Abgeordnetenhaus von Berlin — 6. Wahlperiode
85. Sitzung vom 31. November 1D74
Geld - und es geht ja hier in erster Linie darum, nicht
etwa zusätzliche Mittel des Haushalts hier anzufordern
mit den bestehenden Mitteln mehr für die Stadt tun, als
bisher getan wird.
Eine weitere Frage, ob beim Senat Überlegungen be
stehen, die innerstädtischen Attraktivitäten für den Frem
denverkehr zu beleben, möchte ich dahin verstanden wis
sen, daß die Kultureinrichtungen der Besucher einer Stadt
auch auf unterhaltsame Vergnügungen nicht verzichten
möchten. Wir haben hier bedauerlicherweise weder eine
Altstadt noch einen ständigen großen Vergnügungspark.
Ich könnte mir vorstellen, daß innerhalb unseres Stadt
gebietes, vielleicht sogar in dem ruhigen Teil des Tier
gartens, eine Möglichkeit geschaffen wird, ähnlich wie in
Kopenhagen: also keinen lauten Lunapark, sondern einen
vernünftigen guten Park wie in Kopenhagen, der eine
große Attraktion dieser Stadt darstellt; alle, die jemals
dort gewesen sind, werden mir das zugeben können. Dazu
brauchte man auch keine Haushaltsgelder, es würde ge
nügen, das Grundstück pachtweise zur Verfügung zu stel
len; die private Initiative würde dort dann ausreichend
tätig werden.
(Abg. Hannemann: Siehe Tannenbäume!
Sie und Ihre Initiativen, die kennen wir!
Alles auf Kosten des Senats! Hören Sie doch auf!)
-Ja, lieber Freund, Sie müssen nicht immer mit solchen
billigen Beispielen kommen, die gar nicht ziehen.
In diesem Zusammenhang darf ich auf das Thema hin-
weisen, das, wie ich glaube, mehr als überfällig ist. Als
wir vor anderthalb Jahren in diesem Haus
(Glocke des Präsidenten)
über die Errichtung einer Spielbank in Berlin beschlossen
hatten,
(Abg. Hannemann: Ja! Ja!)
konnten wir nicht annehmen, daß bis heute keine definitive
Entscheidung fallen würde. Auch meine Anregung, inner
halb dieser Spielbank die Möglichkeit zu schaffen, ein
Variete oder ein Show-Programm zu verwirklichen, ist
anscheinend bis heute nicht in Betracht gezogen worden.
(Abg. Hannemann: Denken Sie daran, daß wir
noch eine Trauerfeier haben!)
- Für Ihre Sprüche, wissen Sie, müssen Sie sich einen an
deren aussuchen —
(Weiterer Zuruf des Abg. Hannemann)
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Herr Hannemann, ich
bitte, nicht zu unterbrechen, sondern sich zu Wort zu mel
den.
(Abg. Hannemann: Sie reden nur für sich und
Ihr Gewerbe! - Abg. Pawlak: Ja, das stimmt,
Herr Zellermayer! - Beifall bei der SPD)
Zellermayer (CDU): Sie scheinen die Bedeutung einer
wirtschaftlichen Aktivität in dieser Stadt nicht erkannt zu
haben; ich werde Ihnen bei Gelegenheit darüber gern mal
einen privaten Vortrag halten.
(Abg. Nauck: Sprechen Sie pro domo?)
Oder lassen Sie sich doch einmal von Herrn Striek sagen,
was für Steuern von diesem Gewerbe aufgebracht werden,
bevor Sie hier diese negativen Sprüche loslassen, die kein
Mensch hören will.
(Abg. Hannemann: Was denken Sie, was
die Arbeiter für Steuern zahlen, und die Beamten!)
Ich darf in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß
hier in Berlin das letzte entsprechende Etablissement, das
„Red Rose“, seit Monaten geschlossen ist und daß Berlin
im Gegensatz zu jeder anderen deutschen großen Stadt und
jeder Weltstadt heute noch nicht mal in der Lage ist, ein
Kabarett vorzuweisen.
Die Frage nach einer Verbesserung der Berufsausbildung
und Weiterbildung für den Bereich des Hotel- und Gast
stättengewerbes liegt im doppelten Sinn im Bereich der
Verbesserung der Dienstleistungen, die wir hier fordern.
