Abgeordnetenhaus von Berlin - G. Wahlperiode
70. Sitzung vom 28. März 1974
Zeliermayer (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich möchte damit beginnen: Ich freue mich, daß
meine hier oft vorgetragene These, daß für die zukünftige
Lebensfähigkeit der Stadt die Entwicklung Berlins zu einer
europäischen Kongreß- und Tagungsstadt notwendig ist,
Eingang in die Politik des Senats gefunden hat, und man
sich bemüht, in dieser Richtung tätig zu werden. Um so be
dauerlicher ist es selbstverständlich, wenn eine solche Aus
stellung, die für den Tourismus der Stadt immer Wesent
liches gebracht hat, nun verschwinden soll. Wir wissen,
daß bedauerlicherweise ein leichter Rückgang in unserem
Fremdenverkehr hier festzustellen ist und daß nicht allein
die Ausstellungen, sondern die sie begleitenden Kongresse
und Tagungen wesentlich dazu beitragen, daß Berlin eine
Stätte der Begegnung wird, und daß Berlin tatsächlich,
gerade was den Tourismus anbelangt, auch hier wieder
positiv werden kann.
Sie haben, Herr Senator, vorhin davon gesprochen, daß
dieses Geschäft immer schwieriger und der Kampf um die
Ausstellungen immer härter wird. Aber gestatten Sie mir,
Ihnen zu sagen, daß dieses Gerede, Berlin sei eine normale
Großstadt geworden, leider mit dazu beiträgt, daß weniger
Rücksicht auf Berlin genommen wird, obwohl sich die geo
graphische Lage Berlins nicht geändert hat. Also ich glaube,
wenn wir weniger von der normalen Großstadt sprechen
würden, sondern von einer Stadt, die sich hier bemüht,
trotz ihrer schwierigen geographischen Lage eine euro
päische Kongreß- und Tagungsstadt zu werden, damit weiß
Gott mehr gewonnen wäre.
(Beifall bei der CDU)
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Abge
ordnete Blume.
Blume (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Ich möchte mich kurz fassen, weil ich
glaube, daß das meiste in dieser Hinsicht hier schon gesagt
worden ist.
(Beifall bei der F.D.P.)
Ich will mich nur gegen einige Dinge wenden, weil ich
glaube, daß sie so, wie sie gesagt worden sind, doch nicht
ganz in Ordnung sind. Einmal möchte ich mich dagegen
wenden, daß man eine Äußerung des Senators, der dazu
persönlich auch Stellung genommen hat, benutzt — und
das halte ich für sehr fraglich, das haben beide Redner
der Opposition getan —, nun mit dieser einen Äußerung
gleich den Niedergang des gesamten Messe- und Ausstel
lungswesens in Berlin an die Wand zu malen. Ich finde, so
sollte man Dinge dieser Art nicht darstellen, denn, Herr
Kollege Boehm, es ist ja weiter gesagt worden — und das
ist ja Ihre zweite Frage —, daß aufgrund dieser Äußerung
— so ungefähr — der Senat noch darstellen sollte, wie er
sich die weitere Entwicklung des Messe- und Ausstellungs
wesens in dieser Stadt vorstellt. Daß hier eine beacht
liche Bilanz vorgelegt worden ist, ist eben schon vom Kolle
gen Voelker erwähnt worden, und das hier werden Sie ja
auch gelesen haben, Herr Kollege Boehm und Herr Kollege
Richter — das ist das, worauf die Industrie- und Handels
kammer Bezug genommen hat —, daß Aussteller aus 103
Ländern hier waren, daß wichtige, gute Ausstellungen in
den letzten Jahren nach Berlin gekommen sind
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Gestatten Sie eine Zwi
schenfrage, Herr Blume ?
Blume (SPD): Bitte schön!
^Richter (F.D.P.): Nachdem Herr Kollege Voelker und
n auch Sie die Industrie- und Handelskammer wiederholt
zitieren; Ist Ihnen beiden bekannt, daß eben diese Kammer
am Dienstag vergangener Woche zur Stellungnahme des
Senats im Wirtschaftsausschuß über die Deutsche Indu
strieausstellung eine außerordentlich kritische Presseer
klärung abgegeben hat? Möchten Sie dann auch davon
Kenntnis nehmen ?
