Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
72. Sitzung vom 9. Mai 1974
Präsident Sickert: Eine Zusatzfrage — Herr Abgeord
neter Boroffka!
Boroffka (CDU): Herr Senator! Aus der Tatsache, daß
Sie keine Zahlen nennen wollen, könnte man da nicht den
Schluß ziehen, daß diese Zahlen so erschreckend sind, daß
Sie sie nicht öffentlich nennen wollen ?
Und eine zweite Frage: Ist es eigentlich in der deut
schen Professorenschaft üblich, bei Annahme eines Rufes
an eine andere Universität dieses mit politischen Gründen
jeweils zu entschuldigen ?
(Zuruf des Abg. Schwarz —
Abg. Pawlak: Das ist heute Mode geworden!)
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Stein!
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst: Herr
Abgeordneter Boroffka! Es ist nicht richtig, daß ich hier
keine Zahlen nennen will; ich habe das Material jetzt nicht
bei mir, weil es nicht Inhalt der Mündlichen Anfrage war.
Aber ich mache Ihnen den Vorschlag: Stellen Sie doch eine
Kleine Anfrage, dann bekommen Sie schriftlich alles, was
ich darüber weiß, frei Haus geliefert, und dann können Sie
alles daraus entnehmen, was Sie interessieren könnte.
(Beifall bei der SPD)
Die letzte Frage habe ich nicht verstanden. Ich kann nur
sagen: Es war eben früher nicht üblich, daß man die
Annahme eines Rufes politisch motivierte, man soll es
auch heute nicht tun. Ich behaupte ja auch nicht, daß
jemand, der einen Ruf an die Freie Universität annimmt
— und ich bekomme täglich Briefe, wo das drinsteht —,
sich für einen sogenannten „roten Terror“ entscheidet.
Präsident Sickert: Eine Zusatzfrage — Herr Abgeord
neter Lemmer!
Lemmer (CDU): Ist es denn üblich, Herr Senator, daß
nicht einmal mehr Bleibeverhandlungen geführt werden,
so, wie das in diesem Fall gewesen ist und wie es auch in
vielen anderen Fällen war? Gehört es zum normalen
Wechsel eines Lehrers von Universität zu Universität, daß
Bleibeverhandlungen nicht stattfinden ?
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Stein!
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst: Nein,
das ist nicht üblich, das gehört vielmehr zu einer poli
tischen Demonstration.
Präsident Sickert; Eine weitere Zusatzfrage — Herr
Abgeordneter von Kekule!
von Kekul6 (CDU): Herr Senator, meinen Sie wirklich,
daß es dem Hause gegenüber angemessen ist, wenn Sie
sich zur Rechtfertigung von Aktivitäten auf Studien- und
Prüfungsordnungen beziehen, die zu erlassen Sie immerhin
seit 1969 Gelegenheit gehabt hätten ?
Und zweitens frage ich Sie im Hinblick auf die Aktivi
täten, von denen Sie sprechen: Zählen Sie zu diesen Akti
vitäten auch die Ablehnung des Quorums durch die Frak
tion, die diesen Senat trägt ?
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Stein!
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst; Ich habe
leider kein Mandat, für eine Fraktion dieses Hauses zu
sprechen.
(Abg. Diepgen: Eigenartiges Parlamentsverständnis!
— Abg. Pawlak: Besser als gar keins!)
Präsident Sickert: Eine weitere Zusatzfrage — Herr
Abgeordneter Meissner!
Meissner (CDU): Herr Senator, mich machte Ihre Be
gründung für die Berufung der Professoren an andere
Universitäten hellhörig. Durfte Ihre Beantwortung, daß
heute anders als früher eine Berufung politisch begründet
wird, so verstanden werden, daß Sie diesen Professoren
eine falsche Motivation unterstellen oder gar der Lüge
bezichtigen ?
Präsident Sickert: Herr Senator Dr. Stein!
Dr. Stein, Senator für Wissenschaft und Kunst: Ich habe
hier niemand eine Motivation unterstellt, ich habe nur
gesagt: Ich kann nicht vollständig über die Motive jedes
einzelnen, der fortgeht — soweit er nicht selber darüber
Auskunft gibt —, Vermutungen anstellen und darüber
öffentlich in diesem Hause sprechen. Das müssen Sie die
fragen, die solche Rufe annehmen, aber nicht mich.
Präsident Sickert: Keine weiteren Zusatzfragen mehr?
— Meine Damen und Herren, die offenen Mündlichen An
fragen werden schriftlich beantwortet, die Fragestunde hat
ihre Erledigung gefunden.
Ich rufe auf die lfd. Nrn. 2 bis 5. Es handelt sich um
Vorlagen zur Kenntnisnahme gemäß Artikel 47 Abs. 1
der Verfassung von Berlin
und zwar
lfd. Nr. 2, Drucksache 6/1369:
Vierte VO zur Änderung der Gebührenordnung für
die Benutzung von Einrichtungen der Berliner
Feuerwehr
lfd. Nr. 3, Drucksache 6/1370:
Fünfte VO zur Änderung der VO über Beförde
rungsentgelte für den Krankentransport
lfd. Nr. 4, Drucksache 6/1374:
VO über die Festsetzung des Bebauungsplanes
XII-206
lfd. Nr. 5, Drucksache 6/1385:
VO über Mieterhöhungen bei preisgebundenem
Wohn- und Geschäftsraum sowie zur Änderung der
VO über die Ertragsberechnung nach § 2 des Achten
Bundesmietengesetzes
Zur lfd. Nr. 2, Drucksache 6/1369, zur lfd. Nr. 3, Druck
sache 6/1370 ist Überweisung an den Hauptausschuß und
zur lfd. Nr. 5, Drucksache 6/1385, Überweisung an den
Ausschuß für Bau- und Wohnungswesen beantragt worden.
Weitere Überweisungsanträge liegen mir nicht vor. Wird
den Ausschußüberweisungen widersprochen? — Das ist
nicht der Fall. Dann stelle ich fest, daß die beantragten
Überweisungen beschlossen sind und das Haus von der
Vorlage zur lfd. Nr. 4 Kenntnis genommen hat.
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