Abgeordnetenhaus von Berlin - G. Wahlperiode
93. Sitzung vom 23. Januar 1975
Ausschußzwischenbericht
Gesetz über die Unterrichtung des Abgeordneten
hauses bei den Begierungsplanungen des Senats
und den Vereinbarungen des Senats mit dem Bund
und den Ländern
und
Gesetz über die parlamentarische KontroUe der
Begierungsplanung
von Kekule (CDU) 3513
Dr. Haus (SPD) 3513
Anträge
Ausbildung von Logopäden 3514
Neue Mathematik
Diepgen (CDU) 3514
Schwarz (SPD) 3515
Kayser (FJD.P.) 3515
Präsident Sickert eröffnet die Sitzung um 11.04 Uhr.
Präsident Sickert: Meine sehr verehrten Damen und Her
ren! Ich eröffne die 92. Sitzung des Abgeordnetenhauses
von Berlin und bekunde unseren unbeugsamen Willen, daß
die Mauer fallen und daß Deutschland mit seiner Haupt
stadt Berlin in Frieden und Freiheit wiedervereinigt wer
den muß.
Bevor wir heute unsere Beratungen aufnehmen, möchte
ich im Namen des ganzen Hauses acht unserer Kolleginnen
und Kollegen Dank sagen, die seit zwanzig Jahren dem
Abgeordnetenhaus angehören. In guten und schlechten Zei
ten, in Krisen und bei politischen Höhepunkten haben sie
als Volksvertreter ihre Pflicht getan. Sie halfen durch ihre
Arbeit, Berlin zu der blühenden Stadt zu machen, die es
heute ist. Die Kolleginnen Edith Lowka und Eleonore
Schneider sowie die Kollegen Paul Dyllick, Peter Lorenz
und Werner Stein übernahmen ihr Mandat mit Beginn der
2. Wahlperiode am 11. Januar 1955. Die Abgeordneten Erich
Gießner und Rudolf Mendel traten am 17. Februar hinzu,
der Abgeordnete Franz Ehrke am 3. März vor zwanzig
Jahren.
Bei der konstituierenden Sitzung am 11. Januar 1955 fun
gierten die vier jüngsten Abgeordneten als Beisitzer im
Präsidium. Einer unserer heutigen Jubilare, Peter Lorenz,
gehörte zu diesen jüngsten Mitgliedern dieses Hauses. Man
sieht, es ist viel geschehen in den zwanzig Jahren seit
damals, viel hat sich in dieser Zeit verändert. Gleichgeblie
ben ist jedoch die politische Grundhaltung des Abgeordne
tenhauses, was die großen Zusammenhänge betrifft. In der
Regierungserklärung des neuen Senats wurde 1955 gleich
zu Beginn vom Regierenden Bürgermeister Otto Suhr be
tont, daß Berlin außenpolitisch und völkerrechtlich durch
den Bund vertreten wird und daß die Politik der Bindungen
an den Bund aus nationalen und ökonomischen Erwägun
gen heraus verstärkt fortgesetzt werden müsse. Dies ist
auch heute noch unser Standpunkt.
Der gewaltige wirtschaftliche Aufschwung der Bundes
republik, an dem Berlin durch seine Bindungen an den Bund
teilhat, befand sich damals noch in den Anfängen. Der
tarifliche Mindestlohn für Facharbeiter betrug in Berlin
damals 1,56 DM je Stunde. Damit war gerade erst der
Reallohn von 1930 wieder erreicht. Die Zahl der Arbeits
losen lag noch bei 159 000. Der Haushalt des Landes Berlin
überstieg zum erstenmal das Volumen von zwei Milliarden
DM. Die gesamten Lebensumstände unserer Bevölkerung
haben sich in den zwanzig Jahren entscheidend zum Besse
ren gewandelt. Daran hat auch das Abgeordnetenhaus —
insbesondere durch seine gesetzgeberische Tätigkeit —
maßgebend mitgewirkt. Denjenigen Abgeordneten, die in
diesem Zeitraum dem Hohen Hause angehört haben, ge
bührt daher unser besonderer Dank. Ich darf ihnen aus
Anlaß ihres Jubiläums die Silbermedaille für zwanzig
jährige Zugehörigkeit zur Berliner Volksvertretung über
reichen.
Ich darf die zu ehrenden Damen und Herren nunmehr
bitten, zur Entgegennahme der Medaille zu mir zu kommen.
(Allgemeiner starker Beifall — Präsident Sickert
überreicht den Jubilaren die Silbermedaillen —
Erneuter allgemeiner starker Beifall)
Meine Damen und Herren! Für die heutige Sitzung sind
fünf Abgeordnete beurlaubt, ein Abgeordneter ist leider
krank.
Es liegen Urnen fotokopiert folgende Dringlichkeits
sachen vor:
1. Vorlage — zur Beschlußfassung — über Hundert
fünfzehntes Gesetz über die Anwendung von Bundesgeset
zen über internationale Abkommen der Bundesrepublik
Deutschland;
2. Beschlußempfehlung des Ausschusses für Familie, Ju
gend und Sport vom 17. Januar 1975 und des Hauptaus
schusses vom 22. Januar 1975 zum Antrag der Fraktion
der CDU über Förderung des Sports;
3. Beschlußempfehlungen des Ausschusses für Vermö
gensverwaltung vom 21. Januar 1975 zu Vorlagen — zur
Beschlußfassung — gemäß § 38 der Geschäftsordnung des
Abgeordnetenhauses;
4. Antrag der Fraktion der CDU über Vereinfachung
des Verfahrens zur Befreiung vom Zwangsumtausch für
Rentner.
Wird der Dringlichkeit widersprochen? — Das ist nicht
der Fall. Dann schlage ich vor, das Anwendungsgesetz vor
Punkt 2 der Tagesordnung, die Beschlußempfehlungen
nach Punkt 30 der Tagesordnung zu behandeln und den
Antrag der Fraktion der CDU mit den Tagesordnungs
punkten 22 und 23 zu verbinden. Auch hier kein Wider
spruch ? — Dann ist so beschlossen.
Ich möchte Ihnen mitteilen, daß von der Fraktion der
F.D.P. mit Schreiben vom 16. Januar 1975 gemäß § 52 der
Geschäftsordnung eine Aktuelle Stunde beantragt wurde,
die gemäß § 52 Absatz 6 der Geschäftsordnung nach der
Fragestunde durchgeführt wird.
Wir kommen nun zur
lfd. Nr. 1:
Fragestunde gemäß § 61 der Geschäftsordnung
Der Herr Regierende Bürgermeister hat mich gebeten,
zwei der Anfragen vorzuziehen, weil er in einer halben
Stunde den Bundespräsidenten vom Flughafen abholen
muß. Ich glaube, das Haus hat dafür Verständnis, die bei
den Fragen vorweg zu behandeln.
Dann darf ich dem Abgeordneten Baetge in Vertretung
des Abgeordneten Kayser das Wort zu einer Mündlichen
Anfrage geben über Beantwortung Mündlicher Anfragen.
Baetge (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! In Vertretung des Kollegen Kayser frage ich den
Senat: Warum teilt der Senat die Antworten auf nicht
beantwortete Mündliche Anfragen, insbesondere die An
fragen 10 bis 15 aus der Sitzung des Abgeordnetenhauses
am 16.1.1975, nicht unverzüglich schriftlich mit ?
Präsident Sickert: Das Wort zur Beantwortung — Herr
Regierender Bürgermeister!
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