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Volume Nr. 74, 16.06.74

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1974/75, 6. Wahlperiode, Band IV, 66.-93. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
74. Sitzung vom IS. Juni 1974 
zu sagen. Und Sie, die Sie in jeder Phase der Debatte 
doch eigentlich auch zu differenzieren bereit sind, sollten 
sich doch auch dieser Differenzierung anschließen können, 
das, was wirklich lobenswert ist, zu loben, und das, was 
nicht dem Lob unterliegen sollte, sondern der Kritik -— 
wenn auch vielleicht einer gemesseneren Kritik, als man 
sie bei mir feststellte —, dann auch kritikwürdig zu finden, 
und nicht so zu tun, als sei jetzt, weil man es mit sehr 
vielen engagierten Bürgern auf dem Sektor zu tun hat, 
die Stunde gekommen, alles und jedes abzusegnen, zur 
Not sogar noch abzusegnen, daß man Sie als im Anfang 
vielleicht nicht aufpassend noch mit kritisiert oder Ihre 
Parteifreunde in Zehlendorf. Ich würde das für ein unan 
gemessenes Verfahren halten. 
In der Sache selbst bin ich Herrn Abgeordneten Lummer, 
was Sie nicht überraschen wird, sehr dankbar, daß er 
wörtlich davon gesprochen hat, daß für diese Lösung viele 
Argumente sprechen, aber auch Argumente dagegen. Wir 
haben das nie anders gesagt. Ich konnte heute in der 
Debatte darlegen, daß es einige Dinge gibt, die auch uns 
nicht voll zufriedenstellen, weil es die optimale, die alle 
zufriedenstellende Lösung nicht gibt. 
(Abg. Lummer: Dann machen Sie eben doch die 
Zusage!) 
Es gibt die Bauphase selbst, die können wir leider bei 
Baumaßnahmen noch nicht ausschließen. Ich weiß, daß sie 
für viele Bürger, die auch mir geschrieben haben, der ent 
scheidende Punkt ist, nach dem Motto; Wenn er erst steht, 
finden wir ihn ja schön! Aber was ist in den Jahren, bis 
er steht? — Ich habe dafür Verständnis; ich weiß, welche 
Belästigungen Baumaßnahmen dieses Ausmaßes nicht nur 
für den Verkehr, sondern auch für die Anwohner mit sich 
bringen. Aber zugleich darf man hier wohl auch anführen, 
daß es eine Unzahl von Bürgern gibt — auch in Zehlen 
dorf und außerhalb Zehlendorfs —, die sich nicht nur poin 
tiert dagegen aussprechen, sondern die sagen, daß sie es 
für eine überzeugende Lösung halten, auch wenn tatsäch 
lich diejenigen pointierter in Erscheinung treten, die sich 
als Bürgerinitiative organisiert haben, die aber auch eine 
Modifizierung ihres Standpunktes eingenommen haben, 
nachdem sie ursprünglich gegen manches oder fast alles 
angerannt sind, was die von mir vertretene Verwaltung 
vorgelegt hat. Das ist ja eine Modifizierung, die ich begrüße, 
weil sie zeigt, daß sachlich verhandelt worden ist. Aber 
angetreten worden ist nach dem Motto: Probieren wir es 
doch mal eine Weile mit dem Verkehr, und wenn es dann 
schlimm wird, dann können wir ja immer noch bauen! — 
Nur ist das nicht der Standpunkt der Verwaltung. 
Eine Senatsverwaltung, die dafür verantwortlich ist, daß 
diese Dinge vernünftig vorausgeplant werden, muß zu dem 
Zeitpunkt, wo sie glaubt, daß arge Fehlentwicklungen in 
diesem Bereich verhindert werden können und wo sich 
sozusagen die Dinge noch nicht im Raume stoßen, daß jeder 
es als unmittelbare Notwendigkeit empfindet, hier und 
heute die Lösung vorzuweisen, diese Planung vorlegen und 
dann in dieser Zwischenphase zu einer Realisierung kom 
men, die verhindert, daß Zustände, wie man sie offensicht 
lich nach Überzeugung einiger in diesem Bereich erst ein- 
treten lassen will, überhaupt erst entstehen können, sonst 
verdiente das nicht das Wort „Planung“, sondern „Flick 
schusterei“. 
Nun noch zu einigen kleinen Punkten. Der Herr Kollege 
Oxfort ist leider nicht anwesend. — Bitte ? 
(Zurufe) 
— Ist nett! Also ich hoffe, es wird ihm mitgeteilt, daß ich 
mich darüber freue, daß er, als nicht anwesend bei einer 
Ausschußsitzung, glaubt feststellen zu können, wie da die 
Tonlage war. Es ist ja immer ein mißlicher Vorgang, wenn 
sowohl Schreiber als auch Redner über Vorgänge und Ent 
scheidungen Kommentare abgeben, obwohl sie das gar 
nicht selbst miterlebt haben. Ich will den Verlauf der 
Sitzung gar nicht rekonstruieren, Herr Abgeordneter Rasch, 
da ist es, wenn wir von dem Verhandlungsstil ausgehen, 
friedfertig wie bei einem Professorenkongreß zugegangen. 
