Abgeordnetenhaus von Berlin - G. Wahlperiode
81. Sitzung vom 26. September 1974
Innerhalb des öffentlichen Hochbaus nehmen anteil
mäßig die Bereiche Schulwesen und Volksbildung mit
116,6 Mio DM — oder 25,3 v. H. — und Wissenschaft und
Kunst mit 113,7 Mio DM — oder 24,7 v. H. — fast gleich
rangig die Spitzenstellung ein; Das sind genau 50 v. H. des
Hochbauetats für den Bildungsbereich. Stark gestiegen
sind die Anteile des Einzelplans Familie, Jugend und Sport
mit 20,9 v. H. und insbesondere Gesundheit und Umwelt
schutz — um 38 v. H. — auf 17,5 v. H.
Erste Bauraten sind vorgesehen für 100 neue Hochbau
vorhaben mit Gesamtkosten von 603,1 Mio DM, darunter
elf Kindertagesstätten im Sonderbauprogramm aufgrund
des Maßnahmenkatalogs des Senats zur Bewältigung der
mit der Ballung ausländischer Arbeitnehmer in einzelnen
Bezirken entstandenen Probleme.
Der Senat hat sich an die von dem Hohen Hause be
kräftigte Kegel gehalten, in den Entwurf des Haushalts
plans nur solche Bauvorhaben aufzunehmen, für die die
vorgeschriebenen Planungsunterlagen vorliegen. Unter den
wegen Fehlens dieser Unterlagen nicht berücksichtigten
Vorhaben befindet sich auch der Umbau von Gebäuden für
die Polizei-Direktion City. Dieses Vorhaben müßte zur
zügigen Durchführung der als dringlich anerkannten
Polizeireform jedoch so bald wie möglich begonnen wer
den. Der Senat beabsichtigt deshalb, das Vorhaben unter-
entsprechender Beteiligung des Parlaments noch 1975 in
Angriff zu nehmen, sobald die geprüften Bauplanungs
unterlagen dafür vorliegen.
Einige Bemerkungen zum Wohnungsbau und zur Alt
baumodernisierung :
Der Senat ist sich des hohen Stellenwertes der Förde
rung des Wohnungsbaus im Rahmen der Erfüllung öffent
licher Aufgaben gerade in Berlin bewußt. Hierbei geht es
nicht nur um die Befriedigung der unverändert hohen
Nachfrage nach modernem Wohnraum. Zusammen mit
den öffentlichen Bauinvestitionen haben die Wohnungs
bauprogramme auch entscheidenden Einfluß auf die Auf
tragslage der Berliner Bauwirtschaft und damit auch auf
die Sicherung der Arbeitsplätze unserer Bauarbeiter. Der
Senat unternimmt aus diesen beiden Gründen alle Anstren
gungen, um auch angesichts der sich verschärfenden Bau
landknappheit und der insbesondere durch die Kapital
marktsituation bedingten Zurückhaltung der Bauherren
das Wohnungsbauprogramm soweit irgend möglich auch
zu realisieren. Für 1975 hat der Senat sich mit der Förde
rung von 11400 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau
und 1 600 Wohnungen im steuerbegünstigten Wohnungsbau
angesichts der genannten Schwierigkeiten wieder ein
hohes, aber wie ich hoffe, erreichbares Ziel gesetzt. Die
gestiegenen Lohn- und Materialkosten auf dem Bausektor
machen eine durchschnittliche Förderung von 11,50 DM
pro qm und Monat im sozialen Wohnungsbau und von
9,10 DM pro qm und Monat im steuerbegünstigten Woh
nungsbau erforderlich, um tragbare Mieten von 4,50 DM
bzw. 6,90 DM zu erzielen. Wie bereits 1974 soll auch 1975
die Miete von bis zu 3 000 Wohnungen des sozialen Woh
nungsbaus durch zusätzliche Aufwendungszuschüsse auf
3 DM pro qm und Monat verbilligt werden. Damit wird
in Berlin ein Wohnungskontingent für Bürger mit kleine
ren Pamilieneinkommen, wie z. B. kinderreiche Familien
oder Rentner, geschaffen.
Je größer dieses Kontingent wird, desto dringlicher wird
die bundesweite Lösung der von Zeit zu Zeit notwendigen
Einkommensüberprüfungen für staatlich subventionierte
V/ohnungen schlechthin.
Nur wenn ein System von Ausgleichsabgaben für Mieter
mit stark gestiegenen Familieneinkommen entwickelt wer
den kann, ist die so stark ausgeprägte Subventionspolitik
auf diesem Sektor auf Dauer vertretbar. Ein solches Ver
fahren würde nicht die soziale Gerechtigkeit vermindern,
sondern sie auf diesem Sektor erst wieder hersteilen.
