Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode
G3. Sitzung vom 13. Dezember T973
über diesen Bericht, über den Antrag hinweggegangen
sind. Während wir damals noch geglaubt haben, davor war
nen zu müssen, daß durch die Entsendung eines Mit
geschäftsführers oder einer sonst verantwortlichen Person
in die Geschäftsführung der Avalon G.m.b.H. der Senat
eigene Mitverantwortung für die Zukunft des Kreisels
übernimmt, hat sich der Senat— dies ist den Presseberich
ten zu entnehmen — inzwischen entschlossen, nunmehr
selbst ein festes eigenes wirtschaftliches Engagement ein
zugehen. Nun kann man mich fragen, warum wir das an
dieser Stelle erörtern. Wir erörtern es deshalb, weil die Ent
scheidung des Senats, soweit sie veröffentlicht worden ist —
nur auf das können wir uns hier berufen —, ja davon aus
geht, daß es dem Rufe dieser Stadt, den Menschen, die in
dieser Stadt Geld investieren, abträglich sei, wenn Berlin
eine solche Entscheidung nicht treffe, wenn der Senat nicht
bereit sei, dem Kreisel aus der Klemme zu helfen. Dies
heißt, daß das Problem „Steglitzer Kreisel" Inzwischen zu
einem Problem dieser Stadt gemacht worden ist, nicht nur
zu einem lokalen Ressortproblem, sondern zu einem Pro
blem allgemeiner politischer Art. Und dazu erlauben Sie
mir ein paar Bemerkungen:
Ich habe zunächst einmal mit allem Nachdruck die In
formationspolitik in diesem Zusammenhang zu beanstan
den. Der Senat hat inzwischen einen Bericht vor dem Wirt
schaftsausschuß gegeben, wobei offensichtlich viele Fragen
offengeblieben sind; vermutlich ist der Senat auch noch gar
nicht in der Lage, alle Fragen zu beantworten. Ich denke
daran, daß die Architektin Kressmann-Zschach inzwischen
in einem Interview im Sender Freies Berlin davon gespro
chen hat, daß sie mit den Vorschlägen des Senats einver
standen sei, wenn auch ihre Probleme in diesem Zusam
menhang gelöst würden; ob dies überhaupt möglich ist und
ob der Senat bereit ist, die Probleme der genannten Archi
tektin zu lösen, bleibt offen.
Ich sagte, die Informationspolitik sei schlecht, weil es
eine ganze Reihe von widersprechenden Äußerungen aus
den Kreisen des Senats im Laufe der letzten Wochen ge
geben hat. Insbesondere hat der Senator Striek noch am
5. Dezember 1973 erklärt — oder jedenfalls ist es an diesem
Tage veröffentlicht worden —, daß das Anmieten weiterer
Stockwerke über zehn hinaus zur Zeit nicht aktuell sei;
und er hat dann hinzugefügt, es könne aber wieder anders
werden — ohne dies im einzelnen darzulegen. Dann ist im
Zusammenhang mit einer Information an den Ausschuß für
Wirtschaft dem Gerücht widersprochen worden, der Senat
habe die Absicht, den Kreisel zu kaufen. Hierauf ist nach
Presseberichten von einem Sprecher erklärt worden, es
handele sich um eine „Latrinenparole“. Nun kann man, Herr
Senator Striek, wenn man dies ganz formell nimmt, natür
lich sagen: Von einem Kauf durch den Senat ist ja auch
nicht die Rede. Der Senator für Wirtschaft hat sich in die
ser Frage nicht durchgesetzt. — Das wäre eine sehr for
melle Argumentationsweise. Es ist vielmehr so, daß offen
sichtlich Entscheidungen des Senats bereits anstanden und
die Öffentlichkeit und auch das Abgeordnetenhaus über den
wahren Verlauf nicht rechtzeitig informiert worden sind.
Herr Präsident! Ich fürchte, ich werde innerhalb der zehn
Minuten nicht fertig; ich darf mir deshalb die Frage erlau
ben, ob es weitere Wortmeldungen gibt.
(Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Ja!)
— Wenn nicht, darf ich dann bitten, mich gleich als näch
sten wieder auf die Liste zu setzen. — Aber erlauben Sie
mir noch ein paar Bemerkungen, ich sehe, ich habe noch
zwei Minuten Zeit.
Wir haben eine ganze Reihe von Fragen im Zusammen
hang mit dem Kreisel zu stellen, die wir beantwortet sehen
möchten, ohne daß Ich hier erklären könnte, es handele sich
um alle Fragen, die in diesem Zusammenhang auftraten.
