Abgeordnetenhaus von Berlin - G. Wahlperiode
74. Sitzung vom 13. Juni 1974
auch über andere Dinge, die in so einem Koalitionsgespräch
behandelt wurden —, und dabei ist auch darüber gespro
chen worden, wie dieser Gesetzentwurf parlamentarisch
behandelt wird. Ich nehme an, daß nur das hier wichtig ist,
und deshalb sage ich: Für uns ist wichtig, daß im Laufe
dieses Gesprächs geklärt werden konnte, daß der Bundes
tag dieses Gesetz nun doch noch vor der Sommerpause end
gültig behandeln wird.
(Beifall)
Ich möchte allen Beteiligten in Bonn dafür danken, daß
es jetzt zu dieser Verständigung gekommen ist. Vor allem
danke ich dem Bundeskanzler und dem Außenminister, daß
sie die Entscheidung so schnell und so zufriedenstellend
ermöglicht haben.
(Beifall bei der SPD und der F.D.P.)
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat Herr
Dr. Haus!
Dr. Haus (SPD); Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! In der Geschichte Berlins seit den Verträgen sind die
Vorbereitungen zur Einrichtung des Umweltbundesamts in
Berlin ein nicht zu allen Zeitabschnitten ganz erfreuliches
Kapitel gewesen. Man kann, da das Ganze nun schon ein
Jahr gewährt hat, auch den Berlinern und dem Senat nicht
vorwerfen, daß sie oder wir hier in diesem Hause un-
ziemlich ungeduldig gewesen seien.
Aber heute, und nach dem, was der Herr Regierende
Bürgermeister eben gesagt hat, ist das nicht der Ort, hier
erneut Komplikationen in den Vordergrund zu bringen.
Für die SPD-Fraktion sage ich — und ich betone, daß man
dies auch von allen anderen Seiten des Hauses immer wie
der gesagt hat —: Die Errichtung dieses Umweltbundes
amtes in Berlin ist vertragskonform eben in dem Sinne,
daß dies zur Bewahrung und Bewährung der Bindungen
gehört. Das ist etwas wie früher auch; daß nämlich dieses
oder jenes Amt, das nicht Hoheitsfunktionen ausübt, in
diese Stadt gelegt worden ist. Wir halten fest, daß die West-
Alliierten ausdrücklich bestätigt haben, daß dies vertrags
gemäß ist und daß die Bundesregierung — das kann man
nach dem, was der Regierende Bürgermeister soeben
gesagt hat, hervorheben — selbstverständlich bei ihrem
Beschluß vom Januar bleibt, der da lautet: Das geschieht
so, und das Amt kommt nach Berlin.
Ich sage aber auch, daß der politisch-psychologische
Schaden groß gewesen wäre, der in dieser Angelegenheit
nun durch weiteren Zeitablauf, hätten wir ihn jetzt be
kommen, herauf beschworen worden wäre. Es handelt sich,
gerade wegen der schon verlorenen Zeit, um eine für diese
Stadt immer wichtiger gewordene Angelegenheit. Und auf
der anderen Seite, jenseits des Brandenburger Tors, durfte
nicht der Eindruck entstehen oder neu geweckt werden, als
könne noch einmal über die Entscheidung gesprochen wer
den, das Umweltbundesamt überhaupt nach Berlin zu legen.
Es wäre genau so schädlich gewesen, jetzt auch noch Fragen
der nicht ganz glücklichen, sehr beengten Terminplanun
gen zu dramatisieren. Wir sind jetzt daran vorbeigekom
men, es geht darum, vor der Sommerpause das Gesetz in
zweiter und dritter Lesung fertigzubekommen. Und ich sage,
es geht auch deshalb darum, weil beispielsweise so selt
same Interviews wie die von Herrn Jefremow immer wie
der daran erinnern, daß selbstverständliche, akkurate Ver
tragsausfüllung das ist, was die Politik hier bestimmen
muß.
Der Regierende Bürgermeister hat mit dem Bundeskanz
ler und mit den Koalitionsvertretern gesprochen. Wir mei
nen, daß die Einmütigkeit, die er hier erwähnte, zur Lösung
des Gesetzgebungsvorgangs in hohem Maße zu begrüßen
ist, und für diese Bekräftigung und für diese Klärung ge
bührt ihm und gebührt der Bundesregierung hier in die
sem Hause, glaube ich, von allen Seiten Dank.