Insbesondere für das Ausbaugewerbe dürften die vor
gesehene verstärkte Förderung der Althausmodemisierung
— Erhöhung des Förderungsvolumens von 40 auf 75 Mio
DM — sowie deren größeres Gewicht im Rahmen der
Stadtemeuerung und die weitere Aufstockung der Mittel
für bauliche Unterhaltung der Gebäude der öffentlichen
Hand von Bedeutung sein. Allein den Bezirken stehen im
Rahmen der Gesamtbindung mit 124 Mio DM in 1975 damit
rund 40 Mio DM oder 50 v. H. mehr Mittel zur Verfügung
als noch zwei Jahre zuvor.
Die Entwicklung der sächlichen Verwaltungsausgaben,
die ein unterdurchschnittliches Wachstum von 8,6 v. H.
aufweisen, möchte ich hier nur der Vollständigkeit halber
nennen, zumal ich das Thema „Verlustzuschüsse für Eigen
betriebe“ bereits ausführlich behandelt habe. Ich will hier
nur auf die Leistungen für die Universitäten eingehen.
Die im Entwurf des Haushaltsplans 1975 vorgesehenen
Leistungen für die Universitäten betragen rd. 852 Mio DM.
Hinter diesen 852 Mio DM stehen
— konsumtive Zuschüsse in Höhe von 691 Mio DM
— Zuschüsse für Investitionen sowie Ausgaben für Uni
versitäts-Bauvorhaben und Grundstückserwerb in Höhe
von 161 Mio DM.
Die — gemessen an den Zuwachsraten der letzten Jahre
— knapp erscheinende Wachstumsrate von 2,4 v. H. bei
den konsumtiven Zuschüssen ist nicht zuletzt bedingt
durch die im Haushalt der Freien Universität zu erwar
tenden höheren Einnahmen bei den Universitätskranken
häusern aufgrund der Pflegesatzerhöhung ab 1. Juli 1974.
Beim Thema Wachstumsraten nach Einzelplänen möchte
ich mich bei den folgenden Angaben auf die Darstellung
der Einzelpläne beschränken, die entweder ein besonders
großes Volumen aufweisen oder deren Wachstumsraten
erheblich sowohl über als auch unter dem Durchschnitt
liegen.
An der Spitze der Wachstumsraten — immer wieder eine
Aussage für die Schwerpunkte der Politik — liegen die
Einzelpläne Schulwesen, Volksbildung mit 18,8 v. H.
Ihnen folgen die
Einzelpläne Familie, Jugend und Sport 16,0 v. H.
Bau- und Wohnungswesen sowie Bauwesen 13,2 v. H.
Gesundheit und Umweltschutz sowie
Gesundheitswesen 13,1 v. H.
Arbeit und Soziales sowie soziale
Angelegenheiten 13,0 v. H.
Inneres sowie Personal u. Verwaltung 12,4 v. H.
Wissenschaft und Kunst 11,3 v. H.
Erhebliche unterdurchschnittliche Wachstumsraten dage
gen sind zu verzeichnen bei den Einzelplänen Wirtschaft
mit 4,4 v. H. und Finanzen und allgemeine Finanzangelegen
heiten, wo es sogar einen Volumensverlust von 2,2 v. H. gibt.
Für die Betreuungsverwaltungen, also für die Bereiche
Familie, Jugend und Sport, Schulwesen und Volksbildung,
Arbeit und Soziales sowie Gesundheit und Umweltschutz
beträgt die Wachstumsrate 15,0 v. H. — bei einer durch
schnittlichen Ausgabensteigerung von 9,4 v. H. —.
Lassen Sie mich zum Schluß aber noch auf einige Risiken
hinwelsen, die bereits aus heutiger Sicht für die Haus
haltswirtschaft des nächsten Jahres bestehen;
Einer der Sorgenpunkte auf der Ausgabenseite ist seit
Jahren der Zuschuß an die AOK Berlin. Wie Sie wissen,
wird dieser Zuschuß nach einem Bundesgesetz aus dem
Jahr 1957 gezahlt. Der Bundesgesetzgeber wollte seinerzeit
— nach Einführung der gegliederten Krankenversiche
rung — die Versicherten der AOK Berlin nicht die Folgen
der hiermit verbundenen Entstehung einer Risikogemein
schaft mit einem für die Bundesrepublik einmalig hohen
Rentneranteil von mehr als 43 v. H. aller Versicherten
tragen lassen. Der nach dem Gesetz an die AOK Berlin zu
zahlende Zuschuß resultiert inzwischen aber ausschließlich
aus der Unterdeckung in der Krankenversicherung der
Rentner, die größer wird, je explosionsartiger die Aufwen
dungen für die Krankenversorgung allgemein steigen und
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