Path:
Volume Nr. 81, 26.09.74

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1974/75, 6. Wahlperiode, Band IV, 66.-93. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
88. Sitzung vom 5. Dezember 1974 
— Das war überhaupt nicht die Frage. Wer hier vom 
Abschmelzen von Planstellen spricht, meint also vorhan 
dene Planstellen und meint damit Einschränkung und 
redet über ein Problem menschlicher Art mit einer Formu 
lierung, die ich für meinen Teil nicht akzeptiere und der 
ich widerspreche. Klarer Fall. 
Präsident Sickert: Gestatten Sie eine Zwischenfrage? — 
Bitte, Herr Abgeordneter Diepgen! 
Diepgen (CDU): Herr Senator! Stimmen Sie mir zu, daß 
Ihre Formulierung von dem Einzelschicksal schon des 
wegen nicht richtig ist, weil es einen natürlichen Abgang 
im Rahmen einer öffentlichen Verwaltung gibt, und das 
Abschmelzen natürlich nur in diesem Zusammenhang zu 
sehen ist. Stimmen Sie mir zu, daß es jährlich einige 
Pensionierungen und einige Eintritte in das Rentenalter 
gibt? 
Striek, Senator für Finanzen: Herr Abgeordneter! Wenn 
Sie vom Festhalten an der Planstellenzahl gesprochen 
hätten und wenn Sie. davon gesprochen hätten, daß frei 
werdende Stellen nicht neu besetzt werden sollen, hätte ich 
mich mit Ihnen sachlich darüber auseinandergesetzt. Ich 
hätte Ihnen zwar gesagt, daß dies 
(Abg. Diepgen: Das ist doch Abschmelzen!) 
Mit der gleichen Leichtfertigkeit 
Präsident Sickert: Gestatten Sie eine weitere Zwischen 
frage? — Herr Abgeordnete Padberg! 
Padberg (CDU): Herr Senator Striek! Sind Sie sich dar 
über klar, daß der Begriff des Abschmelzens überhaupt 
keine Erfindung Berlins und auch nicht des Herrn Abgeord 
neten Diepgen ist, sondern ein Ausdruck, der von der Lan 
desregierung Nordrhein-Westfalens gebraucht worden ist? 
Striek, Senator für Finanzen: Erstens ist mir ganz gleich, 
wer das erfunden hat. Ich wehre mich dagegen, daß mit 
Menschen besetzte Funktionen in dieser Weise, mit diesen 
Begriffen behandelt werden. 
(Beifall bei der SPD) 
Herr Abgeordneter Diepgen! Ihnen ist in Ihrer Dar 
legung an einem entscheidenden Punkt ein Fehler unter 
laufen, den Sie bitte nochmal prüfen sollten, ehe Sie solche 
Vorwürfe gegen den Senat im Raum stehen lassen. Sie 
haben davon gesprochen, daß in der Bauverwaltung sozu 
sagen der Trick veranstaltet worden ist — den Ausdruck 
haben Sie nicht gebraucht, den gebrauche ich —, daß 
137 Stellen der l-%-Einsparung einfach in nichtplanmäßige 
Stellen umgewandelt worden seien. Dieses ist auch nicht 
der Fall. 
(Abg. Diepgen; Habe ich auch nicht gesagt!) 
— Nun, wir werden es nachlesen. 
Und nun zu den Investitionen und zu der Frage, wie sie 
finanziert werden sollen. Es ist hier so dargelegt worden, 
nls ob es ein unverantwortlicher Schritt ist, zukunfts 
gestaltende Investitionen angesichts Bevölkerungsstruktur 
und ähnlichem durch Schuldenmachen, als durch An 
leihen zu finanzieren. Ich stelle fest, was ich in erster 
Lesung hier bereits ohne Widerspruch durch dieses Haus 
testgestellt habe, daß 22,8 % der Investitionen nur durch 
Anleihen, Schuldscheindarlehen und ähnliches finanziert 
werden, aber über 77 % durch allgemeine Deckungsmittel. 
Und ich wiederhole, was ich vor einem Jahr hier gesagt 
habe: Wenn irgendwo in dieser Volkswirtschaft Investitio 
nen auf dieser Basis, auf dieser Relation durch Eigen 
finanzierung und Fremdfinanzierung heute noch möglich 
®tnd, dann wäre jeder stolz darauf, der dieses fertigbringt, 
tch würde Sie bitten, die Angriffe gegen diesen Teil der 
Finanzpolitik etwas zurückhaltender zu äußern und die 
Alternative dazu aufzuzeigen. Sie haben gesagt, die Alter 
native sähen Sie darin, daß Eingriffe in die konsumtiven 
Ausgaben erfolgen müssen. Ich frage Sie: Wo sind in den 
Ausschußberatungen diese Eingriffe in die konsumtiven 
Ausgaben in Form von Anträgen gewesen ? 