(Beifall bei der SPD)
Stellv. .Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Abge
ordnete Oxfort!
Oxfort (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Die Fraktion der F.D.P. nimmt mit Genugtuung zur
Kenntnis, daß die parlamentarische Behandlung der Er
richtung des Umweltbundesamts in Berlin noch vor der
Sommerpause stattfinden wird. Die Mitteilung, die hierzu
der Herr Regierende Bürgermeister soeben gab, steht in
Übereinstimmung mit den Gesprächen, die die P.D.P.-Frak-
tion dieses Hauses am vergangenen Wochenende mit dem
Bundesaußenminister geführt hat.
Wir haben nicht den geringsten Anlaß, von unseren Er
klärungen, die wir vor diesem Hause zu diesen Fragen
wiederholt abgegeben haben, irgend etwas zurückzuneh
men. Wir alle wissen — und nicht nur hier in Berlin —, daß
eine ungebührliche Verzögerung der zu treffenden Entschei
dung nur dazu führt, das Gesamtobjekt in Frage zu stellen
bzw. die Position dieser Stadt zu erschweren. Das muß
unter allen Umständen verhindert werden. Ich gebe dar
über hinaus meiner Erwartung Ausdruck, daß die Gesetzes
vorlage unverändert, d. h. so, wie es aus den Ausschüssen
des Deutschen Bundestages herausgekommen ist, auch
verabschiedet werden wird, daß jedenfalls materielle Ab
striche dort nicht stattfinden werden. Die Errichtung des
Umweltbundesamts in Berlin steht, wie wir hier wiederholt
dargelegt haben, in voller Übereinstimmung mit dem Ber
lin-Abkommen der Vier Mächte. Hier wird gegen den
Status dieser Stadt, wie er durch das Viermächte-Abkom-
men neu begründet worden ist, nicht verstoßen.
Aus allen diesen Gründen kann es nur in unserem Inter
esse liegen, möglichst schnell zu einer Entscheidung zu kom
men, und es darf niemals dazu kommen, daß eine Hand
lung, die nach Auffassung auch der westlichen Alliierten in
Übereinstimmung mit dem Berlin-Abkommen steht, ein
neues Handelsobjekt für berlinpolitische Entscheidungen
mit der Sowjetunion wird. Pferde verkauft man nur ein
mal!
(Beifall bei der F.D.P. und der SPD)
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Ab
geordnete Lummer!
Lummer (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Die CDU-Fraktion hat zum zweiten Male in Sachen
Umweltbundesamt eine Aktuelle Stunde beantragt. Sie hat
in beiden Fällen das gleiche Ziel. Wir wollten den Versuch
machen, eine einmütige Haltung der in Berlin verantwort
lichen Parteien zu erzielen, um in Bonn Bewegung in der
Sache hervorzurufen; denn damals im Januar wie heute hat
es in Bonn Zögern gegeben. Damals war der Vorgang der,
daß die Bundesregierung mehrfach diesen Tagesordnungs
punkt zurückgestellt hat und sich schwer daran tat, nach
der Erklärung des Bundesinnenministers zu einer förm
lichen Entscheidung des Kabinetts zu kommen. In diesem
Palle war es so, daß nach Abschluß der parlamentarischen
Beratungen die sozialdemokratische Fraktion ein zügiges
Verabschieden im Deutschen Bundestag verzögerte.
Ich darf nicht verhehlen, daß wir erfreut darüber sind,
daß es gelungen ist, in Bonn noch vor der Sommerpause
eine Entscheidung zu treffen. Aber ich darf gleichwohl dar
auf hinweisen, daß der Vorgang, den wir in Sachen Um
weltbundesamt bisher erlebt haben, keine große Ermun
terung darstellt für diejenigen, die darangegangen sind,
das Berlin-Abkommen im Hinblick auf die Möglichkeit der
Bindungen an den Bund weiter zu entwickeln. Wir müssen
vielmehr sehen, daß allzu großes Zögern Verzögerungen
hervorgerufen hat; hier ist die Bevölkerung verunsichert
worden, die Sowjetunion ist in ihren Protestbemühungen
sicher ermuntert worden. Im Grunde ist hier durch dieses
zögernde Verhalten Porzellan zerschlagen worden. Es fällt
einem schon schwer, heute der Hoffnung Ausdruck zu
geben, daß dieses nicht mehr geschieht; denn diese Hoff
nung hatten wir schon im Januar.
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