Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
77. Sitzung vom 3. Juli 1974
Präsident Sickert: Das Wort hat Frau Senator Reichel.
Frau Reichel, Senator für Familie, Jugend und Sport:
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeord
neter Beitz, ich will versuchen, die Entgegnung auf die
Fragen und Vorwürfe so kurz wie möglich zu machen,
muß aber gleich darauf hinweisen, daß es nicht nur Ihre
Forderung, sondern auch die des Abgeordneten Wahl war,
ich hätte kürzer sein, aber mehr bringen sollen. Und wenn
ich diese vielen Zahlen gebracht hätte, die noch von mir
verlangt worden sind, dann wäre das sicherlich ermüdender
gewesen.
Ich habe mich bemüht, mich auf die wesentlichen Zahlen
zu begrenzen, die Inhalte auch darzustellen und mir zu
versagen, der allgemeinen Diskussion von Sport und Politik
heute nicht auszuweichen. Sie hätten mir sonst zu Recht
vorgeworfen, daß ich nichts über die Arbeit des Senats
gesagt, sondern mich in Allgemeinplätzen verloren hätte.
(Abg. Dolata: Sie sind aber nach der Sportpolitik
gefragt worden!)
— Sportpolitik ist ja nicht immer gleich ein Gegensatz
zwischen Sport- und Parteipolitik, Herr Dolata, das wissen
Sie auch.
(Beifall bei der SPD)
Zur Frage der Landessportkonferenz; Sie ist tatsächlich
hier in Berlin auf Anregungen von meiner Seite entstanden.
Ich habe aber nie behauptet, daß ich der Erfinder von
Sportkonferenzen bin. Hier bin ich auf ein sofortiges Ent
gegenkommen und Einverständnis beim Landessportbund
gestoßen, so daß es eine gemeinsame Sache geworden ist.
Im übrigen, Herr Abgeordneter Wahl, wird die Landes
sportkonferenz auch im Team von beiden Bereichen ge
leitet. Das Präsidium hat einmal der eine, einmal der an
dere, und ich meine, daß wir zum Abschluß des letzten
Jahres doch schon einiges haben mitteilen können. Daß
die Anfangsschwierigkeiten, nämlich erst Ausschüsse zu
wählen, Zeit in Anspruch nehmen, wissen Sie als organi
sationserfahrener Mensch auch aus Ihrem parteilichen
Bereich genauso gut wie ich.
(Abg. Wahl: Da gebe ich mir jetzt auch
■Überlebenschancen)
•— Sie müssen nur wissen, daß sich das nach einem Jahr
wieder ändert. Dann müssen Sie die neue Ausrede finden
für die Erfolge, die dann verkauft werden. Ich finde es nicht
gut, daß wir Erfolge im sportlichen Bereich nach staat
licher Seite und der Seite des Landessportbundes sortieren.
Wir wissen alle, daß die tatsächliche Arbeit mit den Sport
treibenden von den freien Verbänden und Vereinen gelei
stet wird und daß es unsere Aufgabe ist, diese zu unter
stützen. Und genau das tun wir. Dabei, Herr Abgeordneter
Beitz, nehmen Sie noch die falschen Zahlen. Sie sagen,
die vereinseigenen Anlagen werden von uns mit 200 000 DM
unterstützt. Dabei unterschlagen Sie, daß im Jahre 1975
500 000 DM dafür ausgegeben werden; das ist mehr, als
der Landessportbund bisher getan hat.
Sie kritisieren, daß die Übungsleiter ausschließlich vom
Landessportbund bezahlt werden. Wir haben eine Arbeits
teilung gemacht und gesagt: Wir übernehmen die Förde
rung der vereinseigenen Anlagen und der Landessportbund
die Übungsleiter, damit nicht in beiden Bereichen unter
schiedliche Mittel eingesetzt werden. Wir hätten es auch
umgekehrt machen können, es ist nur eine Frage der Ver
einfachung sowohl für diejenigen, die Mittel zu beantragen
haben, als auch für die Abrechnung und die Verwaltungs
tätigkeit. Hier können Sie sehen, in welch starker Überein
stimmung wir arbeiten.
Zur Frage der gleichen Behandlung der Sportjugend;
Dieses ist sicherlich ein schwieriges Problem. Aber hier will
ich Ihnen nur sagen: Für den Landesjugendring einschließ
lich Sportjugend stehen zur Förderung von Gruppenfahren,
und zwar nicht nur Kurzfahrten, sonder auch die 14-Tage-
Reisen, für zehn Jugendverbände insgesamt 460 000 DM zur
Verfügung, davon 60 000 DM für die Sportjugend. Für
Sportreisen der Sportjugend stehen 900 000 DM zur Ver
fügung. Mit der Verbesserung, die Sie verlangen, wäre das
eine Verdoppelung. Und hier muß man auch einmal die
Zahlen und nicht nur die Modalitäten sehen.
