Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
67. Sitzung vom 14. Februar 1974
Wahl (F.D.P.): Frau Senatorin! Ich muß noch einmal
fragen: Welche Überprüfungsmöglichkeiten oder welche
Uberprüfungspflichten haben Sie, wenn für derartige Ob
jekte zum Beispiel Lottomittel in Anspruch genommen wer
den sollen? Müssen Sie dann nicht sehr viel gründlicher
prüfen, als Sie es offensichtlich in diesem Falle vorher getan
haben ?
Präsident Sickert: Frau Senator Reichel!
Frau Reichel, Senator für Familie, Jugend und Sport:
Mir läge fast daran zu sagen: Das war noch vor meiner
Zeit, aber verantwortlich bin auch auch für diese Zeit.
Sehen Sie, freie Träger versichern uns glaubhaft und
stellen dar, auf welche Art und Weise sie den laufenden
Betrieb einer Einrichtung sichern wollen. Dieses ist möglich
durch Geld, das sie aus ihren laufenden Mitteln zur Ver
fügung stellen, durch Geld, das sie von Spendern erwarten,
was allerdings nicht von vornherein kalkulierbar ist und
durch ehrenamtliche Mitarbeit. Das war ein wesentlicher
Punkt, der bei den Pfadfindern eine Rolle spielte und nicht
in dem Maße eingelöst werden kann wie beabsichtigt. In
dem Zusammenhang ist auf den kleinen Personalstab
und auf die Intensität der Personalaufwendungen hinzu
weisen. Hier hat sich die personelle Voraussetzung und
haben sich die Vorstellungen beim Träger verändert. Das
alles war jedoch zu dem Zeitpunkt, als wir zu dem Antrag
Stellung genommen haben, noch nicht erkennbar.
Präsident Sickert: Meine Damen und Herren! Ich glaube,
die Frage darf ich als ausdiskutiert erklären, sonst häufen
sich die Wortmeldungen und die anderen Abgeordneten
kommen nicht mehr zu ihren Fragen.
Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Biewald zu einer
Mündlichen Anfrage über Oberstufenreform.
Dr. Biewald (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich frage den Senat:
1. Ist dem Senat bekannt, daß durch die Einführung der
Oberstufenreform — besonders bei älteren Schulgebäuden
— ein erheblicher Mangel an Räumen besteht ?
2. — Und dies dient also der Hintergrundinformation,
Herr Senator —: Hält der Senat die Einrichtung von Auf
enthaltsräumen in solchen Schulen zur Überbrückung der
mit dem Kursunterricht unvermeidbar auftretenden Frei
stunden der Schüler für erforderlich, und zwar auch dann,
wenn dafür nur unzulängliche Räume, die den Vorschriften
der Bauordnung Berlin, in der Fassung vom 13. Februar
1971, Gesetz- und Verordnungsblatt Seite 456, insbesondere
der Vorschriften des § 62 Absatz 4 bis 6 und § 64 Absatz 1
nicht entsprechen?
3. Wäre der Senator für Bau- und Wohnungswesen in
solchen Fällen bereit, nach § 86 Absatz 3 seine Zustimmung
zur Befreiung von zwingenden Vorschriften der Bauord
nung zu erteilen ?
Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung — Herr
Senator Löffler!
Löffler, Senator für Schulwesen: Herr Präsident! Meine
Damen und Herren! Herr Kollege Biewald! Von einem
allgemeinen Raummangel in den Gymnasien, der als Folge
der Neugestaltung der gymnasialen Oberstufe eingetreten
wäre, kann nicht gesprochen werden. Während des ab
1. Februar dieses Jahres laufenden Kurshalbjahrs befindet
sich ein Jahrgang weniger in den Gymnasien. Die Abitu
rienten sind bereits Ende des vergangenen Jahres entlassen
worden, Neuaufnahmen in die 7. Klassen finden erst nach
den Sommerferien statt. Die allgemeine Raumsituation an
den Gymnasien ist daher zur Zeit entspannter als im
Herbst- und Winterhalbjahr. Jedoch trifft es zu, daß die
volle Anwendung der Möglichkeiten des neuen Kurssystems
Aufenthaltsräume und auch Einzelarbeitsplätze voraus
setzt, die an einer Vielzahl von Schulen noch fehlen. Ich
habe auf diesen Umstand mehrfach, zuletzt in der Beant
wortung einer Mündlichen Anfrage der Frau Abgeordneten
Schneider in der letzten Sitzung, hingewiesen.
