Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
88. Sitzung vom 5. Dezember 1974
So nenne ich nämlich die Sommeraktivitäten, die in diesen
vier Jahren ebenfalls entstanden sind. 1969 hatten wir
kaum Mittel dafür in unserem Haushalt; in diesem Jahr
1974 haben wir 207 000 DM gehabt. Sie sehen also, wir
bemühen uns auch darum, in der Sommerzeit hier in Berlin
etwas stattfinden zu lassen. Bei dieser Gelegenheit auch zu
dem Antrag, den Sie noch einmal begründet haben, Herr
Abgeordneter Zellermayer: Selbstverständlich ist der Senat
bereit, dem Hause Auskunft über die Konzeption der Fest
wochen zu geben. Die geht sowieso auf den offenen Markt,
sobald sie feststeht; da gibt es Pressekonferenzen, und sie
ist dann in aller Munde. Natürlich kann auch der Senat
das dem Hause hier offiziell mitteilen.
Aber, Herr Abgeordneter Zellermayer, was nun die
Theater dabei betrifft, ist das ein verhältnismäßig — wenn
ich so sagen darf — auch gelöstes oder nicht lösbares
Problem. Die städtischen Theater sind vertraglich ver
pflichtet, an den Festwochen teilzunehmen und haben auch
die Mittel dafür. Die Privattheater müssen es erst mal
selbst wollen, und dann stellt sich heraus, daß ihr Wille
davon sehr abhängig ist, wieviel Mittel wir ihnen zur Ver
fügung stellen. Dieses Problem ist bisher nie ausreichend
gelöst worden und konnte nicht ausreichend gelöst werden.
Was wir in den nächsten Jahren machen werden: Es
sind seit Kriegsende gerade 30 Jahre vergangen, da liegt
es natürlich einmal nahe, eine Generation Kunstentwick
lung im Nachkriegsdeutschland auch hier in Berlin zu
dokumentieren. Das ist eine erste Andeutung auf die Kon
zeption des nächsten Jahres, soll aber den Bericht, den Sie
fordern, nicht etwa ersetzen.
Zum Schluß noch eine Bemerkung zum Kunstbericht,
Herr Abgeordneter Rasch — nehmen Sie als Beispiel, daß
dieser nicht auf „tönernen Füßen steht“: Das Haus Betha
nien wird am 1. April nächsten Jahres die Arbeit voll auf
nehmen, Künstler aus der Druckwerkstatt sind dann tätig.
Auch das ist ein wesentlicher Beitrag für die Ausgestal
tung der bildenden Kunst hier in Berlin. Ich glaube, damit
wird gezeigt, daß die Pläne, die der Senator auf diesem
Gebiet hat, auch Zug um Zug, natürlich im Rahmen der
zur Verfügung stehenden, man muß auch sagen, der zur
Verfügung gestellten Mittel realisiert werden sollen.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, Ihnen — wie ge
sagt — in einer etwas späten Stunde und etwas unter Zeit
druck stehend, doch gezeigt zu haben, wie vielseitig die
Aspekte der Politik in Wissenschaft und Kunst hier in
Berlin sind. Sie sind nicht so negativ, wie die Opposition
das gern der Öffentlichkeit Glauben machen will. Ich gebe
zu, es bleiben auch für die Zukunft viele Wünsche offen;
ich glaube aber, dem Hause versprechen zu können, daß,
wenn der Haushalt Wissenschaft und Kunst hier verab
schiedet wird, auch für die Weiterentwicklung dieser bei
den Gebiete in das nächste Jahr hinein gute Chancen be
stehen.
Ein letztes Wort: Wenn ich hier auf Erfolge hinweisen
konnte, so sind diese Hinweise kein Eigenlob des Senats.
Wir verdanken die Erfolge der Arbeit der Künstler und
Wissenschaftler in dieser Stadt. Das einzige, was der
Senat tut — das ist allerdings auch eine positive Seite;
Er eröffnet die Möglichkeiten für diese Arbeit, und wir ver
suchen, sie immer so zu eröffnen, daß möglichst gute Leute
aus allen Gebieten hierher nach Berlin kommen und hier
wirken. Das war so und soll auch in Zukunft so sein. —
Ich danke Ihnen!
(Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete
Lummer.
