung erfließt, liegen dürfen. 
Ich bitte Sie dafür um Verständnis und möchte deswegen 
für den Senat darum bitten, dem Änderungsantrag zum 
gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zuzustimmen. 
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete Conen. 
Dr. Conen (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Meine Fraktion sieht sich auch nicht in der Lage, 
diesem Antrag, wie ihn die F.D.P.-Fraktion hier einge 
bracht hat, zuzustimmen. Einmal weichen die hier heute 
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