Wir fragen zum Beispiel, in welchem Umfange bisher
Einigkeit mit der Architektin und mit der persönlich haf
tenden Gesellschafterin erzielt worden ist. Wir fragen: Hat
der Senat vor seiner Entscheidung und vor seinem Angebot
eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung angestellt? Ist er
in der Lage, ohne Erhöhung der Mieten, und damit ohne
Erhöhung der für sich selbst ausgehandelten Bedingungen,
die künftige Wirtschaftlichkeit zu garantieren ? Wird nicht
auch in Zukunft der Kreisel ein dauerndes Zuschußobjekt
bleiben? Was wird aus dem ersten Mietvertrag, den das
Land Berlin abgeschlossen hat; bleibt der in dieser Form
und mit diesen Größenordnungen bestehen? Und wie steht
es eigentlich — hat der Senat das bedacht — mit Ver
gleichsobjekten? Kann in Zukunft jeder kommen in dieser
Stadt
(Glocke des Präsidenten)
— beispielsweise Kommanditisten des Ku-Damm-Ecks,
Kommanditisten des Ku-Damm-Karrees oder Kommanditi
sten anderer Objekte, die in Schwierigkeiten sind oder in
Schwierigkeiten kommen könnten — und sagen: Was der
Senat hier für den einen tut, muß für den anderen billig
sein!
Wenn Sie mir noch zwei Minuten gestatten, Herr Prä
sident, wie meinem Herrn Vorredner, dann schaffe ich es
bis zum Ende, sonst muß ich mich noch einmal melden.
(Abg. Dr. Haus: Keine Verhandlungen hier! —
Abg. Voelker: Man kann sich auch entsprechend kurz
fassen, Herr Oxfort! -— Weitere Zurufe: Nein!)
Gut, ich sehe, daß es das Haus für angenehmer hält, ich
melde mich nochmal. Herr Präsident, ich darf bitten, mich
erneut auf die Liste zu setzen.
(Beifall bei der F.D.P.)
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Das Wort hat der Regie
rende Bürgermeister.
Schütz, Regierender Bürgermeister: Meine sehr verehrten
Damen und Herren! Ich glaube, es sind ein paar Beiträge
— auch in der Frageform —• so gekommen, daß es not
wendig ist, daß ich mich dazu äußern sollte, wobei ich da
von ausgehe, daß in der einen oder anderen Frage vielleicht
Detaildarstellungen — beispielsweise in der Frage „Steg
litzer Kreisel“ — noch ergänzt werden durch Beiträge
anderer Mitglieder des Senats, insbesondere des Kollegen
Striek, und vielleicht läßt sich auch nicht alles im einzel
nen in dieser Debatte beantworten.
Es ist sicherlich richtig, daß wir eine Reihe von Sorgen
und Problemen haben; Sorgen und Probleme weniger in
der Richtung, ob diese oder jene Einzelentscheidung auch
im nächsten Jahr noch trägt, sondern Sorgen und Pro
bleme, die insgesamt die Zukunft der inneren Struktur
der Bundesrepublik betreffen, und auch eine Reihe Sorgen
und Probleme, die uns in Berlin ganz besonders angehen.
Wie gesagt, heute wird über den Haushalt des Regierenden
Bürgermeisters entschieden. Kollege Lummer, nicht über
den, der das Amt ausübt; darüber kann innerhalb der vier
Jahre im Abgeordnetenhaus entschieden werden, und im
übrigen entscheidet 1975 darüber der Wähler, und wir
sollten das ihm wirklich überlassen.
(Abg. Lummer: Das soll auch so bleiben!)
Ich glaube, das wollen wir in der Tat alle so belassen. Ich
möchte versuchen, im Grunde genommen jetzt nicht im ein
zelnen — — Herrn Kollegen Luster sehe ich auch gar
nicht — ich hätte ihn aber auch enttäuscht, da bin ich
sicher; ich bin sicher, daß ich ihn enttäuschen werde,
(Abg. Lummer: Da kommt er gerade rein; er
ist auf der linken Seite des Hauses!)
ich wollte versuchen, jetzt nicht im einzelnen zu den
Problemen in der Planung und der Stadtentwicklung etwas
zu sagen, und da bin Ich gar nicht mehr so sicher, ob ich
ihn enttäusche, da werde ich ihn eigentlich nur bestätigen;
ich wollte nur darauf hinweisen, und darüber werden wir
uns ja auch in der nächsten Woche im Ausschuß unter
halten, daß manche „Sicherheit“, die der Kollege Luster
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