Lummer (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Ich habe die Absicht, nur eine kurze Bemerkung
2u machen. Wir haben 40 Minuten teilweise recht amüsant
überstanden. Was ich hier tun wollte, ist, den Eindruck zu
korrigieren, als sei es mit der Situation der Berliner Uni
versitäten so amüsant bestellt. Es ist einfach eine berech
tigte Frage gewesen, Herr Senator, ob Sie persönlich über
zeugt daran glauben, daß die Ausstrahlungskraft Berlins als
Kulturzentrum, insbesondere als Wissenschaftszentrum,
in den letzten Jahren — etwa seit 1966 — größer gewor
den ist. Wenn Sie daran überzeugt glauben, dann begreife
ich das nicht. Wir sind der Auffassung, daß dies allerdings
ein ganz entscheidender Punkt für die Zukunftsentwick
lung Berlins ist. Wir sind der Meinung, daß diese Stadt
zu einem großen Teil davon lebt, ob sie in der Lage ist,
wissenschaftlich etwas darzustellen, nicht nur in der Bun
desrepublik Deutschland, sondern weit darüber hinaus.
(Beifall bei der CDU — Zuruf: Sehr richtig!)
Und jeder, der ein wenig die Entwicklung im wissenschaft
lichen Bereich in den letzten 25 Jahren verfolgt hat, weiß
dieses: Der Ruf der Freien Universität war vor 1966 viel
besser als heute. Er weiß, daß es hier Verfallserscheinun
gen gegeben hat, die man nicht durch eine solche Art von
Erfolgsbilanz, wie Sie sie hier gezogen haben, zu korri
gieren vermag.
(Abg. Rheinländer: Fangen Sie mal an,
Herr Lummer!)
Es ist die Freie Universität, wo wir heute in einer über
deutlichen Form sehen, daß zum Teil deshalb keine Kon
flikte mehr vorhanden sind, weil die Linken natürlich nicht
ihre eigenen Hochburgen beschießen,
(Abg. Schmitz: Sehr wahr!)
weil sie Besitz von Teilbereichen dieser Universität er
griffen haben. Die ÖTV an der Freien Universität kann
heute nicht mehr dastehen als eine Gruppierung, bei der
nur noch Demokraten auf den Listen der Personalrats
wahlen stehen: dies gehört der Vergangenheit an. In der
Freien Universität sind geistige Entwicklungen geboren
worden, die zu mancher terroristischen Weiterentwicklung
in der Bundesrepublik Deutschland geführt haben.
Man kann heute — vom Gericht bescheinigt — behaup
ten, ohne korrigiert zu werden, daß das Kennedy-Institut
eine linke Marxisten-Schule ist. Das alles sind Dinge, die
man einfach nicht zu übergehen vermag und die dem
Image Berlins in der Bundesrepublik Deutschland und in
der Welt Schaden zugefügt haben. Und uns kommt es dar
auf an, dies nachdrücklich durch das Verhalten auch im
Bereich der Gesetzgebung und der politischen Maßnahmen
zu korrigieren.
Sie haben gesagt, Sie hätten es gewünscht, die CDU
hätte der Novelle zugestimmt, Herr Senator. Sie wissen
ganz genau, möglicherweise wäre die Novelle in Ihrer
eigenen Fraktion dann gescheitert, wenn die CDU dies zu
erkennen gegeben hätte, weil Sie Schwierigkeiten haben,
einen Konsens in Ihrer Fraktion zu bekommen,
(Ha, ha, ha! — von der SPD — Abg. Pawlak:
Darum haben sie auch abgelehnt!)
wenn Sie das tun, was wir nun allerdings für absolut not
wendig halten, die Reform der Reform an der Universität
zu betreiben. Und was Sie hier als Novelle vorgelegt haben,
ist doch etwas, was wir Ihnen schon vor Jahren empfohlen
haben. Sie haben — von 1969 bis 1974 — fünf lange Jahre
gebraucht, um durch Schaden klug zu werden, um einen
kleinen Schritt zu einer vernünftigen Hochschulpolitik
zurückzugehen. Dies begrüßen wir, aber wir haben unser
Nein gesagt, weil wir nach wie vor der Überzeugung sind
und sein müssen, daß dieser Schritt nicht ausreichend ist.
Und Sie werden auch das noch in den nächsten Jahren er
fahren, daß Sie weitergehen müssen auf dem Weg der
Reform der Reform. Und wenn Sie dabei den richtigen
Schritt tun, werden Sie auch unsere Unterstützung haben.
Ich habe nichts gegen einen amüsanten Vortrag, ich
schätze das, und Sie haben das sehr elegant gemacht, nur,
die Problematik, um die es hier geht, verdient darüber
hinaus ein anderes Wort, und dies mußte nach einem sol
chen Beitrag gesprochen werden.
(Beifall bei der CDU)
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