Das gleiche gilt für unsere Vorstellung, daß Berlin bedauer
licherweise bis jetzt keine überregionalen Sprachinstitute
hat wie z. B. Heidelberg oder München. Auch hier läge die
Entwicklung dieser Dienstleistung im Interesse der Stadt.
Wenn das Image der Stadt verbessert werden soll, so ge
hört bestimmt auch in diesem Zusammenhang dazu, daß
ein neuer großer Freizeltpark errichtet wird, wo wir ge
gebenenfalls internationale Gartenbauausstellungen durch
führen könnten. Als dieses Thema vor Jahresfrist angeregt
wurde, lehnte es der Bausenator mit dem Hinweis ab, daß
dafür nicht genügend Anlagen zur Verfügung stünden. Hier
wäre eine geeignete Kombination von Freizeitpark und die
Möglichkeit, Gartenbauausstellungen durchzuführen, mög
lichst in Anlehnung an das bisherige Messe- und Ausstel
lungsgelände, von Vorteil. Wir erwarten hier eine auch die
Bürger der Stadt befriedigende Antwort des Senats. Es
würden weder Bäume umgelegt noch bisheriger Wald zer
stört werden, sondern im Gegenteil, hier würde auf diesem
Gelände die Möglichkeit bestehen, einen neuen Freizeit
park zum Wohle der Berliner und zur Verbesserung des
Images unserer Stadt zu schaffen.
Wir können, wenn es gelingt, die Hotelfachschule in bes
seren und größeren Räumen unterzubringen, ohne weiteres
auch im Rahmen der Entwicklungshilfe junge Menschen
von anderen Ländern und Kontinenten hier ausbilden und
dazu beitragen, daß Berlin auch in dieser Richtung einen
neuen Anziehungspunkt erhält.
Das gleiche gilt für die nächste Frage, ob der Senat die
Universtiät veranlassen könnte, analog zu anderen aus
ländischen Universitäten Sommer- bzw. auch Winterkurse
zu veranstalten, um ausländischen Studenten die Möglich
keit zu geben, an deutschsprachigen Vorlesungen teilzu
nehmen und auch hier gerade den Begriff unserer Stadt
nach außen tragen zu können.
Der Berliner Haushalt hat für die verschiedensten Be
reiche offene und versteckte Werbefonds, die addiert im
merhin die Größenordnung von 37 Mio DM ausmachen. Es
ist ja zu verstehen, daß jeder Senator und auch jeder Bür
germeister bemüht ist, mit seinem Werbefonds sich selbst
darzustellen und seine Arbeit. Aber ich glaube doch, daß es
für die Stadt insgesamt von großem Vorteil wäre, wenn
dieser Fonds wenigstens zum Teil gebündelt und kombi
niert dem hauptsächlichsten Zweck der Werbung für un
sere Stadt zuflösse. Der bisher - und ich sage absichtlich;
bisher; denn ich habe gehört, daß im Haushaltsausschuß
doch da schon eine offene Tür vorhanden ist - nur ma
gere und mit Einschränkungen vermehrte Etat für das
Verkehrsamt ist - schlicht gesagt - ungenügend, wenn man
mehr erreichen will, und - vor allen Dingen - wenn man
ihn vergleicht mit anderen Städten und Ländern, die er
kannt haben, daß die Fremdenverkehrsindustrie ein be
deutender und bereichernder Faktor der Stadt oder des
Landes ist. Ich plädiere daher für eine Koordinierung und
eine bessere Verteilung und Anwendung der für Werbung
im Haushalt bestimmten Mittel.
Daß für das Image auch die Ausflugslokale und Vor
gärten eine besondere Bedeutung haben, brauche ich -
glaube ich - hier nicht besonders zu betonen. Um so un
verständlicher ist es, daß der Senat durch überzogene
Pachterhöhungen bei Ausflugslokalen, aber auch besonders
bei den Vorgärten am Kurfürstendamm, Pachterhöhungen
bis 400% gefordert hat, die die Existenz dieser für die
Stadt wichtigen Geschäfte in wirtschaftliche Schwierigkei
ten bringen. Wir warten deshalb gespannt auch auf die
Aussage zu diesem Punkt.
(Abg. Nauck: Bezirksamt Charlottenburg!)
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