Im übrigen ist dann, wenn in einem Ausschuß beraten wor 
den ist, nicht nur auf das Bezug zu nehmen, was ich gesagt 
habe, sondern da wäre auch manches andere zu erwähnen, 
um das in Ihrer Richtung ganz klar zu sagen. Da kann man 
Beamte auch nicht so hinstellen, als würden sie sich wegen 
irgendwelcher Verbrechen verantworten müssen, um das 
völlig klar zu sagen, bis hin zur Wortwahl. Ich will das 
hier in aller Deutlichkeit sagen: Die Beamten können sich 
dagegen nämlich nicht wehren, das widerspricht dem par 
lamentarischen Prinzip, dafür hat der Senator gerade 
zustehen. Wenn man ihn dafür „naßforsch“ nennt, meinet 
halben, ich muß das ertragen, ich bin ja die Debatten hier 
von früher gewöhnt. Aber in der Sache selbst gilt: Da 
stehen einige, die auch noch in einigen Jahren Rede und 
Antwort stehen und damit verantwortlich zeichnen für alles 
das, was auf den Tisch gelegt worden ist. Und ich glaube, 
daß es aus der Vergangenheit heraus gerechtfertigt ist zu 
sagen, daß hier nicht unverantwortlich gehandelt wird und 
daß auch bei diesem Objekt, wo die Emotionen etwas höher 
gehen als gewohnt, nicht automatisch unterstellt werden 
darf, daß hier die Verwaltung mit falschen Zahlen mani 
puliert, nur um Abgeordnete, die selbstverständlich sach 
kundig sind, auf einen Fehlweg zu locken. Dies könnte sich 
keine Verwaltung leisten, dies kann sich kein verantwort 
licher Senator leisten, deswegen sollten wir es als Annahme 
aus einer solchen Diskussion hier herausnehmen. 
Was die Haushaltsstellen angeht, bin ich etwas unglück 
lich darüber, daß der Herr Abgeordnete Oxfort meint, eine 
Zeitungsmeldung — auf für das Parlament und den Senat 
anonymen Angaben beruhend — sei der offiziellen und 
amtlichen Auskunft des zuständigen politisch Verantwort 
lichen hier im Plenum gleichzuachten. Das macht mich 
betroffen. Denn wenn ich hier aufgrund der Befragung 
meines eigenen Hauses, des Bezirksamts Zehlendorf, 
einiger Eigenbetriebe und ihrer verantwortlichen Vorstände 
bis ins letzte Detail vortragen kann, daß die Annahme, die 
der Frage 2 der F.D.P.-Fraktion zugrunde liegt, nicht zu 
trifft, und dann der Herr Abgeordnete Oxfort sich hier 
hinstellen und so tun kann, als sei das alles nicht sehr 
glaubhaft, solange in irgendeiner Zeitung etwas anderes 
stehe, dann muß ich sagen: das macht mich betroffen. Denn 
was ist man eigentlich nach so einer Auskunft, Herr Abge 
ordneter Rasch, der Sie hier als Informant für Ihren Kol 
legen Oxfort auftreten wollen? Was ist man dann eigent 
lich? Ich überlasse es Ihrem Urteil, wie Sie so etwas 
nennen, aber ich jedenfalls fühle mich betroffen durch diese 
Art, miteinander umzugehen, um das hier in aller Klarheit 
zu sagen. Wir haben die Zeitung, die dies veröffentlicht hat, 
gebeten: Nennt uns bitte den Informanten, wir setzen uns 
mit ihm in Verbindung um klarzustellen. Da hat man auf 
einen leitenden Redakteur, der für uns nicht erreichbar 
war, verwiesen und gesagt: Im übrigen können wir da gar 
nichts veranlassen —; aber die Notiz ist wiederholt worden. 
So kann man vielleicht als Zeitung im Verhältnis mit poli 
tisch Verantwortlichen umgehen; ob es aber der feine bür 
gerliche Stil ist, der dort gepflegt wird, will ich dahin 
gestellt sein lassen. Aber — um das noch einmal zu sagen — 
hier betrübt mich dies! 
Was den Wegfall der weiteren Tunnel im Zuge der B1 
angeht, so habe ich die Fragestellung heute neu formuliert 
gesehen, und zwar sowohl durch Herrn Abgeordneten 
Oxfort als auch durch Herrn Abgeordneten Liebig. Bisher 
stand die Frage als Befürchtung, daß der Tunnelbau, wenn 
er käme, andere Tunnellösungen nach sich ziehen könne, 
und man erwartete die sozusagen befreiende Antwort sei 
tens des Senats: Nein, wir sehen daraus nicht den Zwang 
erwachsen, die anderen im Flächennutzungsplan vorge 
sehenen Tunnellösungen damit etwa auch als zwangsläufig 
anzuerkennen. — Nun haben, wie Ihnen bekannt, die 
zwischenzeitlich vorgenommenen Erhebungen ergeben, daß 
wir diese Zwangsläufigkeit nicht entstehen sehen. Also 
müßte doch bei Ihnen ein befreiendes Gefühl nach dem 
Motto herrschen: Wenigstens das Argument ist vom 
Tisch! — Jetzt drehen Sie es um, jetzt sagen Sie: Das ist 
ja nun ganz besonders bösartig, jetzt fallen die Dinger 
vielleicht weg für den Fall des Tunnelbaus, dann muß 
man doch zu der Konsequenz kommen, auch diesen Tunnel 
wegfallen zu lassen. — Das verstehe, wer will, es gehört 
schon sehr viel Willensanstrengung dazu, Herr Kollege 
Liebig, um es zu verstehen. 
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