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Volume Nr. 67, 14.02.74

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1974/75, 6. Wahlperiode, Band IV, 66.-93. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
67. Sitzung vom 14. Februar 1974 
„Eine befriedigende Änderung der Fehlbelegung müsse 
nicht in jedem Fall zu einer Räumung führen.“ Er habe 
aber z. B. etwas gegen Bürgermeister oder Bundestags 
abgeordnete in Sozialwohnungen. Riebschläger ergänzte 
diesen Hinweis mit der Bemerkung; „Ich würde das nicht 
sagen, wenn es so etwas nicht gäbe.“ Meine Damen und 
Herren, diese Äußerung hat allerdings Erstaunen und Un 
behagen in der Öffentlichkeit hervorgerufen. Zwar kann es 
keinen Zweifel geben, daß hier, Herr Kollege Blasek, nir 
gendwo formale Rechtsverletzungen vorliegen, aber poli 
tische Repräsentanten müssen es sich nun einmal gefallen 
lassen, daß sie darüber hinaus auch nach verstärkten Maß 
stäben beurteilt werden. Die Demokratie lebt nämlich unter 
anderem vom Vertrauen der Bürger in die politischen 
Mandatsträger. Allerdings auch vom Mißtrauen. 
Stellv. Präsident Lorenz: Gestatten Sie eine Zwischen 
frage ? 
Vetter (F.D.P.); Ja, bitte schön! 
Stellv. Präsident Lorenz: Herr Abgeordneter Beier! 
Beier (SPD): Herr Kollege Vetter, sind Sie mit mir der 
Meinung, daß Bezirksstadträte dann unter Umständen alle 
vier Jahre umziehen müßten ? 
Vetter (F.D.P.): Herr Kollege Beier, auch Sie haben 
meine Ausführungen nicht abgewartet. Sie haben unseren 
Antrag scheinbar gar nicht richtig gelesen. 
(Abg. Beier: Doch!) 
Wer den Text unseres Antrages aufmerksam gelesen hat, 
wird feststellen müssen, daß hier niemand an den Pranger 
gestellt werden sollte. Hier wird nicht nach Namen gefragt, 
hier wird nur nach Zahl und nach Dienststellung der poli 
tischen Beamten und Höhe der Subventionen gefragt. Die 
Ablehnung unseres Antrages provoziert doch aber gerade 
jetzt die Vermutung, daß es sich um mehr Fälle handelt als 
ursprünglich angenommen. Der Zeitpunkt der Diskussion 
über die Ablehnung entbehrt dabei nicht einer gewissen 
Pikanterie. Herr Kollege Beier, 
(Abg. Beier; Ja!) 
wenn Sie auf die Bezirksstadträte eingehen und zu der 
Feststellung kommen, daß diese alle vier Jahre umziehen 
müßten, so kann ich nur sagen: So ist es ja auch nicht, 
daß nun jeder Bezirksstadtrat nur für vier Jahre im Amt 
ist. Und außerdem glaube ich nicht, daß ein Bezirksstadt 
rat, wenn er ausscheidet, automatisch wieder unter die 
Grenze zurückgeht, die für den sozialen Wohnungsbau in 
Frage kommt. Herr Beier, es ist ja auch nicht gewollt, das 
haben ja auch die Ausführungen im Ausschuß ergeben, daß 
jeder, der in einer Sozialwohnung wohnt und dessen Ein 
kommen weit über die Bemessungsgrundlagen hinausgeht, 
dann sofort ausziehen soll. Aber es ist doch ein Unding, 
Herr Kollege Beier, daß hier weiterhin enorme Summen 
der Subventionierung aufgebracht werden für Leute, deren 
Einkommen eine solche Höhe erreicht hat, daß dies vor der 
Bevölkerung, vor allen Dingen auch vor der arbeitenden 
Bevölkerung, nicht zu rechtfertigen ist. Meine Damen und 
Herren, ich bin der Meinung, mit der Ablehnung unseres 
Antrages ist hier eine Chance vertan worden. Die Mehr 
heitsfraktion glaubte diese nicht nutzen zu müssen, und die 
CDU-Praktion wollte wahrscheinlich nicht über ihren 
Schatten springen, der natürlich bis in die Bezirke reicht. 
(Abg. Dach; Aber, aber!) 
Beide Fraktionen werden die Verantwortung für das ver 
bleibende Unbehagen in der Bevölkerung verantworten 
müssen. Ich danke Ihnen. 
