Abgeordnetenhaus von Berlin - G. Wahlperiode
61. Sitzung vom 22. November 1973
trachten wird, sind eben nicht Gegenstand einer solchen
Erörterung oder sollten es zumindest nicht sein. Es geht
nicht darum, daß wir bestimmte Dokumente geheimhalten,
es geht einfach darum, daß bestimmte Erwägungen, wie
das Berlin-Abkommen unterlaufen werden kann, nicht
Gegenstand öffentlicher Erörterungen sein sollten.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete Wahl.
Wahl (F.D.P.); Herr Präsident! Meine Damen und Her
ren! Im Gegensatz zum Kollegen Jannicke haben mich die
Ausführungen des Senators Dr. König nicht vollkommen
beruhigt, im Gegenteil, einiges aus seinen Ausführungen
hat mich sogar ausgesprochen mit Sorge erfüllt. Er hat
davon gesprochen, daß gewisse Vorräte angelegt worden
seien, und ich bin nun mal nicht der Meinung, daß es be
ruhigend ist, wenn sich ein größerer Teil der Bevölkerung
durch Anlegen von privaten Vorräten letzten Endes dem
Senat eine seiner Aufgaben abnimmt.
Wenn z. B. eine Abfüllung von Heizöl oder Diesel in
Tankanlagen oder Behältnisse erfolgt, die nicht den ent
sprechenden Vorschriften genügen, haben wir es ganz
zweifellos mit einer Gefährdung z. B. des Grundwassers zu
tun. Wir werden zwar — das werden Sie jetzt mit Berech
tigung sagen — davon nichts zu hören bekommen, aber das
heißt noch nicht, daß nicht Ölunfälle durch unsachgemäße
Lagerung, wie wir sie ja doch bei diesen Ansätzen, die
jetzt vorhanden sind, annehmen können, eintreten werden.
Wenn Benzin in Plastikkanistern eingefüllt und zu Hause
umgefüllt wird, ist damit eine erhebliche Gefährdung ver
bunden. Es sind direkte Verstöße gegen bestehende Ge
setze und Verordnungen damit verbunden. Z. B. nach der
Reichsgaragenordnung darf keiner zu Hause in seiner
Garage mehr als 15 Liter Autokraftstoff lagern. Ich glaube,
ein bestehendes Gesetz darf nicht dazu führen, daß andere
bestehende Gesetze und Verordnungen geduldet übertreten
werden.
Ein ganz ähnlicher Ansatz war in den Ausführungen von
Senator Striek enthalten. So lobenswert und so gut, wie es
ist, daß sich das Personal der BVG bereit erklärt hat, mit
Überstundeneinsätzen die auf uns zukommenden Verkehrs
anforderungen an den Sonntagen zu erfüllen, dürfen wir
doch nicht übersehen, daß nach dem Personenbeförderungs
gesetz z. B. maximale Stunden für dieses Personal vor
geschrieben sind und auch eingehalten werden sollten. —
Ich danke Ihnen!
(Beifall bei der F.D.P.)
Präsident Sickert: Meine Damen und Herren, ich habe
eben eine Verwechslung vorgenommen. Es wäre eigentlich
die CDU-Fraktion zuerst dran gewesen. Sie hat jetzt darum
gebeten, ihre fünf Minuten auf zwei Redner aufzuteilen.
Wir werden die Zeit einhalten. — Der nächste Redner ist
Herr Abgeordneter Gomann.
Gomann (CDU); Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Wegen der Redezeitbeschränkung möchte ich nur
ganz kurz einige wichtige Punkte erwähnen, und zwar ist
eins festzustellen zunächst einmal wichtig: Wir sollten uns
darüber im klaren sein, daß wir uns nicht in der Krise,
sondern erst in der Vorkrise befinden, wie sehr richtig von
verschiedenen Seiten des Hauses gesagt wurde. Denn bis
her ist noch nichts passiert. Um so beängstigender ist es,
daß wir schon an allen Teilen der Bundesrepublik und in
Berlin Krisensymptome haben, obwohl es noch gar keine
Krise gibt. Es ist sicherlich wichtig, schon jetzt vorzubauen,
was wir zu tun haben, wenn dann die Krise kommt. Und
sie kommt erst im Laufe der nächsten 14 Tage.
