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Volume Nr. 62, 12.12.73

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1973, 6. Wahlperiode, Band III, 43.-65. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
62. Sitzung vom 12. Dezember 1973 
Ich habe die Freude, nach langer Krankheit unseren 
Kollegen Manfred Wetzel in unserer Mitte begrüßen zu 
können. 
(Beifall) 
Im Namen des Hauses und des Präsidiums wünsche ich 
jetzt weiterhin hoffentlich für die nächste Zeit mehr Ge 
sundheit, beste Gesundheit, auch für das Neue Jahr! 
Meine Damen und Herren! Ich kann Ihnen die erfreu 
liche Mitteilung machen, daß der Stadtverordnetenvorste 
her der Stadt Bremerhaven im Namen der Stadtverord 
netenversammlung für 1974, wie seit Jahren regelmäßig, 
25 Berliner Kinder zu einem vierwöchigen Ferienaufent 
halt eingeladen hat. Namens des Hauses darf ich hiermit 
unseren herzlichen Dank dafür aussprechen. 
(Beifall) 
Es liegen folgende Dringlichkeitssachen fotokopiert vor: 
Vorlage — zur Beschlußfassung — über das Gesetz zur 
Übernahme von Gesetzen; zwei Beschlußempfehlungen 
des Ausschusses für Vermögensverwaltung vom 10. De 
zember 1973 zur Vorlage — zur Beschlußfassung — gern. 
§ 38 der Geschäftsordnung; Beschlußempfehlung des Aus 
schusses für Wirtschaft vom 10. Dezember 1973 zum An 
trag der Fraktion der F.D.P. über den Beschluß des Se 
nats vom 16. Oktober 1973 betr. weitere Stützung des 
„Steglitzer Kreisels“; Beschlußempfehlung des Ausschus 
ses für Wirtschaft vom 3. Dezember 1973 und des Haupt 
ausschusses vom 12. Dezember 1973 zur Vorlage — zur 
Beschlußfassung — über das Gesetz über die Auflösung 
der Preußischen Zentralstadtschaft und der Stadtschaft 
der Mark Brandenburg und ein Antrag der F.D.P. über 
das Verbot des KSV. Wird dieser Dringlichkeit widerspro 
chen? — Das ist nicht der Fall. Dann schlage ich vor. 
das Übernahmegesetz nach der lfd. Nr. 12 und die Be 
schlußempfehlungen des Ausschusses für Vermögensver 
waltung nach der lfd. Nr. 24 zu behandeln. 
Zu der Beschluß empfehlung des Ausschusses für Wirt 
schaft zum Antrag der Fraktion der F.D.P. betr. „Steg 
litzer Kreisel“ empfiehlt der Ältestenrat, diesen Punkt mit 
der Haushaltsplanberatung — Einzelplan 03 — zu verbin 
den. 
Die II. Lesung der Vorlage über das Gesetz über die 
Auflösung der Preußischen Zentralstadtschaft und der 
Stadtschaft der Mark Brandenburg müßte nach der lfd. 
Nr. 19 der Tagesordnung durchgeführt werden. 
Der Antrag der F.D.P. ist mit dem Punkt 30 der Ta 
gesordnung zu verbinden. — Es erfolgt kein Widerspruch. 
Es ist so beschlossen. 
Ich möchte Sie dann auf die Ihnen fotokopiert vorlie 
gende Nachweisung der Entschließung hinweisen und fest 
stellen, daß das Haus von dem Eingang Kenntnis genom 
men hat. 
Die Fraktion der CDU hat mit Schreiben vom 11. De 
zember 1973 eine 
Aktuelle Stunde 
zum Thema „Konsularische Vertretung Berlins in 
der Tschechoslowakei“ 
beantragt. — Der Ältestenrat empfiehlt, die Fragestunde 
auf die morgige Sitzung zu verlegen und diesen Punkt 
dann als Tagesordnungspunkt 1 durchzuführen. — Auch 
hier kein Widerspruch. 
Das Wort zur Aktuellen Stunde hat die antragstellende 
Fraktion. Herr Abgeordneter Lummer! 
Lummer (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Der Bundesminister Bahr hat heute wieder ein 
mal eine seiner — wie mir scheint — kurzsichtigen Halb 
wahrheiten von sich gegeben, 
(Unruhe bei der SPD) 
die manche sich angewöhnt haben, „Bahrheiten“ zu nen 
nen. Er hat gesagt, die Frage der Rechtshilfe für Berlin 
sei keine lebenswichtige Frage. Dieses mag zutreffen. 
