Abgeordnetenhaus von Berlin — 6. Wahlperiode
73. Sitzung vom 80. Mai 1974
Wronski (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Ich möchte meinen Bemerkungen von vorhin noch
etwas hinzufügen; Sie haben Verständnis dafür, daß man
in fünf Minuten nicht alles abladen kann! Ich möchte den
Senat daran erinnern — ich habe das nachgeprüft, was
ich jetzt sage —, daß er in allen Äußerungen der zurück
liegenden zehn Jahre auf vielfache Rückfragen, Kleine und
Große Anfragen immer die Meinung vertreten hat — aus
gehend von seiner Hypothese, daß die Gesellschaften durch
den äußeren Druck der Verhältnisse Tegel schließlich an
nehmen werden —, immer davon ausgegangen ist, daß die
Gesellschaften, und zwar alle, in Tegel untergebracht wer
den. Das scheint mir sehr wichtig zu sein im Hinblick auf
die Bewertung des Bemühens des Senats, sich heute nur
um eine Gesellschaft, welche auch immer, zu kümmern.
Hier hat offensichtlich eine Wandlung der Absichten des
Senats stattgefunden. Das alles, wie gesagt, ist belegbar.
Und nun, Herr Senator, müssen wir doch wirklich wissen,
warum, insbesondere — ich habe Sie hier gebeten, uns das
doch mal zu sagen —: Warum sieht sich denn die Flug-
hafengesellschaft nicht in der Lage — und der kaufmän
nische Direktor hat sich am 4.5.1974 definitiv so ge
äußert —, daß auf keinen Fall PanAm und BEA gemein
sam von Tempelhof nach Tegel umziehen können? — Er
hat nicht gesagt, nicht wollen, sondern nicht können! Und
nun müssen Sie uns doch mal sagen, warum sie es nicht
können.
Ich habe Ihnen gesagt, daß die Kapazität zwischen Flug
gastaufkommen und Flugbahnhof miteinander vereinbar
ist. Bitte, das ist doch eine wichtige Frage! Und ich kann
hier an die Bemerkung von Herrn Lummer anknüpfen,
sich da nicht zu sehr unter Druck setzen zu lassen. Ich
möchte Ihnen hier keine Versprechungen machen, aber
das wird kein Argumentationsobjekt im Sinne vom „Steg
litzer Kreisel“. Das kann ich Ihnen hier auf jeden Fall
sagen.
Die CDU hat genau wie Sie ein Interesse daran, daß
dieses moderne Objekt auch genutzt wird. Nun verlieren
Sie bitte nicht die Nerven bei Ihren Verhandlungen mit
den Fluggesellschaften und setzen Sie sich nicht noch selbst
unter Druck, schmeißen Sie bitte nicht mit der Wurst nach
der Speckseite, um das mal auf gut berlinisch zu sagen!
Oder haben Sie Gründe, diese von uns allen gewünschte
Entwicklung zu verhindern? Dann müssen Sie sie sagen.
Ich stelle einige Fragen dazu:
Trifft es zu, Herr Senator — ich weiß nicht, wer dafür
zuständig ist, vielleicht der Herr Bausenator —, daß bei
spielsweise die Bodenzeit der Flugzeuge in Tegel länger
sein wird als in Tempelhof, daß heißt, daß die Umlaufzeit
sehr viel länger sein wird ?
Trifft es zu, daß die Rollwege — notwendiges Accessoire
zu jedem Flugplatz — Zur Zeit noch gar nicht benutzt
werden können ?
Trifft es vielleicht zu, daß damit zu rechnen ist, daß im
Zusammenhang mit der Inbetriebnahme des Flugplatzes
Tegel ein Teil des in Tempelhof tätigen zivilen Personals
entlassen wird ?
Das sind Fragen, die hier zu stellen sind. Mir sind Infor
mationen dieser Art zugegangen, und ich hätte Verständ
nis dafür, wenn Sie mit Rücksicht auf solche Überlegungen
die totale Nutzung des Flugplatzes Tegel zunächst nicht
in Aussicht nehmen wollen. Aber wenn die Fragen hier ge
stellt sind, dürfen wir vom Senat erwarten, daß er sie auch
beantwortet.
(Beifall bei der CDU)
Stellv. Präsident Lorenz: Weitere Wortmeldungen? —
Liegen nicht vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.
Ich rufe auf
Ifd. Nr. 2, Drucksache 6/1393:
Große Anfrage der Fraktion der CDU über organisa
torische Zusammenfassung der Berliner Ausstellungen,
AMK und Deutschlandhalle
Wir fragen den Senat:
1. Warum hat der Senat die längst versprochenen
Organisationspläne zur Zusammenfassung der
Gesellschaften noch nicht vorgelegt ?