Zu Ihren Fragen 2 und 3, Herr Kollege Biewald: Der
Senat hält die Einrichtung von Aufenthaltsräumen und
Einzelarbeitsplätzen für erforderlich. Bei Neubauten in der
Mittel- und Oberstufe sind entsprechende Räume vorgese
hen. Senat und Bezirke sind bemüht, im Rahmen der zur
Verfügung stehenden Haushaltsmittel in den nächsten Jah
ren, auch in den Altbauten, diese notwendigen Einrichtun
gen zu schaffen. Sie fragen nach unzulänglichen Räumen im
Sinne der Definition der Bauordnung, das heißt, Räume
etwa, die in Kellergeschossen lägen, keine ausreichende
Fensterfiäche haben oder nur eine unzureichende lichte
Höhe besitzen, und fragen, ob man die herrichten könne
für die vor uns stehende Phase. Ich darf Ihnen sagen, daß
hier eine generelle Antwort nicht gegeben werden kann,
sondern es kommt jeweils darauf an, ob im Einzelfall die
Prüfung der besonderen Umstände die Möglichkeit ergibt,
hier im Rahmen der Mittel, die die Bezirke haben, Um
bauten vorzunehmen. Dabei werden die auf Veranlassung
der Abteilung Volksbildung vom Hochbauamt eines Bezirks
ausgearbeiteten Pläne von der bezirklichen Bauaufsicht ge
prüft. Die Erteilung der erforderlichen Befreiung, nach der
Sie fragten, setzt die Zustimmung des Senators für Bau-
und Wohnungswesen voraus, die pauschal nicht gegeben
werden kann, sondern eben nur nach bauaufsichtlicher Prü
fung im Einzelfalle.
Präsident Sickert: Eine Zusatzfrage — Herr Dr. Biewald!
Dr. Biewald (CDU): Herr Senator! Ist Urnen aber auch
bekannt, daß, wenn Sie von einer Entspannung in der
Zone der Gymnasien dadurch reden, daß die 13. Klassen
weg sind, wir in der Zwischenzeit aber auch eine Anzahl,
nämlich die E- und die K-Phase — die Kursphase und die
Einführungsphase — aufteilen mußten und deswegen viel
mehr Klassenräume brauchen, als wir es je durch zwei
oder drei Normalklassen brauchten ? Also von Entspannung
kann jedenfalls in unserem Bereich, glaube ich, keine Rede
sein!
Präsident Sickert: Herr Dr. Biewald! Das war keine
Frage, sondern das war eine — wenn Sie wollen — nach
trägliche Belehrung.
(Abg. Dr. Biewald: Aber so habe ich angefangen.)
Die Frage ist so nicht gestellt worden, Herr Dr. Biewald. —
Aber bitte, Herr Senator Löffler!
Löffler, Senator für Schulwesen: Herr Kollege! Das sind
umfangreiche Organisationsprobleme. Gerade in Vorbe
reitung einer solchen denkbaren Zusatzfrage hat ein Schul
aufsichtsbeamter, der heute ein Gymnasium besucht, mir
mitgeteilt, daß an dieser Schule bei Einführung des Kurs
systems weniger Kapazität beansprucht wird und der Un
terricht kaum über die sechste Stunde hinausgeht, weil dort
eine optimale Organisation gefunden wurde. Das trifft für
eine Anzahl von Schulen nicht zu, zum Beispiel auch für
die, die Sie beruflich repräsentieren.
Präsident Sickert: Eine weitere Zusatzfrage — Herr
Dr. Biewald!
Dr. Biewald (CDU): Herr Senator! Soll das heißen, daß
Schulen, die über die sechste Stunde hinausgehen, schlecht
organisieren ?
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