Aber es gibt gewiß noch mehr Dinge, die für Berlin nicht 
lebenswichtig sind, und dazu gehört gewiß auch der Bun 
desbevollmächtigte, und dazu gehört für mich auch die 
Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Prag! 
Wenn es hier nur darum ginge, die Frage der Rechts 
hilfe zu regeln, könnte man solche Auffassungen haben. 
Aber hier geht es doch um das Geflecht der Bindungen 
Berlins an den Bund, aus dem die andere Seite sich be 
müht, Stein um Stein herauszubrechen, um schließlich die 
These von der „selbständigen politischen Einheit" prak 
tisch zu unterstreichen, und dies ist allerdings eine für 
Berlin lebenswichtige Frage. Je mehr kleine oder größere 
Steine aus diesem Bauwerk von der anderen Seite heraus 
gebrochen werden können, desto mehr bröckelt das Ge 
bäude der Bindungen. Darum und nur darum geht es an 
dieser Stelle. Deshalb möchten wir hier einige Feststel 
lungen an die Adresse der Bundesregierung treffen, damit 
dort Klarheit über die Auffassung hoffentlich des gesam 
ten Berliner Abgeordnetenhauses herrscht: 
1. Es ist festzustellen, daß jeder die Öffentlichkeit 
täuscht, der behauptet, es gebe schon eine inhaltlich um 
schriebene Regelung der Rechtshilfe für die Berliner. Dies 
ist nicht der Fall. Die einzige Einigkeit, die besteht, ist 
die, daß beide Seiten bereit sind, in einen Meinungsaus 
tausch über diese Fragen einzutreten, und dies ist wenig, 
dies ist zu wenig, und dies bedauern wir außerordentlich. 
Dieser nun eingetretene Sachverhalt ist 2. um so be 
dauerlicher, als er auf einen peinlichen, aber inzwischen 
schon charakteristischen Umfall der Bundesregierung zu 
rückzuführen ist. 
(Abg. Dr. Behrendt: Sehr wahr!) 
Noch ehe die großen Worte, die jeder nachlesen kann, des 
August verhallten, folgten kleine Taten. Noch ehe wenige 
Monate vergangen sind, hatte die Bundesregierung ihre 
eigene Position aufgegeben und verraten, und zwar zu 
Lasten Berlins. Dies weckt kein Vertrauen, dies unter 
streicht eine Situation, die latent einen Interessenkonflikt 
zwischen Bonn und Berlin offenlegt, weil für manche in 
Bonn Berlin offenbar zu einem Klotz am Bein geworden 
ist, wenn es darum geht, auf dem Wege des Entgegen 
kommens an die osteuropäischen Länder weiterzuschrei 
ten. Sie fühlen sich offenbar hier verhindert. Um so deut 
licher wird, daß hier ein Umfall der Bundesregierung vor 
liegt. Es wird deutlich, daß sich im Kabinett die Haltung 
Herbert Wehners durchgesetzt hat, dem der Fortgang der 
Ostpolitik im Zweifel wichtiger ist als die Rücksichtnahme 
auf die Positionen Berlins. 
In Bonn ist man im Begriff, den Satz auf den Kopf zu 
stellen, den wir alle für verbindlich erachtet haben, wo 
nach die Beziehungen zu den osteuropäischen Ländern nur 
so gut sein können wie die Lage in und um Berlin. 
(Beifall bei der CDU) 
3. Berlin wurde in Prag teilweise ausgeklammert. Es 
muß weiterhin verhandelt werden. Man hofft auf ein gutes 
Ergebnis. Dies, meine Damen und Herren, möchte ange- 
hen, wenn wir mit derartigen Ausklammerungen noch 
keine schlechten Erfahrungen gemacht hätten. Sowohl im 
Warschauer Vertrag als auch im Hinblick auf die Berlin- 
Vereinbarungen haben sich die Ausklammerungen als 
ständige Erpressungshebel für die andere Seite erwiesen, 
und dort hat sich niemand geniert, dies auf die billigste 
und gelegentlich schamloseste Weise auszunutzen. Wer 
deshalb Berlin beim Abschluß von Vereinbarungen ganz 
oder teilweise ausklammert, wer auf präzise Regelungen 
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