2. Welches ist das Ergebnis des in Auftrag gegebe
nen Organisationsgutachtens ?
Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Mendel.
Mendel (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Wir haben diese Große Anfrage am 8. Mai dieses
Jahres gestellt, und wir haben kurz danach einen Bericht
des Senats an den Hauptausschuß bekommen, der zwar
vom 7.5. datiert, aber per Fach etwas länger gedauert hat.
Und in diesem Bericht, der als Zwischenbericht angekün
digt ist, steht drin: Sämtliche Beteiligten prüfen und über
denken in enger Zusammenarbeit den äußerst komplexen
Problemkreis intensiv und fortlaufend. Und dann wird fest
gestellt, daß Zwischenberichte nicht mehr erforderlich sind,
weil das Abgeordnetenhaus den Senat aufgefordert hat,
baldmöglichst einen solchen Bericht zu erstellen. Nun ist
diese Formulierung „baldmöglichst“ unter einem gewissen
Druck zustande gekommen. Wir hatten schon zweimal
Termine gesetzt, die nicht eingehalten wurden, und wollten
uns ein drittesmal nicht mehr blamieren.
Dieser Zwischenbescheid des Senats hat uns nicht davon
abhalten können, diese Große Anfrage aufrechtzuerhalten.
Sie ist mit diesem Zwischenbescheid nicht erledigt worden.
Aber lassen Sie mich einiges zu der Historie dieser gan
zen Angelegenheit sagen: Der erste Berichtsauftrag an den
Senat stammt vom Dezember 1971. Aber schon im Septem
ber 1970, bei der Beratung der Vorlage über die Gründung
der AMK, wurde im Wirtschaftsausschuß darüber gespro
chen, und dort hat damals Herr Senator König erklärt:
Die Lösung sei zwar nicht optimal, doch sei es nach zwei
jährigen Bemühungen die optimal mögliche, die erreicht
werden konnte. Ich folgere daraus, daß dieses Problem den
Senat schon seit 1968 bewegte, so daß wir heute im sech
sten Jahr dieses Problems stehen.
Und dann hat vor einigen Monaten der Herr Senator für
Finanzen dm Hauptausschuß erklärt: Wegen der Rechts
form gebe es im Senat keine Streitigkeiten, doch es sei eine
Vielzahl von Fragen, auch personalrechtlicher Natur, zu
berücksichtigen, die in aller Ruhe ausgelotet werden müß
ten. Und nun kommt die von mir schon zitierte Vorlage;
Alle überdenken, intensiv und fortlaufend, und, das möchte
ich dazu sagen: sie wollen durch das Abfassen weiterer
Zwischenberichte nicht gestört werden.
Ich kann also nur sagen; Bis 1973 hat man uns einen
Termin zur Durchführung dieser Aktion versprochen, den
1.1.1975. Davon ist nun auch nicht mehr die Rede, und
wir hoffen nun, heute durch diese Große Anfrage etwas
mehr darüber zu erfahren, woran das eigentlich liegt. Liegt
es daran, daß zwei Senatsabteilungen daran beteiligt sind,
denn die AMK untersteht dem Herrn Senator für Wirt
schaft, und die Ausstellungen unterstehen dem Herrn Sena
tor für Finanzen? Wir haben in letzter Zeit oft schlechte
Erfahrungen gemacht, wenn zwei Senatsabteilungen an
einer Sache beteiligt sind. Die Älteren von uns werden sich
vielleicht noch erinnern, wieviel Jahre es gedauert, hat, bis
man die WBK gründen konnte, bis sich die beiden Herren
geeinigt hatten, wer den Vorsitz führt. Das ist also die
erste Frage. Und die zweite Frage; Liegt es daran, daß
dem Personal der Berliner Ausstellungen nicht die volle
Besitzstandswahrung versprochen worden ist bezüglich
Status, Gehalt und Altersversorgung? Das ist eine Sache,
die doch wohl für alle selbstverständlich ist; denn man kann
keinen Status verschlechtern, wenn man eine Gesellschaft
umgründet. Oder sind es Schwierigkeiten, die über das Per
sonalvertretungsgesetz gemacht werden? Ich möchte es
mal so formulieren. Und in diesem Falle, meine Damen
und Herren, möchte ich den Senat fragen, ob es für ihn
hilfreich wäre, wenn das Abgeordnetenhaus die Berliner
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