Blume (SPD): Herr Kollege Richter, ich glaube, ich habe
das am Anfang getan, indem ich auf die Äußerungen des
Herrn Senators hingewiesen habe, die Sie ja auch zur
Kenntnis genommen haben werden, oder Sie müßten in
dem Augenblick nicht hingehört haben. Ich wehre mich
nur dagegen, daß hier immer gleich Dinge hochgezogen
werden und alles, was bisher geleistet worden ist, in Frage
gestellt wird. Von Konzeptionslosigkeit wird gesprochen.
Wir haben in Berlin bisher immer im Wettbewerb mitge
halten, und es sind gute internationale Ausstellungen in
Berlin durchgeführt worden, und so wie es aussieht, wird
das auch weiterhin so sein. Es dient uns allen nicht, Herr
Kollege Richter, die wir daran interessiert sind, gerade
diese Messe- und Ausstellungspolitik weiter auszubauen,
dann s o vorzugehen: wir sollten uns gemeinsam über
legen, wie wir auch diese schwere Frage der DIA, die sicher
lich von ihrer Eigenart her eine schwierige Ausstellung
geworden ist, lösen können. Und, Herr Kollege Boehm, ich
bin das letzte Mal durchgegangen, und Sie vielleicht auch:
Daß es im ursprünglichen Sinne nicht mehr die Deutsche
Industrieausstellung war, wie sie vor zehn Jahren mal
gewesen ist, wie Herr Kollege Richter sagte, sondern daß
sie sich gewandelt hat, muß sicherlich auch uns darüber
nachdenken lassen, wie wir das verändern und etwas Bes
seres daraus machen können. Das sollte unsere gemeinsame
Aufgabe sein, und der sollten wir uns stellen.
(Beifall bei der SPD)
Stellv'. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Ab
geordnete Boehm.
Boehm (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Wir wollen hier nicht um Einzelheiten rechten,
sondern es geht mir nur um eine Erwiderung in einem
wesentlichen Punkt, Herr Kollege Voelker. Vorwegge
schickt — der Kollege Richter hat schon darauf hinge
wiesen —: Wir vertreten ja hier nicht eine Politik der
Industrie- und Handelskammer, nur kann man sie nicht
lobend erwähnen und dabei auslassen, daß es gerade —
übrigens zufällig gleichzeitig — die CDU-Fraktion und die
Industrie- und Handelskammer waren, die sich sofort am
folgenden Tag sehr lebhaft in der Öffentlichkeit beschwert
haben. Es geht auch nicht darum, daß gesagt werden kann,
wir hätten Konzeptionslosigkeit vorgeworfen. Ich meine,
das ist ein Trauma bei der Regierungspartei, davon ist
kein Wort von mir hier gefallen.
Aber weshalb ich mich gemeldet habe, Herr Kollege
Voelker, ist folgendes: Sie sagten, wir sollten solche Dinge
im Ausschuß behandeln. Ich unterstreiche, daß wir die
Arbeit des Plenums entlasten müssen und daß wir viele
Dinge im Ausschuß behandeln sollten. Es läßt sich aber
nicht vermeiden, daß wir mit einigen Dingen ins Plenum
gehen, nämlich gerade wenn im Ausschuß etwas schief
gegangen ist. Zum anderen ist es mein Anliegen, das hier
jetzt zu sagen; Wir haben darauf verzichtet, daß der Senat
seinen sonst etwas feierlich aufgeputzten Bericht zur Lage
der Berliner Wirtschaft in diesem Jahr gegeben hat. Wir
haben uns damit begnügt, daß der Senator für Wirtschaft
vor dem Ausschuß berichten sollte. Die Art und Weise, wie
die Berichterstattung vor dem Ausschuß zustande gekom
men ist, nämlich etwas sehr mit der linken Hand und nicht
mit voller Kenntnis der Materie bei den Ausschußmitgliedem
und dessen, was der Senator liefern wollte, hat uns eigent
lich gelehrt, daß die etwas liberalere Methode nicht die
richtige und wirkungsvolle Behandlung war, insbesondere,
wenn wir bedenken — und das möchte ich hier allen
Kollegen einmal sagen —: Wir streiten uns hier stunden-
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