Weiter möchte ich auf folgendes hinweisen: Es ist nicht
wichtig, ob hier privat am Sonntag Autos fahren oder
nicht, das ist völlig gleichgültig. Da können wir gerne zu
Fuß gehen oder Fahrrad fahren,
(Zuruf von der CDU; Sehr richtig!)
wichtig ist die wirtschaftliche Auswirkung dieser Maß
nahme auf die Berliner Wirtschaft und auf die Festhaltung
der Arbeitskräfte in Berlin. Bitte bedenken Sie, daß wir
auf die Arbeitskräfte angewiesen sind, die aus dem Bundes
gebiet kommen. Deshalb möchte ich Sie darum bitten, zu
beobachten: Wie wirkt sich jede einzelne Maßnahme auf
die Wirtschaft aus?
Ich würde gern den Senator bitten, daß er mit der Bun
desrepublik möglichst eng zusammenarbeitet, damit der
Fluglotsenstreik insoweit kein Benzin mehr in Berlin ver
geudet. Bei der Pan American sind es allein 25 000 Liter
täglich in Berlin. Weiter möchte ich darauf hinweisen, wenn
die Krise kommt und weitere Einschränkungen nötig sind,
sollten wir zunächst an den privaten Bereich denken. Wir
alle können wieder ohne Frage den Kohleofen in die gute
Stube stellen und das Ofenrohr zum Fenster rausragen
lassen und uns damit durchaus einen Winter bereiten, der
für die persönlichen Bedürfnisse warm genug ist, wenn wir
uns einschränken müssen. Die Wirtschaft müssen wir an
letzter Stelle einschränken, denn von ihr hängen die Ar
beitskräfte ab. Es steht schon jetzt fest, daß Tankstellen,
die ihren Umsatz drosseln müssen, natürlich ihre Tank
warte entlassen. Das ist doch ganz selbstverständlich. Und
so kommt eine Industrie an die andere. Deshalb bitte: Ein
schränkung zunächst beim privaten Bedarf! Das ist das
Allerwichtigste, auf das wir zu achten haben. Gefährden
wir die Arbeitskräfte in Berlin, wäre das gerade für Berlin
schlimm. Deshalb sollten wir gemeinsam immer daran
denken; Nicht, welche Erschwernisse der Privatmann und
alle von uns tragen müssen, sondern wie sich das auf die
Wirtschaft Berlins und ihre Lebensfähigkeit auswirkt. Da
von hängen wir alle ab. — Ich danke Ihnen!
(Beifall bei der CDU)
Präsident Sickert: Das Wort hat der Abgeordnete von
Kekule, jetzt wirklich als letzter Redner.
von Kekule (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und
Herren! Nur ganz wenige Bemerkungen. Der Herr Regie
rende Bürgermeister hat hier in Verstärkung der Ausfüh
rungen des Herrn Wirtschaftssenators gesagt; Wir brau
chen keine neue Energieplanung, kein neues Energie
konzept für Berlin.
Verehrter Herr Regierender Bürgermeister, dieses Ener
giekonzept für Berlin brauchen wir, auch wenn es diese
Krise, die wir heute diskutieren, nicht gäbe. Insofern ist
die Energiedebatte, die wir für Berlin zu führen haben,
sowieso ganz dringend erforderlich. Selbstverständlich muß
diese Debatte eingebettet sein in die Problematik, die die
Bundesrepublik und die Europäische Wirtschaftsgemein
schaft als Ganzes trifft, auch wie sie die Ost-West-Bezie-
hungen trifft, das muß man sehen. Aber daß wir hier so
tun, als ob wir für Berlin in diesem Zusammenhang nichts
zu diskutieren hätten, ist falsch.
Der Kollege Dr. Haus hat in seiner Rede darauf hin
gewiesen, daß wir uns jetzt im Vorbeugestadium befinden,
und ich glaube, daß dieser Hinweis richtig gewesen ist. Ich
möchte dem Herrn Wirtschaftssenator eine Erwägung mit
auf den Weg geben, die in dem Vorbeugestadium, in dem
wir uns jetzt befinden, eine Erwägung ist, aber eine, der
wir, glaube ich, nachgehen sollten. Wir sollten uns nämlich
überlegen, an welcher Stelle sinnvollerweise und am leich
testen gespart werden kann, daß wir dort Verzicht üben, wo
es relativ am wenigsten wehtut.
Ich bin ein großer Anhänger von Wirtschaftswerbung,
aber ich glaube, daß wir bei der Lcuchtreklame sehr wohl
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