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Volume Nr. 60, 08.11.73

Full text: Plenarprotokoll (Public Domain) Issue1973, 6. Wahlperiode, Band III, 43.-65. Sitzung (Public Domain)

Abgeordnetenhaus von Berlin - 6. Wahlperiode 
60. Sitzung vom 8. November 1973 
sind, dazu zu stehen, daß es sich um Verfassungsfeinde 
handelt. 
(Abg. Lummer: Gibt es denn Fälle, wo es 
Schwierigkeiten gab, bereit zu sein, dazu zu stehen ?) 
— Derer gab es mehrere, wo vage angekündigt wurde: Da 
wissen wir, da kennen wir, da können wir Ihnen sofort 
nennen, wer alles... — Ist nicht viel genannt worden. Da 
verlasse ich mich lieber auf die Institutionen, die staat- 
licherseits dafür da sind, solches zu erkunden. Von an 
deren haben wir noch nicht viel Unterstützung bekommen. 
Aber das kann sich ja ändern. Da sind wir dann auch 
bereit. Dieses Land Berlin hat klare Vorstellungen von Ver 
fassungsfeinden im öffentlichen Dienst. Diese wird es be 
halten und diese heißen: Verfassungsfeinde haben 1. im 
öffentlichen Dienst nichts zu suchen, 2. dieses darf sich nur 
nach rechtsstaatlichen Grundlagen vollziehen. 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Herr Bürgermeister, ge 
statten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abgeordneten 
Lummer ? 
Lummer (CDU): Herr Bürgermeister! Im Hinblick auf 
die Zwischenbemerkung eben würde ich gern mal die 
Frage stellen und Sie bitten, sie so weit wie möglich zu 
beantworten, auf welche Weise Sie diejenigen Personen 
feststellen oder festgestellt haben, die verfassungsfeind 
lichen Organisationen angehören, mit welchen Methoden? 
Neubauer, Bürgermeister und Senator für Inneres; Herr 
Abgeordneter Lummer! Eine etwas merkwürdige Frage, 
muß ich sagen. 
(Abg. Ehrke: Er ist doch im Sicherheitsausschuß!) 
Es kommt hier ein Zwischenruf auf rechtsstaatliche Metho 
den. Den bejahe ich. Was wollen Sie denn zusätzlich noch 
wissen ? 
(Abg. Lummer; Ob Sie zum Beispiel nur diese 
Organisation, die Sie angesprochen haben, 
das zuständige Amt, dafür in Anspruch genommen 
haben oder andere Methoden noch haben.) 
— Über die Methoden. — Ich sagte, sie sind rechtsstaatlich. 
Aber im einzelnen mich vor dem Abgeordnetenhaus von 
Berlin darüber auszulassen, wer wann wo was überprüft 
bat, halte ich nicht für sehr nützlich. 
(Zuruf von der SPD: Gehört doch in den 
Sicherheitsausschuß!) 
Im übrigen waren Sie des öfteren anwesend in dem dafür 
zuständigen Ausschuß. Da ist Ihnen auch manches gesagt 
Worden. 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Gestatten Sie eine 
weitere Zusatzfrage, Herr Bürgermeister ? 
Neubauer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Jede. 
Lummer (CDU): Darf ich mal präzisieren: Haben Sie 
zum Beispiel die Kenntnisse in den einzelnen Bezirksämtern 
über solche Personen in Anspruch genommen? Sind die 
Bezirksämter befragt worden, die Bürgermeister zum 
Beispiel ? 
Neubauer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Alle 
in bestimmten Fällen betroffenen Personen sind befragt 
worden, natürlich, auch die Bezirksämter. Ich weiß jetzt 
nicht, Kollege Lummer, worauf Sie anspielen. 
(Abg. Dummer: Ich kenne eine ganze Reihe, wo 
sie nicht befragt worden sind!) 
— Sehen Sie, das ist der Punkt, auf den ich anspiele. Sie 
sagen, Sie wissen, Sie kennen, da sind einige. Sagen Sie 
es doch, wer nicht befragt worden ist. Teilen Sie mir das 
mit, und wir werden, wenn es sich als richtig erweist, was 
hier dargestellt wird, dem nachgehen. Bloß bis jetzt sind 
bestimmte Ankündigungen, viele Ankündigungen nicht 
realisiert worden. Da haben wir nicht die notwendigen 
Unterlagen bekommen, um das zu tun und jene Konsequen 
zen zu ziehen, die gegenüber Verfassungsfeinden zu ziehen 
sind. 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Herr Bürgermeister, 
gestatten Sie noch eine Zwischenfrage von Frau Abgeord 
neter Dr. Besser ? 
(Abg. Frau Dr. Besser: Das war eine Wortmeldung!) 
Neubauer, Bürgermeister und Senator für Inneres: Ja, da 
hoffe ich dann mehr zu erfahren von der Abgeordneten 
Besser, wer Verfassungsfeind ist und wer nicht. Das wird 
sich dann anschließend rausstellen. 
Ich darf abschließend sagen, das Land Berlin kann für 
sich in Anspruch nehmen, in dieser Frage nach den Ge 
setzen gehandelt zu haben, ohne besonderer Richtlinien zu 
bedürfen. Das wird auch in Zukunft der Fall sein, dort wo 
es sich um Verfassungsfeinde handelt. 
Stellv. Präsident Dr. Schönherr: Ich danke. Das Wort hat 
der Abgeordnete Baetge. 
Baetge (F.D.P.): Herr Präsident! Meine Damen und 
Herren! Ich hätte sowohl für die Beschlußempfehlung als 
auch für den Änderungsantrag der CDU Verständnis, wenn 
wir in Berlin weder das Landesbeamtengesetz noch den 
BAT oder den BMT-G hätten. Dann wäre allerdings über 
eine solche Notwendigkeit zu sprechen. So aber muß ich 
hier noch einmal, wie schon sehr viele Male, darauf hin- 
weisen, daß wir Freien Demokraten zwar der Auffassung 
sind, daß diejenigen, die unsere freiheitliche Rechtsordnung 
und den demokratischen Rechtsstaat überwinden wollen, 
um ihn durch die Diktatur des Proletariats oder eine 
faschistische Gewaltherrschaft zu ersetzen, nicht in den 
öffentlichen Dienst gehören. Aber gerade deshalb und des 
wegen müssen wir doch dafür sein, daß Regelungen zum 
Schutze dieser Freiheit rechtsstaatlich einwandfrei und 
auch rechtseinheitlich angewendet werden. Ich bin deshalb 
der Auffassung, daß hier nicht auch nur ein Rest von 
Unsicherheit übrigbleiben darf. Eine separate Berliner 
Regelung, wie Sie sie hier fordern, würde letzten Endes 
doch dazu führen, daß wiederum in einem Land anders als 
in anderen entschieden würde und daß dadurch eine neue 
Rechtsunsicherheit entstehen müßte. Wenn man aber die 
Freiheit wirksam verteidigen will, dann meine ich, daß es 
richtig ist, auf das zu warten, was durch die Bundesregie 
rung angekündigt worden ist, nämlich ein neues Beamten 
rechtsrahmengesetz, das diese Dinge in bundeseinheitlicher 
Form regeln wird. 
Lassen Sie mich zum Schluß noch einen Hinweis geben: 
Gerade wir hier in Berlin sollten sehr genau darauf achten, 
daß hier nicht etwa eine unterschiedliche Regelung als im 
Bund gilt; denn Sie wissen ganz genau, wie wichtig es ist, 
daß wir in allen wichtigen Fragen, so auch ln dieser Frage, 
mit dem Bund übereinstimmen. 
2301
	        
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