(Beifall bei der F.D.P.) 
Stellv. Präsident Lorenz: Das Wort hat der Abgeordnete 
Franke! 
Franke (CDU): Herr Präsident, meine Damen und Her 
ren! Die F.D.P.-Fraktion hat weder bei der Einbringung des 
Antrages im Plenum noch bei der Bitte des Bauausschus 
ses, doch im Ausschuß diesen Antrag einmal zu begründen, 
etwas gesagt, sondern sie hat es gewissentlich bei dem 
Antrag belassen und keinerlei Begründung vorgetragen. 
Der Kollege Liebig hat zwar etwas gesagt. Aber, Herr 
Kollege Liebig, jeder, der Sie kennt, wußte, daß Sie mit 
diesen Worten den Antrag Ihrer Kollegen nicht begründet 
haben, und damit war uns auch völlig klar, daß Sie als 
Fachmann auf diesem Gebiet die Unsinnigkeit einer solchen 
Forderung eingesehen haben, und ich hatte mm gehofft, daß 
ich heute hier etwas hören würde. Aber da war wieder bloß 
von gewissen Zeitungsartikeln die Rede und von Unbehagen 
und weiten Teilen der Bevölkerung und von vielen Reprä 
sentanten. Dann hätte ich doch zumindestens mal an Ihrer 
Stelle, Herr Kollege, das ein wenig präzisiert und gesagt, 
welche Repräsentanten Sie meinten. 
(Abg. Vetter: Ja, das wollten wir ja gerade mit dem 
Antrag wissen!) 
So unbewandert sind Sie in der politischen und sonstigen 
Landschaft dieser Stadt ja auch nicht, daß Sie nicht heute 
hätten in der Lage sein können, Roß und Reiter zu nennen. 
Und dann haben Sie noch gesagt — und das interessiert 
mich ja nun sehr, das habe ich gar nicht begriffen, wieso 
der jetzige Zeitpunkt so pikant ist, an dem wir diesen An 
trag ablehnen. Auch dieses ist wieder einfach Wischi 
waschi, und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren — 
ich wollte eigentlich hier nicht mit solchen Formulierungen 
arbeiten, aber so wie dieser Antrag gestellt ist —, daß Sie 
den Senat auffordern, Mitarbeiter dieses Senates oder viel 
leicht sogar auch ehemalige zu denunzieren. Nichts anderes 
ist das. 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Kol 
lege Hitzigrath. 
Hitzigrath (SPD): Herr Präsident, meine Damen und 
Herren! Herr Kollege Vetter, ich verstehe Ihre Emotionen 
nicht. Wir haben über Ihren Antrag in dem zuständigen 
Ausschuß sehr sachlich beraten. Wir waren uns einig, daß 
es keine Rechtsgrundlagen gibt für die Offenlegung und 
Feststellung der Einkommen der hier von Ihnen angespro 
chenen Personen. Wir waren der Meinung, daß dieses ge 
samte Problem auf Bundesebene geregelt werden müßte. 
Hier wird keine Person bevorzugt. Wir sind der Meinung, 
hier muß eine bundeseinheitliche Regelung geschaffen wer 
den, und aus diesem Grund waren wir gegen Ihren Antrag. 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Kol 
lege Tromp. 
Tromp (CDU): Herr Präsident, meine Damen und Her 
ren! Ich verwahre mich gegen die Unterstellung des Kol 
legen Vetter, daß meine Fraktion im Ausschuß diesem 
Antrag nicht zugestimmt hat, um irgendetwas verdecken 
oder zudecken zu können. Dies ist ein ganz miserabler Stil, 
meine Damen und Herren! 
(Widerspruch bei der F.D.P.) 
Ein Stil, der uns allen unwürdig ist, und aus diesem Grunde 
habe ich im Ausschuß die Sache abgelehnt. Eine ganz miese 
Sache, denn jeder merkt natürlich worauf es hinauszielt: 
Das soll zum Fenster hinausgehängt werden, das finden die 
Gazetten schön, und so etwas macht man dann eben, ob 
wohl nichts dabei herauskommt und auch jeder weiß, daß 
damit überhaupt keines der anstehenden Probleme gelöst 
werden kann, sondern das Problem eine grundsätzliche 
Bundesregelung erfordert. Wie Sie alle wissen, ist diese in 
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