(Abg. Beitz: Auch die Zahlen der Teilnehmer natürlich!)
- Ja, sicherlich, aber meinen Sie nicht, daß die Jugend
verbände auch gern mit mehr Gruppen reisen würden,
wenn mehr Geld zur Verfügung stünde? Wir haben aber
nicht mehr und müssen das Vorhandene so gerecht wie
möglich verteilen.
Das ist das gleiche Problem mit den Lehrschwimm
becken. Wir haben jetzt in jedem neuen Bad ein Lehr-
schwimbecken und mittlerweile eine Verteilung der Bäder
über den Stadtbereich, so daß die Anreisezeiten doch sehr
verringert werden konnten. In Lehrschwimmbecken könn
ten die Oberstufen und Oberschulen nicht ihre Schwimm
veranstaltungen machen, dazu brauchen sie mindestens die
25-Meter-Bahn, wenn nicht die 50-Meter-Bahn; das bietet
kein Lehrschwimmbecken. Und hier, meine ich, müssen
wir die knappen Mittel, die wir haben, so zweckmäßig wie
möglich ausgeben. Dabei unterschlagen Sie auch - oder
Herr Wahl war es - bei der Vergabe von Hallenbädern
usw., daß wir mit diesem Bäderbauprogramm endlich den
Schwierigkeiten abgeholfen haben, ausreichend Wasser
fläche für die Schwimmenden zur Verfügung zu stellen und
es übererfüllen werden.
Und gleichzeitig auch die Frage der Hallen für die
anderen leistungsstarken Bundesligavereine. Hier werden
wir zu einer Regelung kommen. Unser Angebot, hierfür
Hallen zu bauen, ist von den entsprechenden Gruppen zu
nächst gut auf genommen worden. Sie haben dann aber in
Kontakt mit den Bezirken zentraler gelegene Hallen ge
funden, die sie nutzen können, und für die, die es noch
nicht haben - wie der Handball, der es in Aussicht hat -,
wollen wir ja auch noch Wege finden. Keiner von uns hat
gesagt, daß die Lösung der Probleme aus dem Ärmel zu
schütteln ist, aber allein mit den Hinweisen ist noch nichts
getan und wird dadurch nicht besser. Wir sind jedenfalls
dabei, gemeinsam mit dem Landessportbund nach Wegen
zu suchen, so schnell wie möglich für die Bereiche Abhilfe
zu schaffen. Ich bin sicher, daß wir es auch schrittweise er
reichen werden.
Zur Frage der Einwirkung auf den Deutschen Sportbund
hatte ich zu Anfang Stellung genommen. Ich muß mich
hier nicht wiederholen, ich meine, daß alle Fragen zur
Förderung des Sports - auch für den Bereich der Kontakte
zum Ostblock - eben nur gemeinsam zu lösen sind und daß
es keinem nützt, hier Urheberrechte geltend zu machen,
und auch keinem nützt, sich in die Angelegenheiten der
anderen einzumischen. Dennoch waren unsere Kontakte
immer intensiv, und da, wo ein Signal gegeben wurde, daß
Hilfe notwendig wurde, sind auch diese Wege eingeleitet
und die Weichen gestellt worden.
Wenn wir nun aus dem Sport eine Massenbewegung
machen sollen, dann kann das nur in Verbindung mit den
Sportorganisationen geschehen. Und, Herr Wahl, Sie irren,
alle Sportanlagen, die mit Kunststoffflächen bedeckt sind,
sind außerhalb der Vergabezeiten geöffnet und können von
allen Bürgern genutzt werden. Im Märkischen Viertel zum
Beispiel, das ich aus meiner vergangenen Tätigkeit am
besten kenne, sind die Sportflächen zu 100 % erfüllt und
nicht zu 50 %. Sie sind mit Kunststoff belegt und geöffnet,
und auch die Tennisplätze dort, die allerdings vom Belag
her noch Schwierigkeiten bereitet haben, sind für die Be
völkerung geöffnet. Hier geht also Ihre Kritik ins Leere.
Ich meine, Sie sollten, wenn Sie kritisieren, sich vorher
besser informieren. - Danke!
(Beifall bei der SPD)
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