(Abg. Mendel: 13 Millionen!) 
— Nein, Augenblick, 20 Anträge waren es — mit 
10 289 000 Mark von der CDU-Fraktion, der größte Antrag 
davon 6 Millionen, der kleinste 15 000 Mark wert. Streiten 
wir uns jetzt nicht. Ich sage 10 299 000, Sie sagen 12 Mil 
lionen. — Alle, die hier rechnen können in diesem Hause, 
weise ich nur auf die Relation hin, die ich ja damit auch 
in dem Zeitungsinterview, das Sie erwähnt haben, schon 
gegeben habe. 15 000 Mark an einer Position zu streichen, 
6 Millionen an einer Position zu streichen, die 5 000 Millio 
nen Volumen hat, das kann doch nicht die Alternative der 
Opposition zur Finanzpolitik des Senats sein. Dieses kann 
doch wohl nicht behauptet werden. 
(Beifall bei der SPD) 
Die CDU-Fraktion wird gut beraten sein, wenn sie ein 
mal in einer über dieses Land hinausgreifenden Diskussion 
mit ihren politischen Freunden die Finanzpolitik der Län 
der schlechthin zur Diskussion stellt und mit denen disku 
tiert. Dann würden Sie eine solche Bemerkung über ver 
antwortungslose Finanzpolitik, wie sie hier gefallen ist, 
zwischen dem Bund- und den sozialdemokratisch regierten 
Ländern einerseits und den geradezu verantwortungs 
bewußten anderen Ländern andererseits nicht machen. 
Ich spreche nicht gern über die Einzelberatungen, die im 
Finanzplanungsrat stattfinden. Aber ich sage Urnen jetzt 
hier nur — und Sie können es nachprüfen —: Ich habe auf 
ähnliche Bemerkungen des Finanzministers des Freistaates 
Bayern bisher dreimal ohne Antwort im Finanzplanungsrat 
in verschiedenen Sitzungen den Vertreter des Freistaats 
Bayern gefragt, bei welchem Teil der konsumtiven Aus 
gaben er eigentlich die Einsparungen vornehmen möchte 
und würde, um seinem Land eine Verschuldung Jahr für 
Jahr von 2 Milliarden oder anderthalb Milliarden zu erspa 
ren. Ich bin ohne Antwort geblieben. Und als ich mich stark 
machte dafür, daß der Finanzplanungsrat für das Jahr 1975 
eine Höchstgrenze für die Zuwachsrate der öffentlichen 
Haushalte festlegt, ist das zunächst am Veto des Landes 
Schleswig-Holstein gescheitert, und wir haben nachher 
nicht einmal einstimmig ein Pressekommunique verabschie 
den können, weil das Land Schleswig-Holstein meinte, daß 
von 74 zu 75 eine höhere Zuwachsrate des öffentlichen 
Haushaltes stattfinden müßte als nur mit 10 %. 
(Hört! Hört! von der SPD) 
Nun sagte der Sprecher der CDU-Fraktion hier in der 
zweiten Lesung, es wäre von mir zuviel erwartet, die Alter 
native der Opposition dargestellt zu bekommen an einem 
Haushalt. Herr Abgeordneter Diepgen, ich habe natürlich 
in Vorbereitung auf den heutigen und den morgigen Tag 
mir auch noch einmal das Protokoll der 83. Sitzung vom 
23. Oktober 1974 Wort für Wort durchgelesen, was ich 
gesagt habe, was die drei Herren Sprecher der drei Frak 
tionen hier gesagt haben. Und wenn Sie dort die Seite 3032 
aufschlagen, finden Sie die Stellungnahme der CDU-Frak 
tion zur Finanzplanung für die Jahre 1974/78. Wäre dann 
nicht dort der Ort gewesen, in die längerfristig wirkende 
Auseinandersetzung mit diesem Senat über seine Finanz 
politik zu gehen? Ich habe nochmal Wort für Wort nach 
gelesen. Natürlich ist Vorbehalt gemacht worden gegen die 
Verschuldungspolitik. Natürlich ist dieses und jenes an 
gesprochen worden. Aber ist eine Alternative auch nur in 
Konturen sichtbar gemacht worden? Ich meine nein. Die 
Alternative scheint ja in zwei Bauwerken zu bestehen, 
wenn ich die Debatte hier richtig werte; denn andere 
Alternativen sind ja nicht aufgemacht worden. 
Darf ich also zunächst erst einmal das eine aufgreifen. 
Damit kann ja wohl nur die Bürgschaftspolitik des Senats 
gemeint sein. Lassen Sie mich einmal die Zahlen hier nen 
nen. Der Senat von Berlin hat seit 1950 Bürgschaften für 
3283
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.